Museum

Von der realen Arbeit eines Rechtsmediziners

"Tatort" oder "CSI": So wie die Arbeit eines Rechtsmediziners im Fernsehen dargestellt wird, ist sie oft in Wirklichkeit nicht. In Hilden gibt ein Museum nun Einblicke in die Aufgaben und Tätigkeiten. Die Aussteller verzichten bewusst auf Gruseleffekte, dennoch ist der Zutritt erst ab 16 Jahren möglich.

Anne-Christin GrögerVon Anne-Christin Gröger Veröffentlicht:
Spannende Ausstellungsstücke: Dr. Wolfgang Antweiler, Leiter des Wilhelm-Fabry Museums, informiert.

Spannende Ausstellungsstücke: Dr. Wolfgang Antweiler, Leiter des Wilhelm-Fabry Museums, informiert.

© Anne-Christin Gröger

HILDEN. Es ist sicherlich einer der spektakuläreren Fälle, den Rechtsmediziner bearbeiten mussten: Ein brennendes Auto fährt mit 140 Stundenkilometern über die Autobahn.

Als es zum Stehen kommt, findet die Polizei eine verkohlte Leiche auf dem Rücksitz. Zunächst deutet alles darauf hin, dass eine zweite Person das Auto gefahren hat.

Nach der Obduktion des Toten und einer genauen Untersuchung des Wagens steht jedoch fest: Es war Suizid. Der Fahrer hat die Sitze seines Wagens mit Benzin übergossen, gab Gas und steckte in voller Fahrt sein Feuerzeug in Brand. Das Auto muss binnen Sekunden in Flammen gestanden haben.

Fotos vom Unglücksort sowie das angekohlte Feuerzeug finden Besucher derzeit in einer Ausstellung des Wilhelm-Fabry-Museums in Hilden.

Sie heißt "Vom Tatort ins Labor - Rechtsmediziner decken auf" und beleuchtet den Arbeitsalltag der Spezialisten jenseits der TV-Formate "CSI" und "Tatort".

Konzipiert hat sie Professor Michael Tsokos, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin an der Charité sowie des Landesinstituts für gerichtliche und soziale Medizin in Berlin. Bei der Ausstellung hat er mit dem Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité zusammengearbeitet.

Bevor sie nach Hilden kam, war sie schon im Deutschen Medizinhistorischen Museum in Ingolstadt zu sehen.

Kriminaltechnische Untersuchung wird erläutert

"Im Fernsehen wird oft ein völlig falsches Bild vom Beruf des Rechtsmediziners vermittelt", sagt Dr. Wolfgang Antweiler, Leiter des Wilhelm-Fabry-Museums. "Mit der Ausstellung wollen wir zeigen, wie deren Arbeit wirklich aussieht."

Dazu gehört, dass sich Rechtsmediziner nicht nur mit Toten, sondern auch mit Lebenden beschäftigen, dass sie nicht alleine am Tatort ermitteln und ihre Arbeit nicht identisch mit der eines Pathologen ist.

Die Ausstellung gliedert sich in drei Teile: Der erste führt den Besucher an den Tatort eines fiktiven Falls. Im zweiten Teil begleitet er den Rechtsmediziner ins Labor und zu seiner Sachverständigentätigkeit im Prozess vor Gericht.

Der Laie erfährt, wie eine kriminaltechnische Untersuchung vor sich geht. Hier sind die Werkzeuge ausgestellt, mit denen Rechtsmediziner täglich zu tun haben, wie Obduktionskoffer für den mobilen Einsatz, Utensilien für die DNA-Analyse oder Gefäße für Organproben oder Körperflüssigkeiten.

Die Aussteller verzichten dabei bewusst auf Gruseleffekte. "Wir wollen nicht schockieren, sondern aufklären", sagt Antweiler. Dennoch ist der Zutritt zur Ausstellung nur für Besucher ab 16 Jahren möglich.

Morde sind selten

Mit dem Sektionssaal betritt der Besucher schließlich den dritten Teil der Ausstellung. Hier erfährt er mehr über unnatürliche Todesursachen wie den Tod durch Erhängen, Verkehrsunfälle, Vergiftung oder Feuer, mit denen Rechtsmediziner Tag für Tag konfrontiert sind.

Anhand von eigens für die Ausstellung angefertigten Wachsmoulagen und echten Präparaten lässt sich nachvollziehen, wie der Rechtsmediziner Fremdverschulden oder ein mögliches Unglück als Todesursache nachweisen kann.

Fotos und Berichte von drastischen Todesfällen sind auf nachempfundenen Sektionstischen ausgestellt. "So kann jeder selbst entscheiden, ob er sich den Fall genauer anschauen oder lieber weitergehen möchte, weil ihm die Fotos zu heftig sind", sagt Antweiler.

Die meisten Fälle, zu denen ein Rechtsmediziner gerufen wird, sind keine spektakulären Morde, sondern eher Unfälle und Suizide, sagt er.

2000 unnatürliche Todesfälle werden nicht erkannt

Nach Aussagen der Ausstellung werden etwa acht bis zehn Prozent aller in Deutschland Verstorbenen obduziert, Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 2000 unnatürliche Todesfälle nicht als solche erkannt werden.

Die Ausstellung wird von einer Vortragsreihe im Museum begleitet. Dabei sprechen Fachleute zu Themen wie der kriminalistischen Spurensuche oder der Daktyloskopie als Hilfsmittel zur Identifizierung von Personen.

Die Ausstellung ist noch bis zum 3. Februar 2013 im Wilhelm-Fabry-Museum in Hilden, Benrather Straße 32a, zu sehen. Öffnungszeiten unter:

www.wilhelm-fabry-museum.de

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