"Kochen mit links" - ein Kochbuch für Behinderte
DRESDEN (dpa). Die Bemerkung "Ich mache das mit links" ist bei dem Dresdner Hermann Schleinitz wörtlich zu nehmen. Der Not gehorchend lernte er, nur mit nur einer Hand - der linken - zu kochen. Mit seinen Erfahrungen schrieb er ein Einhand-Kochbuch, vermutlich das einzige bislang im deutschsprachigen Raum ("Kochen mit links"). Im Selbstverlag herausgegeben, wurde das Buch mehr als 300 mal verkauft: an Betroffene und ihre Angehörigen, an Ergotherapie-Praxen und an Reha-Einrichtungen.
Anderen Behinderten - Schlaganfallpatienten oder Unfallopfern - will der 67jährige zeigen, daß sie in der Küche ein Stück Selbständigkeit bewahren oder zurückgewinnen können. Nach zwei Hirnoperationen im Alter von 29 Jahren mußte er von heute auf morgen mit der gelähmten rechten Körperhälfte leben lernen. "Was ich bis dahin mit der rechten Hand gemacht habe, mußte ich von da an mühsam mit der linken lernen", sagt er.
Trotz dieser Behinderung konnte der Theologe nach einer Reha-Pause weiter arbeiten. Bis zu seiner Pensionierung aus gesundheitlichen Gründen 1992 war er in der sächsischen Landeskirche tätig - zuletzt als Direktor der Evangelischen Akademie der evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens in Meißen. "Mit der nun gewonnenen Freizeit suchte ich eine neue Herausforderung, etwas Kreatives", sagt Schleinitz. Er entdeckte für sich das Kochen.
Seine Frau, seine Kinder und Freunde hielten Ausschau nach geeigneten Hilfsmitteln. "Mit einem Einhand-Schäler für Kartoffeln und Möhren, einem Spezialbrett und einer rutschfesten Unterlage fing alles an", erinnert er sich. Ratschläge von Fachleuten waren selten. 13 dieser Hilfsmittel werden im Einhandkochbuch vorgestellt.
101 Rezepte - "viele selbst erfunden, alle selbst ausprobiert" - hat Schleinitz zusammengestellt. Jeder Rezeptvorschlag kann mit einer Hand, etwas Übung und zunächst mit viel Geduld nachgekocht werden. Vorspeisen, Suppen, Vegetarisches, Fisch und Fleisch, Teigwaren und Desserts - wie in einem "normalen" Kochbuch. Da Schleinitz für süße Sachen wenig übrig hat, gibt es eine geringe Auswahl von Nachspeisen.
In dem Buch fehlt auch jegliche sonst übliche Zeitangabe. "Jede Behinderung ist anders", sagt Schleinitz. Jeder eigne sich die notwendigen Fertigkeiten unterschiedlich schnell an. Auch dem Rentner geht die Arbeit nicht immer leicht von der Hand. "Aber ich will Mut machen", sagt er. Und er weiß, daß nach einer schweren Erkrankung oder nach einem Unfall für die Betroffenen zunächst andere Dinge im Vordergrund stehen. "Da will man nicht gleich kochen lernen."
Für ihn ist mittlerweile der schönste Lohn, wenn es allen schmeckt. Ohne Probleme kocht er bei Familienfeiern für bis zu 15 Personen: auch Braten mit handgefertigten vogtländischen "Grünen Klößen". "Und die Küche verläßt er anschließend ordentlich", sagt seine Frau.
Weitere Informationen im Internet: www.kochen-mit-links.de