Prävention

Wieso ein gesunder Lebensstil Krebs ausbremsen kann

Ob ein erhöhtes Krebsrisiko besteht, bestimmen weniger die Gene, sondern vor allem Lebensstil und Umweltfaktoren. Chronische Entzündungen heizen das Tumorwachstum an.

Dr. Bianca BachVon Dr. Bianca Bach Veröffentlicht:
Gesundheitsbewusstes Verhalten – es ist nicht leicht, hierfür ein breites Verständnis zu schaffen!

Gesundheitsbewusstes Verhalten – es ist nicht leicht, hierfür ein breites Verständnis zu schaffen!

© Trueffelpix / stock.adobe.com

Heidelberg. Gesunde Ernährung, Sport, Nichtrauchen, UV-Schutz, Impfungen – sie könnten womöglich 50–75 Prozent der Krebserkrankungen verhindern. Denn sie wirken dem entgegen, was bei ungesunder Lebensführung offenbar bösartige Tumoren begünstigt: chronischen Entzündungen.

Was dabei auf zellulärer Ebene geschieht, ist aktuell im Fokus der Präventionsforscher. Eines scheint schon klar: Die im Laufe des Lebens erworbenen, für die Krebsentstehung nötigen genetischen Veränderungen entstehen fast immer im Rahmen einer chronischen Entzündung.

Weltkrebstag

  • Der 4. Februar ist Weltkrebstag.
  • Der Aktionstag wird von der UICC (Union internationale contre le cancer) koordiniert.
  • Das Motto der UICC lautet in diesem Jahr: „Ich bin und ich werde“ und ruft jeden Einzelnen zum Nachdenken auf: Wer bin ich ? – und: Was werde ich anlässlich des Weltkrebstages zur Bekämpfung von Krebs tun?
  • Infos und Material gibt es etwa online bei der Deutschen Krebshilfe.

„Chronische Entzündungen schädigen Körperzellen und regen gleichzeitig Zellen durch Wachstumsfaktoren zum Überleben und Vermehren an“, erläuterte Professor Mathias Heikenwälder, Leiter der Abteilung „Chronische Entzündung und Krebs“ am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg anlässlich des Weltkrebstages am 4. Februar. Sie seien nicht nur „initialer Treiber“, sondern auch Begleiter der Karzinogenese, die oft mit entzündlichen Umgebungsreaktionen einhergeht.

Bei Entzündungen entstehen unter anderem toxische freie Sauerstoffradikale. Zellen sterben ab, einwandernde Immunzellen müssen sie abräumen (Nekroinflammation). Bei Autoimmunität oder chronischen Infektionen werden zudem fortgesetzt Antigene freigesetzt, die ihrerseits das Immunsystem aktivieren.

Letztlich kann die Ausschüttung von Zytokinen und der „Cross-Talk“ zwischen Immun- und Tumorzellen das Tumorwachstum fördern. Die gesteigerte Zellaktivität und -proliferation begünstigt Fehler im genetischen Bauplan, vor allem in rasch wachsenden Geweben wie Gastrointestinaltrakt oder Leber.

Spezielles Problem: Adipositas

„Wir wissen heute, dass etwa 90–95 Prozent aller Mutationen, die für die Krebsentstehung wichtig sind, erst nach der Geburt [...] akquiriert werden,“ so Heikenwälder. Zudem gebe es Daten, dass es vor 50 Jahren selbst bei Menschen mit denselben genetischen Dispositionen – etwa bei Brustkrebs – viel länger gedauert habe, bis sie einen Tumor entwickelt hätten, als heutzutage bei Menschen mit ungesundem Lebensstil.

Im Zuge der „Adipositas-Pandemie“ beobachte er, „dass wir in der Klinik immer mehr junge Patienten sehen, die aufgrund ihrer massiven Adipositas Veränderungen in Organen zeigen, die wir normalerweise vor 20, 30 Jahren bei erwachsenen Menschen mit 30 oder 40 gesehen haben.“

Bei Übergewicht steigen die Spiegel von freien Fettsäuren, Östrogen und Insulin, und es entstehen vermehrt schädliche Stoffwechselprodukte. Die Immunfunktion verschlechtert sich und es kommt zur systemischen Entzündung. Sport wirkt dem entgegen, senkt die Entzündungswerte und verbessert die Immunfunktion. Zusammengenommen übertrumpfen Fehl- und Überernährung, Alkohol und körperliche Inaktivität sogar den Nikotinkonsum als wichtigsten Lebensstilfaktor für das Krebsrisiko.

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