Toasty goes Pharma

Großschlachter baut Heparinfabrik

Europas größter Schweinefleisch-Vermarkter will künftig auch Heparin herstellen. Pharma-Abnehmern verspricht er eine geschlossene Lieferkette und lückenlose Herkunftsnachweise "bis zum einzelnen Schweinezüchter".

Von Kerstin Kilian Veröffentlicht:
Fassade einer Fleischfabrik der Tönnies-Gruppe im westfälischen Rheda-Wiedenbrück.

Fassade einer Fleischfabrik der Tönnies-Gruppe im westfälischen Rheda-Wiedenbrück.

© robert fishman / ecomedia / imago

RHEDA-WIEDENBRÜCK. Clemens Tönnies aus Ostwestfalen lässt jedes Jahr 16 Millionen Schweine schlachten und setzt damit Milliarden um. Jetzt startet der Fleisch-Tycoon einen neuen Geschäftszweig.

In einer Fabrik, für die kommendes Frühjahr der erste Spatenstich erfolgt, soll aus den Darmschleimhäuten von Schweinen der Grundstoff für das Blutgerinnungsmittel Heparin gewonnen werden.

Potenzielle Abnehmer wären Pharmaunternehmen. Rund 21 Millionen Euro wird das ehrgeizige Projekt kosten und voraussichtlich 20 Menschen Arbeit geben. Das voll automatisierte Fabrikgebäude soll eine Grundfläche von 3100 Quadratmetern umfassen.

"Mit Heparinen machen wir den Anfang. Später kann ich mir die Herstellung von Gelatine, Insulin und veredelten Fetten vorstellen", so Tönnies, bei einer Pressekonferenz am Stammsitz seines Unternehmens in Rheda-Wiedenbrück.

Die Heparin-Grundstoff-Produktion soll Mitte 2014 starten. Dann, so die Prognose, werden täglich bis zu 60 Tonnen Rohstoff (Roh-Mucosa) in der neuen Fabrik verarbeitet.

Bereits im ersten Produktionsjahr will Tönnies bei Vollauslastung 30 Prozent der europaweit rückverfolgbaren Heparin-Grundrohstoffe in seiner Fabrik gewinnen.

Die weitere Verarbeitung und Veredelung wird in Berlin stattfinden. Denn das Pharma-Know-how hat sich der Ostwestfale, der eigenen Angaben zufolge Europas größter Schweinefleischvermarkter ist, eingekauft: Im Mai hatte er die Mehrheit an der Berliner Pharma Action GmbH erworben.

Zehn Tonnen Heparin pro Jahr avisiert

Das Unternehmen existiert seit 25 Jahren, es berät Hersteller bei der Produktion sowie in Verfahrenstechniken zur Heparin-Herstellung, produziert selbst pharmazeutische Wirkstoffe und handelt weltweit mit Heparin-Wirkstoffen.

Mit der neuen Fabrik und der Beteiligung an Pharma Action entsteht nach Auskunft von Tönnies eine weltweit einzigartige Produktionskette für den Heparin-Grundstoff.

Von der Schlachtung, über die Gewinnung des Grundstoffs, bis zur weiteren Veredelung zu Heparin wird der komplette Prozess innerhalb der Tönnies-Gruppe abgewickelt und mit dem hauseigenen Transparenz- und Rückverfolgungssystem dokumentiert.

"Unser Heparin-Grundstoff wird 100 Prozent "made in Germany" sein und jede Charge wird sich bis zum einzelnen Schweinezüchter rückverfolgen lassen", verspricht der Firmenchef.

Mittelfristig sollen in Berlin jährlich etwa zehn Tonnen Heparin-Wirkstoff produziert und verkauft werden.

Der wichtigste Vorteil für Abnehmer aus der pharmazeutischen Industrie sei "die geschlossene Lieferkette und die hundertprozentige Rückverfolgbarkeit", bestätigt Erol Thomas Isim, Gründer und Geschäftsführer von Pharma Action.

Nach Angaben des Beratungsunternehmens IMS Health erreichten Heparine 2011 in Deutschland einen Umsatz von rund 452 Millionen Euro. Der Löwenanteil fiel mit 345 Millionen Euro (Herstellerabgabepreise) auf den Apothekenmarkt, der Rest auf Kliniken (zu Einkaufspreisen).

Die Tönnies-Gruppe wurde 1971 gegründet und beschäftigt heute rund 8000 Mitarbeiter in einer dänischen und sieben deutschen Produktionsstätten.

Mehr als die Hälfte des Jahresumsatzes von zuletzt (2011) 4,6 Milliarden Euro werden im Export erwirtschaftet. Bekannteste Verbrauchermarken der Gruppe sind "Tillman's" und "Toasty".

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