New Yorker U-Bahn

Es wimmelt nur so von Mikroben

Multiresistente Bakterien, Spuren von Pesterregern: Wissenschaftler haben die Mikroben-Welt der New Yorker U-Bahn untersucht. Ihre Studie sorgt für Ärger - dabei geben die Forscher sogar selbst Entwarnung.

Von Christina Horsten Veröffentlicht:
In der U-Bahn wimmelt es nicht nur von Menschen, sondern auch von Krankheitserregern.

In der U-Bahn wimmelt es nicht nur von Menschen, sondern auch von Krankheitserregern.

© MACIEJ NOSKOWSKI / istockphoto.com

NEW YORK. Dass ihre U-Bahn nicht gerade keimfrei ist, das wussten die New Yorker schon immer. Ein Fläschchen Desinfektionsmittel für die Hände hat so gut wie jeder Bewohner der Metropole deshalb stets dabei.

Wie groß das Ausmaß der Mikroben-Bevölkerung in den 466 U-Bahn-Stationen aber wirklich ist, das haben Wissenschaftler jetzt erstmals untersucht - und damit für gehörigen Wirbel gesorgt.

Mehr als 600 bekannte Mikrobenarten fanden die Forscher der Cornell-Universität, darunter Viren, Bakterien und Pilze.

"Die Menschen schauen sich nicht die Griffe in der U-Bahn an und denken, dass es dort von Leben nur so wimmelt", sagte der leitende Wissenschaftler der Studie "PathoMap", Christopher Mason, der Zeitung "New York Times".

"Aber nach dieser Studie werden sie es vielleicht doch tun."

Idee zur Studie kam von der Tochter

Die Idee zu dem Projekt hatte der Forscher, als er eines Tages seine kleine Tochter in den Kindergarten brachte und sie dabei beobachtete, wie sie mit ihren Freunden Spielzeug austauschte und in den Mund steckte.

"Ich musste einfach darüber nachdenken, wie viel da gerade ausgetauscht wird und worauf."

17 Monate lang untersuchten er und seine Kollegen daraufhin mit Nylontupfern die Stationen der New Yorker U-Bahn, die täglich von mehr als fünf Millionen Menschen benutzt wird.

Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie auf einer Karte im Internet - der sogenannten pathogenen Landkarte, kurz "PathoMap". Die größte Mikroben-Vielfalt fanden die Wissenschaftler in der Bronx, gefolgt von Brooklyn, Manhattan, Queens und Staten Island.

Rund die Hälfte ihrer Funde konnten die Wissenschaftler keinem existierenden Lebewesen zuordnen.

Die andere Hälfte barg dagegen einige Überraschungen mit Ekel-Faktor: krankheitserregende Bakterien, die resistent gegen Medikamente sind, sowie DNA von Beulenpest- und Anthraxerregern, die allerdings nicht mehr ansteckend waren.

Ohnehin seien die meisten identifizierten Bakterien harmlos, betonten die Forscher bei der Vorstellung ihrer Ergebnisse.

Ergebnisse sorgen für Ekel

Nichtsdestotrotz: Die Studienergebnisse sind Grusel-Nachrichten für alle New Yorker U-Bahn-Fahrer mit Keimphobie. "Igitt", schrieb einer von ihnen beim Kurznachrichtendienst Twitter.

"Das macht wirklich Angst", kommentierte ein anderer und ein dritter konstatierte schlicht: "Deshalb benutze ich die U-Bahn nicht."

Die New Yorker Behörden zeigten sich wenig amüsiert über die Studie und warnten vor Panikmache. "Extrem fehlerhaft" und irreführend sei das Papier, sagte ein Sprecher der Gesundheitsbehörde der "New York Times".

Die Autoren weisen die Kritik zurück - und heben die gute Nachricht hervor: Die meisten der gefundenen Bakterien seien nämlich keine Krankheitserreger.

"Unsere Daten zeigen, dass die meisten Bakterien in diesen eng bevölkerten Verkehrsgegenden die menschliche Gesundheit nicht beeinflussen. Viele von ihnen findet man häufig auf der Haut oder im Darmtrakt des Menschen", sagt Wissenschaftler Mason.

"Diese Bakterien können sogar hilfreich für das Immunsystem sein."

Dass Studien wie diese allerdings für Ärger sorgen, lässt sich auch hierzulande beobachten: So behauptete der NDR 2011 in einem Bericht, dass bei Stichproben in Zügen der Deutschen Bahn (DB) massenhaft Keime und Bakterien auf Sitzplätzen und Türöffnern gefunden worden seien. Die DB wies die Vorwürfe zurück.

Der New Yorker Wissenschaftler Mason hofft nun, dass die Studie, die im Journal "Cell Systems" veröffentlicht wurde, den New Yorkern zu einer völlig neuen Sichtweise auf ihre U-Bahn verhelfe.

"Ich möchte, dass sie genauso darauf schauen wie auf einen Regenwald und fast mit Ehrfurcht feststellen, dass es all diese Mikroben dort gibt und sie es trotzdem die ganze Zeit gesund überstanden haben." (dpa, jk)

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