Hessischer Krankenhaustag
Hessens Krankenhäuser ächzen unter Putin und Lauterbach
Energie, Medizinprodukte, Dienstleistungen: Alles wird massiv teurer, ohne dass dies weitergereicht werden könne – auch Hessens Kliniken machen beim Branchentreffen lautstark auf ihre Nöte aufmerksam.
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„Gesundheit gestalten in Hessen“, lautete das Motto beim Hessischen Krankenhaustag in Offenbach.
© Christoph Barkewitz
Offenbach. Putins kalter Hauch reicht bis ins Offenbacher Büsing-Palais. Nicht, dass der neobarocke Bau mangels Gas ungeheizt und kalt geblieben wäre beim Hessischen Krankenhaustag am Donnerstag, offene Fenster brachten milde Herbstluft in den Saal mit bemerkenswert vielen masketragenden Krankenhaus-Vertetern.
Dennoch konstatierte der geschäftsführende Direktor der Hessischen Krankenhausgesellschaft (HKG), Professor Steffen Gramminger, „wir sind getrieben von einem unberechenbaren und narzisstischen Ideologen“. Und das habe auch Auswirkungen auf das hessische Gesundheitssystem.
Eine „brutale Zeitenwende“ auch im Gesundheitssystem bedeute Putins Gas-Lieferstopp, sagte HKG-Präsident Dr. Christian Höftberger und berichtete von den Sorgen der Krankenhäuser, die hohen Energiekosten zahlen zu können. „Versuchen Sie mal zu antizipieren, was die Gasumlage für Ihr Haus bedeutet“, rief er den Anwesenden zu. Bei gedeckelten Budgets gebe es keine Ausweichmöglichkeiten.
Doch nicht nur das belaste die Kliniken, verteuerte Medizinprodukte und Dienstleistungen machten den Häusern zusätzlich zu schaffen, wodurch viele Krankenhäuser in extreme wirtschaftliche Schwierigkeiten gerieten. Nicht nur in Hessen, sondern im ganzen Land, weswegen Höftberger auf die Kampagne „Alarmstufe ROT: Krankenhäuser in Gefahr“ der Deutschen Krankenhausgesellschaft verwies.
Kampagne der Krankenhausgesellschaft
Dazu schickt die DKG derzeit einen Info-Truck durch die Lande, mit dessen Hilfe auf die Nöte der Kliniken hingewiesen werden soll. So auch in Hessen am 20. September vor den Main-Kinzig-Kliniken in Gelnhausen. Die DKG fordert wie berichtet einen Inflationsausgleich für die Kliniken in Höhe von vier Prozent. „Es geht um nicht weniger als das Überleben der Krankenhäuser“, so Höftberger.
Aber nicht nur aus Moskau sieht Höftberger, im Hauptberuf Vorstandschef der Rhön-Klinikum AG, Unbill aufziehen – auch aus Berlin und dort vor allem aus dem von Karl Lauterbach geführten Bundesgesundheitsministerium (BMG) schwant ihm Böses. Beispiel DEMIS, das Deutsche Elektronische Melde- und Informationssystem für den Infektionsschutz.
Sprich die Software, über die die IT-Systeme der Krankenhäuser mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst, also den Gesundheitsämtern und dem Robert Koch-Institut verbunden werden sollen. Die „Datenutopie des Ministeriums“ müsse gestoppt werden, verlangte der HKG-Präsident. Es könne nicht sein, „dass wir händisch per Fax Daten übermitteln, von denen wir wissen, dass sie auf der anderen Seite keiner entgegen nimmt.“
„Datenutopie des Ministeriums“
Auch der Entwurf des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes erzürnt den Lobbyisten. Ein Tool stelle einen Bedarf fest, dessen Erfüllung dann aber unter dem Vorbehalt von Finanzminister Christian Lindner stünde – „das schlägt dem Fass den Boden aus“.
Ebenso sorgenvoll sieht Höftberger die Regierungskommission zur Krankenhausreform, die zunächst nur mit wissenschaftlichen Mitgliedern besetzt ist. „Alle Leistungsträger sind nicht eingebunden“, bekräftigt er die vielfach geäußerte Kritik, dass Selbstverwaltung und Länder erst später dazu geholt werden sollen.
„Wir haben die Schnauze voll“, lautet die Kurzversion von Höftbergers Philippika – ob mehr von Putin oder eher Lauterbach war da nicht mehr ganz klar.