Thüringen

Dankeschön-Party fürs Impfen geht nach hinten los

Jan Delay, Bratwürste und Getränke – für 195.000 Euro: Eine Großveranstaltung für Corona-Impfhelfer in Thüringen steht wegen Kosten und Inzidenz in der Kritik. Die KV findet das ungerecht.

Von Katrin Zeiß Veröffentlicht:
Mit Jan Delay hatten KV und Gesundheitsministerium einen bekannten Musiker verpflichtet (Archivfoto eines Auftritts vom August in Hannover). Die Kosten für die Großveranstaltung in Erfurt werden nun kritisiert.

Mit Jan Delay hatten KV und Gesundheitsministerium einen bekannten Musiker verpflichtet (Archivfoto eines Auftritts vom August in Hannover). Die Kosten für die Großveranstaltung in Erfurt werden nun kritisiert.

© Geisler-Fotopress | Clemens Niehaus/picture alliance

Erfurt. Mit einer Dankeschön-Veranstaltung für die Mitarbeiter von Corona-Impfzentren und -Impfstellen in Thüringen haben sich Landesgesundheitsministerium und Kassenärztliche Vereinigung in die Nesseln gesetzt. Nach einem „Spiegel“-Bericht über eine „Impfparty für 195.000 Euro“ schlagen nicht nur in den sozialen Netzwerken die Wellen hoch, auch innerhalb der rot-rot-grünen Landesregierung gibt es Unverständnis.

Die SPD verlangt in einer Anfrage an die Landesregierung Aufklärung. Die oppositionelle CDU will die Veranstaltung im Sozialausschuss thematisieren. Vor allem die Kosten, aber auch eine Großveranstaltung mitten in der Pandemie und die Teilnahme von Politikern sorgen für Kritik. KV und Gesundheitsministerium sehen sich zu Unrecht am Pranger.

Die KV-Vorsitzende Dr. Annette Rommel zeigte sich „fassungslos und extrem traurig über die Reaktionen“, wie sie der „Ärzte-Zeitung“ sagte. „Traurig, dass nicht die Leistung von Menschen gewürdigt wird, die sich in der Impfkampagne engagiert haben.“ Stattdessen entzünde sich an einem Geldbetrag eine Debatte, in der Neid, Missgunst und Hass geschürt werde. „Und wie Hass ausgeht, wissen wir.“

Wertschätzung für das Geleistete

Der KV und dem Freistaat sei es ein Anliegen gewesen, allen an der Impfkampagne Beteiligten in offizieller Form ihre große Wertschätzung für das Geleistete der vergangenen Monate auszudrücken“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme. „Die nun im Nachhinein geäußerten Vorhaltungen treffen vor allem diejenigen, die mit der Veranstaltung geehrt werden sollten“, erklärte Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke). Sie verwies darauf, dass das Personal von Impfstellen und Impfteams sich für ihr Engagement häufig Beschimpfungen und Bedrohungen von Impfgegnern ausgesetzt gesehen habe.

Was war geschehen? Unter dem Motto „Danke fürs Impfen!“ hatten KV und Ministerium für den 22. Oktober 1000 Gäste auf die Erfurter Messe eingeladen. Neben dem Personal von Impfstellen, Bundeswehrangehörigen, Kommunalpolitikern hatten auch die gesundheitspolitischen Sprecher der meisten Landtagsfraktionen eine Einladung erhalten. Mit Ausnahme des Linke-Vertreters sei allerdings kein Landtagsabgeordneter zugegen gewesen, hieß es von der KV. Auch Werner, als Ressortchefin für die Impfkampagne verantwortlich, hatte teilgenommen.

Feier unter 2G-Regel

Zum Zeitpunkt der Feier befand sich Erfurt in der Corona-Warnstufe 2. Im Einklang mit den Thüringer Corona-Regeln galt 2G. Rein kam nur, wer sich angemeldet und einen Impf- oder Genesenennachweis vorgelegt hatte. Vorm Betreten der Messehalle musste zudem der Personalausweis vorgelegt werden. Drinnen gab es Reden, Thüringer Bratwürste, Steaks, Salate, Suppe und Getränke. Musikalisch unterhalten wurden die Gäste unter anderem vom Sänger Jan Delay.

In der vielkritisierten Summe von 195.000 Euro – die die KV bestätigte – waren den Angaben zufolge Kosten für Catering, Sicherheitspersonal, Technik, Miete und Künstlergagen enthalten. Der Betrag wurde aus dem Etat für die Thüringer Impfkampagne aufgebracht, die aus Steuergeldern und Mitteln der Krankenversicherungen finanziert wird. Mittel aus den Honoraren für Vertragsärzte seien nicht eingesetzt worden, hieß es.

Steuer- und Kassengelder flossen

Es sei auch nicht – wie teils berichtet – die Schließung des Erfurter Impfzentrums an jenem Wochenende gefeiert worden, erklärten sie. Die vermeintliche Schließungsparty hatte in sozialen Netzwerken zu wütenden Kommentaren geführt.

Thüringen gehört zu den drei Bundesländern mit der niedrigsten Quote an vollständig geimpften bundesweit. Nach Zahlen des Robert Koch-Instituts sind im Freistaat gerade einmal 61 Prozent der Bevölkerung vollständig gegen COVID-19 geimpft, im Bundesdurchschnitt sind es rund 67 Prozent.

Allerdings kann man wohl kaum dem Personal der Impfstellen deswegen einen Vorwurf machen, wie die Gesundheitsministerin findet. „Jetzt mit Blick auf die niedrige Impfquote zu behaupten, das Dankeschön sei nichtgerechtfertigt gewesen, halte ich für verfehlt. In den Impfstellen wurde hervorragende Arbeit geleistet.“

Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

NHANES-Analyse

Bei Hörminderung: Hörgeräteträger leben länger

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen

Lesetipps
Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert