Viele Infizierte bleiben asymptomatisch

SARS-CoV-2: Lehren aus einer Kreuzfahrt

Auf dem Weg zur Antarktis bricht auf einem Kreuzfahrtschiff COVID-19 aus. Erst bei der Evakuierung zeigt sich, dass die Zahl der Infizierten viel höher ist als gedacht.

Von Dr. Beate Schumacher Veröffentlicht:
Kreuzfahrtschiff als Brustkasten für SARS-CoV-2: Als Passagiere und Crew nach einem Monat das Schiff verlassen, ist über die Hälfte von ihnen infiziert (Symbolbild).

Kreuzfahrtschiff als Brustkasten für SARS-CoV-2: Als Passagiere und Crew nach einem Monat das Schiff verlassen, ist über die Hälfte von ihnen infiziert (Symbolbild).

© Eric Harding / stock.adobe.com

Sydney. Wegen eines blinden Passagiers wird eine Schiffsreise vom argentinischen Ushuaia zur Antarktis zu einer riskanten Expedition: Trotz Vorsichtsmaßnahmen hat das Schiff SARS-CoV-2 an Bord. Und obwohl nach den ersten Verdachtsfällen umfassende Schutzmaßnahmen befolgt werden, breitet sich das Virus weiter aus.

Als Passagiere und Crew nach einem Monat das Schiff schließlich verlassen dürfen, ist über die Hälfte von ihnen infiziert. 80 Prozent der Infizierten weisen allerdings keinerlei Krankheitssymptome auf. Das ist eine ungewöhnlich hohe Zahl von stummen Infektionen. Bei Untersuchungen im italienischen Vo´ und im deutschen Heinsberg waren nur 43 beziehungsweise 22 Prozent der SARS-CoV-2-Infizierten symptomfrei.

Erster Patient mit Fieber an Tag 8

Das Schiff hatte mit 217 Passagieren und Crew-Mitgliedern Mitte März in Ushuaia abgelegt. An Bord gehen durfte nur, wer kein Fieber hatte und nicht in einem Land mit hoher COVID-19-Prävalenz gewesen war. Auch während der Reise erfolgten regelmäßig Temperaturkontrollen.

An Tag 8 wurde bei dem ersten Reisenden Fieber festgestellt, woraufhin alle Schutzmasken tragen mussten und Passagiere sich nur noch in ihren Kabinen aufhalten durften. Zu dieser Zeit hatte das Schiff wegen der ausgerufenen Reisebeschränkungen die geplante Route bereits verlassen.

An Tag 13 traf das Schiff schließlich in Montevideo ein. Zu diesem Zeitpunkt war bei weiteren fünf Passagieren und vier Crew-Mitgliedern Fieber aufgetreten. Bis alle Passagiere ab Tag 28 an Land gehen durften, gab es weitere Krankheitsfälle. Insgesamt hatten letztlich 24 Patienten COVID-verdächtige Symptome, vor allem Fieber und leichte Symptome, acht mussten wegen drohenden Atemversagens evakuiert werden. Von ihnen wurden vier maschinell beatmet, ein Patient starb.

Unerwartetes PCR-Ergebnis

Insofern war das Ergebnis der RT-PCR, mit der ab Tag 20 alle an Bord getestet wurden, eher unerwartet: Bei 128 Personen wurde SARS-CoV-2 nachgewiesen. Die Zahl der Infizierten war damit fünfmal so hoch wie die der symptomatisch Erkrankten. Unter den positiv Getesteten waren außerdem sechs Passagiere, die zuvor schon einen Schnelltest auf IgM/IgG-Antikörper erhalten hatten (VivaDiag qSARS-CoV.2 IgM/IgG) – der in allen Fällen negativ ausgefallen war.

Die australischen Ärzte, die in ihrer Studie über die Ereignisse berichten (Thorax 2020; online 27. Mai), waren selbst Teilnehmer der Kreuzfahrt. Für Professor Alvin Ing aus Sydney und seine Kollegen halten ihre Reisebeobachtungen einige Lehren bereit:

  • Wenn auf Kreuzfahrtschiffen COVID-19 auftritt, müssen alle Mitreisenden mit RT-PCR auf das Virus getestet werden, bevor sie das Schiff verlassen dürfen.
  • Schnelltests auf Antikörper sind in der Akutphase ungeeignet.
  • Die meisten COVID-19-Patienten waren asymptomatisch.
  • Zum Teil gab es bei Bewohnern einer gemeinsamen Schiffskabine diskordante PCR-Ergebnisse. Dies könnte eine Folge der nicht sehr hohen Testsensitivität sein und wird noch weiter untersucht.
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