Münchner Brustzentrum

„Corona kein Grund, schlechtere Brustkrebs-Prognose hinzunehmen“

Die Therapie beim primären Brustkrebs hat ein kuratives Ziel. Deshalb muss sie auch während der COVID-19-Pandemie unverändert erfolgen.

Von Friederike Klein Veröffentlicht:
Petra Thaller (links), Gründerin von „Outdoor against Cancer“, im Gespräch mit Dr. Rachel Würstlein über Krebstherapie in Coronazeiten.

Petra Thaller (links), Gründerin von „Outdoor against Cancer“, im Gespräch mit Dr. Rachel Würstlein über Krebstherapie in Coronazeiten.

© Outdoor against Cancer gUG

München. „Es läuft alles normal, aber wir telefonieren von morgens bis abends“, berichtet Dr. Rachel Würstlein, geschäftsführende Oberärztin am Brustzentrum der Universität München. Die Sprechstunde wurde dort seit Beginn der COVID-19-Pandemie soweit möglich auf das Telefon umgestellt.

Die Erstgespräche werden im Brustzentrum aber immer persönlich geführt – derzeit nur von Oberärzten. Danach wird versucht, die Zahl der Kontakte in der Klinik so niedrig wie möglich zu halten und so viel wie möglich telefonisch abzuwickeln.

Neben dem Kontakt zu möglichst nur einem Arzt erhalten alle Patientinnen auch Kontakt zu Psychoonkologen und zu den Brustkrebs-Krankenschwestern (Breast-Care-Nurses). So haben sie mehrere Ansprechpartner mit verschiedenen Schwerpunkten für die unterschiedlichen Fragestellungen.

Kurative Therapie unverändert

„Bei der onkologischen Therapie des primären Mammakarzinoms gibt es aber keine Veränderung“, betont Würstlein. Schließlich ist die Erkrankung gut behandelbar und das Therapieziel heißt Heilung. Da ist auch Corona kein Grund, eine Verschlechterung dieser guten Prognose in Kauf zu nehmen. „Wir therapieren – egal ob es um die Operation, die Bestrahlung oder die Systemtherapie geht – nach Standard“, betont Würstlein.

Nur eine Einschränkung gibt es: Bei klinischen Studien wurde auf allen Ebenen Zurückhaltung gefordert. „Ansonsten laufen unsere Tageskliniken hier zu 95 Prozent normal“, sagt Würstlein.

Patientenängsten begegnen

Ganz wenige Patienten haben in den letzten Wochen im Brustzentrum der Universität München angerufen, weil sie im Moment nicht kommen wollen. „Das respektieren wir, telefonieren aber dann nach drei Wochen hinterher, ob sich die Meinung geändert hat und die Therapie doch wieder gestartet werden kann“, erklärt Würstlein das Vorgehen in diesen Fällen.

Natürlich ist auch bei anderen Patienten der Gesprächsaufwand derzeit größer als sonst. Krebspatienten sind per se Risikopatienten für die Infektion und für einen schweren Verlauf von COVID-19. Die Chemotherapie kann bedeuten, dass das Infektionsrisiko allgemein und das Risiko bei einer COVID-19-Erkrankung weiter erhöht ist.

Die Patienten möchten deshalb wissen, was das für sie und ihre Familien bedeutet, wie sie sich und ihre Familie schützten können und was passiert, wenn sie tatsächlich eine SARS-CoV-2-Infektion erleiden. „Aber in den letzten drei Wochen habe ich keine Patientin gehabt, die wegen Corona eine Entscheidung anders als sonst getroffen hätte, berichtet Dr. Würstlein. „Sie erkundigen sich jedoch sehr differenziert danach, wie wir sie schützen. Wir machen eigentlich sehr gute Erfahrungen mit unseren Patienten.“

In Krisensituationen sind Ängste noch stärker vorhanden

Die informierte Entscheidungsfindung zwischen Therapeut und Patienten, teilweise auch unter Einbezug der Pflege spielt in dieser Krisensituation, in der noch stärker als sonst Ängste vorhanden sind, ihrer Erfahrung nach eine besondere Rolle. „Die Patienten müssen verstehen, warum wir die Therapie trotzdem so wichtig finden und welche Vorsichtsmaßnahmen wir ergreifen. Dann ziehen wir alle an einem Strang.“

Würstlein hat sich gerade jetzt auch noch einmal besonders für therapiebegleitende Angebote starkgemacht. Körperliche Aktivität wirkt sich günstig auf die Situation von Patientinnen mit Brustkrebs aus und kann die Systemtherapie nicht nur besser verträglich, sondern sogar wirksamer machen. Allerdings müssen derzeit Pandemie-bedingt bewährte Bewegungsangebote ausfallen.

„Outdoor against cancer“

Würstlein unterstützt deshalb die Initiative „Outdoor against Cancer“-At home, die unter www.outdooragainstcancer.de/oacathome Übungen für Zuhause vorstellt, einen Wochenplan für die Aktivität auch während der Systemtherapie anbietet und Patientinnen über begleitende Angebote informiert.

Gegründet wurde „Outdoor against Cancer“ von Petra Thaller, frühere Patienten von Würstlein aus München. Um Frauen mit Brustkrebs auch in der aktuellen Situation zu unterstützen, wurden inzwischen mehr als 25 Videos gedreht. Sie zeigen, wie sich Frauen mit Brustkrebs körperlich und geistig mit Gymnastik, Atemtraining und Psychoedukation während der laufenden Therapie in dieser schwierigen Situation fit halten können.

„Es ist wichtig, aktiv zu bleiben. Initiativen wie dieser ist es zu verdanken, dass wir das nach wie vor gut vermitteln können“, betont Würstlein.

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