Kommentar

Klinik-Reformstau eröffnet neue Verschiebebahnhöfe

Bei Insolvenzen von Krankenhäusern hilft ein genauer Blick auf die Ursachen. Denn diese können ganz unterschiedlich sein.

Dr. Michael KudernaVon Dr. Michael Kuderna Veröffentlicht:

Zu hohe Defizite, trotz Monopolstellung im Landkreis keine Aussicht auf Sanierung aus eigener Kraft – die Insolvenz des Klinikums Merzig scheint die Warnungen vor einer ungeregelten Strukturreform im stationären Bereich zu bestätigen. Und doch lohnt es sich, in diesem Fall genauer hinzuschauen. Das gilt sowohl für den gewählten vorläufigen Ausweg eines Schutzschirmverfahrens als auch für grundlegende Einsichten zur Krankenhausreform.

Dass das Haus in Merzig nicht schließen wird, dürfte schon aus politischen Erwägungen sicher sein. Ein Landkreis (pikanterweise nicht der jetzt betroffene), die Knappschaft Bahn-See, die Deutsche Rentenversicherung, die Arbeiterwohlfahrt – schon die Eigentümerstruktur des SHG-Konzerns und natürlich die Angst der Politik vor dem brutalstmöglichen Einschnitt garantiert ein Überleben auf allerdings wohl abgespecktem Niveau.

Die wirklichen Probleme werden oft nicht angegangen

Nachdem die Forderungen nach einem Vorschaltgesetz samt üppiger Bundesmittel gescheitert sind, bedient man sich zur finanziellen Überbrückung mittels des Schutzschirmverfahrens auch anderer öffentlicher Kassen, die Löhne werden drei Monate von der Bundesagentur für Arbeit übernommen. Man darf gespannt sein, ob diese Blaupause auch von anderen Kliniken in der Republik genutzt wird.

Ebenso interessant ist der Blick auf eine der Ursachen für die finanzielle Schieflage. Hinter dem ministeriellen Hinweis auf eine niedrige Auslastung verbergen sich auch zeitweise Aufnahmestopps in einzelnen Abteilungen aufgrund von Personalmangel.

Seit Jahr und Tag leisten sich die Länder den Luxus einer fein ziselierten Krankenhausplanung, die so unterschiedliche Ziele wie medizinischen Bedarf, Patientenwünsche nach kurzen Wegen, Trägervielfalt und deren Bedürfnis finanzieller Auskömmlichkeit im Blick haben muss. An den wirklichen Problemen geht das Ganze schon lange vorbei.

Dabei weiß inzwischen jeder: Will man es allen recht machen, kommt meistens Murks heraus. Und die Tendenz, Probleme erst mal möglichst lange liegen zu lassen, macht Lösungen umso schmerzhafter. Insoweit ist jede Klinik-Insolvenz auch eine Mahnung an die Politik, mutig und zügig echte Strukturreformen anzugehen.

Schreiben Sie dem Autor: GP@springer.com

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