EvidenzUpdate-Podcast

„Müde“ und „Longe“ Leitlinien, Lektionen und mRNA

Zum Jahreswechsel schauen wir zurück, was von 2023 bleibt und was uns 2024 weiter beschäftigen dürfte. Teil eins der Jahreswechsel-Episoden vom „EvidenzUpdate“-Podcast.

Prof. Dr. med. Martin SchererVon Prof. Dr. med. Martin Scherer und Denis NößlerDenis Nößler Veröffentlicht:
EvidenzUpdate mit DEGAM-Präsident Martin Scherer

EvidenzUpdate mit DEGAM-Präsident Martin Scherer

© [M] sth | Scherer: Tabea Marten

Schaut man mit der Evidenzbrille auf 2023 zurück, war es ein Jahr zahlreicher Missverständnisse. Für einen Jahresrückblick und einen Ausblick auf das Jahr 2024 haben wir uns einige solcher Missverständnisse vorgenommen und noch ein paar weitere Themen.

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Im ersten Teil unseres Rück- und Ausblicks sprechen wir über die neue Leitlinie zur Müdigkeit und die Frage, warum die Teile immer länger werden und was da bedeutet. Wir betrachten ein Sondervotum darin und das „Sondervotum“ zum Sondervotum, in dem es um ME/CFS geht. Wir sprechen über eine Leit- und eine Richtlinie zu Long-/Post-COVID. Lektionen haben wir im Programm und eine ordentliche Irritation bei mRNA-Impfstoffen.

Spoiler Alert: Es bleiben etliche Themen übrig, mit denen wir uns im nächsten Teil beschäftigen. (Dauer: 48:45 Minuten)

Anregungen? Kritik? Wünsche?

Schreiben Sie uns: evidenzupdate@springer.com

Die besprochenen Episoden

Quellen

  1. DEGAM et al. Müdigkeit S3-Leitlinie. AWMF-Register-Nr. 053-002. 2022. https://www.degam.de/files/Inhalte/Leitlinien-Inhalte/Dokumente/DEGAM-S3-Leitlinien/053-002_Leitlinie%20Muedigkeit/oeffentlich/Aktualisierung%20Dezember%202022%20-%20Dokumente%20Homepage/Langfassung%20Leitlinie%20Muedigkeit.pdf (accessed 28 Dec 2023).
  2. Baird AG, Lawrence JR. Guidelines: is bigger better? A review of SIGN guidelines. BMJ Open 2014;4:e004278. doi:https://doi.org/10.1136/bmjopen-2013-004278
  3. Kann BH, Johnson SB, Aerts HJWL, et al. Changes in Length and Complexity of Clinical Practice Guidelines in Oncology, 1996-2019. JAMA Netw Open 2020;3:e200841–1. doi:https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2020.0841
  4. Long-COVID und Post-COVID: Das Problem mit der Leitlinie. ÄrzteZeitung.de. 2023. https://www.aerztezeitung.de/Kongresse/Long-COVID-und-Post-COVID-Das-Problem-mit-der-Leitlinie-440305.html (accessed 28 Dec 2023).
  5. Das AWMF-IMWi: Institut für Medizinisches Wissensmanagement. AWMF. https://www.awmf.org/die-awmf/imwi (accessed 28 Dec 2023).
  6. Frisch J. Bessere Versorgung für Long-COVID-Patienten und ME/CFS-Betroffene. ÄrzteZeitung.de. 2023. https://www.aerztezeitung.de/Politik/Bessere-Versorgung-fuer-Post-COVID-Patienten-und-MECFS-Betroffene-445762.html (accessed 28 Dec 2023).
  7. Kritik an Irreführung von Hausarztpraxen zu Corona-Impfstoffen. DEGAM. 2023. https://www.degam.de/pressemitteilung-detail/kritik-an-irrefuehrung-von-hausarztpraxen-zu-corona-impfstoffen (accessed 28 Dec 2023).
  8. Scherer M, Nößler D. Freiheit der ärztlichen Profession – wo beginnt die Zügellosigkeit? ÄrzteZeitung.de. 2023. https://www.aerztezeitung.de/Podcasts/Freiheit-der-aerztlichen-Profession-wo-beginnt-die-Zuegellosigkeit-439439.html (accessed 28 Dec 2023).

Transkript

Nößler: Ein unglaublich langes Jahr liegt hinter uns. Laut Kalender bald zwar nur 365 Tage, gefühlt waren es aber deutlich mehr. Denn in Wissenschaft Medizin, Gesundheitspolitik war es richtig turbulent, vielleicht sogar turbulenter als in anderen Jahren. Ein Grund zurückzublicken. Und damit herzlich willkommen zur Jahresendepisode vom EvidenzUpdate-Podcast. Wir, das sind ...

Scherer: Martin Scherer.

Nößler: Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin der DEGAM und Direktor des Instituts und Poliklinik für Allgemeinmedizin am UKE in Hamburg. Und hier am Mikro ist Denis Nößler, Chefredakteur der Ärzte Zeitung aus dem Haus Springer Medizin. Moin, Herr Scherer!

Scherer: Moin, Herr Nößler.

Nößler: Ich hätte Sie jetzt fast gefragt, ob Sie sich schon auf Ostern freuen.

Scherer: Also erst mal auf Silvester.

Nößler: Erst mal auf Silvester. Ostern, Christi Himmelfahrt, wie wäre es damit?

Scherer: Christi Himmelfahrt, schön erst mal, dass Sie diesen Namen nennen und den Off-Label-Use von Christi Himmelfahrt als Vatertag nicht mitmachen. Aber wie kommen Sie jetzt darauf?

Nößler: Wir sprechen ja heute ein bisschen über das, was zurückliegt. Und in der letzten Episode hatten Sie in Erinnerung gerufen, dass wir einmal bei einem Deutschen Ärztetag dieses Jahr aus einem Hotelzimmer ein Podcast aufgenommen haben. Das war in Essen. Und was ja einige von unseren Hörerinnen und Hörern wissen, dass in der Himmelfahrtswoche traditionell die Ärztetage stattfinden. Das ist dann dieses Jahr in Mainz, um den 9. Mai. Da könnte man ja wieder so eine Podcast-Episode aufnehmen.

Scherer: Dann haben wir da doch dann schon mal eine Verabredung. Das wird dann vielleicht die 126. Folge sein. Ich kann mich noch gut erinnern. Essen, Hotelzimmer, Blick auf die Bahngleise. Da haben wir, glaube ich, gesprochen über die Krankenhausreform und freiwerdende Personalressourcen, die dann entstehen, wenn man weniger unnötige und falsche Medizin macht.

Nößler: Das war das Thema. Genau. Kann man nachhören. Können wir ja verlinken, Herr Scherer, und zwar wo?

Scherer: In den Shownotes.

Nößler: In den Shownotes. Und im Zweifel auch gerne auf der DEGAM-Webseite, da ist es sowieso verlinkt. Weil, wenn man so vielleicht ein bisschen, schon mal gespoilert zu dem, was jetzt gleich kommt, auch gesundheitspolitisch, wissenschaftspolitisch sich so umschaut auf das Jahr und das, was vor uns liegt, ich meine, Themen wird es dann noch genug geben, die wir werden besprechen müssen.

Scherer: Es wird nicht weniger werden.

Nößler: Wie nett. Wir haben uns für heute, Herr Scherer, vorgenommen, zwei Tage vor Silvester, dass wir mal so eine Art Jahresrückblick versuchen. Wir dürfen verraten, wie wir das gemacht haben. Nämlich dass jeder von uns beiden in sich gegangen ist und einfach mal drei Themen rausgepickt hat – am Ende sind es, glaube ich, ein paar mehr geworden –, von denen wir glauben, sie haben in irgendeiner Weise etwas verändert, einen Meilenstein gesetzt oder waren einfach auch bemerkenswert in Wissenschaft, Medizin, Politik. Und Herr Scherer, wollen wir verraten, von wem welches Thema stammt? Oder wollen wir das einfach mal für uns behalten?

Scherer: Ich glaube, diesen methodischen Aspekt können wir jetzt getrost vernachlässigen. Für die Hörerinnen und Hörer ist es, glaube ich, spannend, was jetzt kommt.

Nößler: Jetzt ist spannend, was kommt. Also versuchen wir es mal mit einem kleinen Inhaltsverzeichnis. Was wir aufgeschrieben haben, sind eigentlich Themenkomplexe. Das eine, sehr rezent, ist das Thema Früherkennung versus Prävention. Dann das Thema, ist wie so ein Buzzword, Abnehmspritzen. Dann haben wir Long/Post COVID auf dem Zettel stehen, künstliche Intelligenz, ChatGPT und Co, Müdigkeit, einarmige Banditen in der Studienwelt und Lektionen, die wir aus der Pandemie gelernt haben. Das wären so unsere Themenkomplexe, die wir gefunden haben. Die gehen wir der Reihe nach durch. Womit fangen wir an?

Scherer: Mit der Müdigkeit.

Nößler: Das ist vielleicht ein fabelhaftes Stichwort. Passt irgendwie auch zum Zeitpunkt der Aufzeichnung. Und zwar Müdigkeit ganz besonders, ist ein DEGAM-Thema, Leitlinien-Müdigkeit. War im Januar dieses Jahres oder 2023, da ist die Überarbeitung der S3-Leitlinie veröffentlicht worden. Da sind ja doch einige Fachgesellschaften beteiligt worden. Das Ding in der Langfassung ist 116 Seiten lang, Herr Scherer. Ist meine Wahrnehmung richtig, dass auch die DEGAM-Leitlinien immer länger werden?

Scherer: Ich kann Ihnen jetzt über die DEGAM-Leitlinien und ihre Länge keine Statistik vorlegen. Aber Ihre Beobachtung ist auf jeden Fall richtig. Leitlinien werden immer länger und da gibt es sogar Literatur. Wo packen wir die hin, Herr Nößler?

Nößler: In die Shownotes.

Scherer: Vor fast zehn Jahren galt die Länge einer Leitlinie als umgekehrt proportional zu ihrem evidenzbasierten Charakter. Mit anderen Worten: Je länger die Leitlinie desto weniger High Value Care, die durch die Leitlinie gebahnt wird. Da gibt es eine schöne Arbeit von Baird und Lawrence und anderen Guidelines: Is bigger better? A Review of SIGN Guidelines, 2014 im BMJ erschienen. Und da haben sie gefunden, dass die Länge einer Leitlinie im umgekehrten Verhältnis zu der Anzahl der hochevidenzbasierten Empfehlung steht. Haben Sie eine Idee, wie das kommt?

Nößler: Je besser die Evidenz, desto klarer die Aussagen.

Scherer: Ja. Aber je mehr Fachgesellschaften mitmachen und je mehr Akteure da sitzen – bei der Demenzleitlinie sind es, glaube ich, 35 – desto mehr konsensbasierte Statements gibt es natürlich auch, desto länger wird die Leitlinie. Das muss nicht zwangsläufig heißen, dass sie schlechter wird. Und jetzt zehn Jahre später ist das ähnlich am Leitlinienhorizont. Der Trend geht zu immer umfangreicheren Leitlinien. So haben zum Beispiel die klinischen Leitlinien der Onkologie in den letzten zwei Jahrzehnten in Bezug auf Komplexität und Umfang dramatisch zugenommen. Also zwischen 1996 und 2019 stieg die unterschiedliche Seitenzahl der Onko-Leitlinien, das war das National Comprehensive Cancer Network, von 26 auf sage und schreibe 200 Seiten, was einer absoluten Zunahme von 760 Prozent entspricht. Jetzt kann man natürlich sagen, die Medizin ist komplexer geworden, da müssen die Leitlinien dicker werden. Aber lange Rede kurzer Sinn, Ihre Beobachtung, die stimmt. Auch diese Arbeit – die setzen wir in die Shownotes: Kann, Johnson, Aerts, JAMA Network Open 2020, also eine relativ neue Arbeit noch.

Nößler: Verstehe ich das richtig, dass die Länge einer Leitlinie ein Korrelat sein kann, hinsichtlich des Konsensusanteils in der Leitlinie? Und dass dann die Schlussfolgerung die ist: Je länger so ein Ding ist, desto mehr basiert es auf Konsensfindung statt auf klarer eindeutiger Evidenz?

Scherer: Das kann eine Hypothese sein. Und das ist bei manchen Leitlinien auch so. Es ist natürlich auch so, dass die methodischen Requirements in den letzten Jahren immer mehr zugenommen haben. Das trägt auch dazu bei, dass so eine Leitliniengruppe erst mal in die Reha gehen muss, wenn sie eine Version einer Leitlinie abgegeben hat. Also, die Leute sind ja erschöpft. Es wird immer mehr draufgesattelt. Und das ist noch einmal ein Podcast-Thema oder ein EvidenzUpdate-Thema für sich: Kann das eigentlich so bleiben, dass Leitlinien ehrenamtlich erstellt werden? Da muss man, glaube ich, noch mal gesondert drüber reden. Aber die methodischen Requirements, die haben immer mehr zugenommen. Und der Partizipationsanspruch hat auch immer mehr zugenommen. Also, wir müssen die noch beteiligen und jene noch beteiligen. Und dann sitzt man dann natürlich mit über 30 Leuten manchmal da und da fällt jedem was ein. Das macht die Leitlinien natürlich auch dicker.

Nößler: Spannend. Sagt hier an der Stelle auch jemand, der es tatsächlich wissen muss – das ist jetzt kein Fishing for Complements – ich sage nur GIN, Guidelines Internation Network, da sind Sie ja aktiv, wo man sich auch mit diesen Fragestellungen beschäftigt. Ich habe mir das mal gerade aufgeschrieben, diese Idee Leitlinienarbeit und Ehrenamt, wo sin die Grenzen, das könnte ja auch mal ein Cliffhanger sein. Schauen wir in die Praxis. Die Dinger sind ja jetzt keine Wissenschaft, die Selbstbeschäftigung Leitlinien, sondern sollen ja den Stand der guten und medizinischen Wissenschaft abbilden und letztlich Handreichung sein für die klinische Arbeit. Wenn wir jetzt bei der Müdigkeit sind, da haben wir jetzt mal ein Symptomkomplex vor uns. Da stellt sich für die Praxis die Frage: Diese 160 Seiten hat ja niemand auf Taste. Am Ende schaue ich da rein, wenn ich einen ganz kniffligen Fall vor mir sitzen habe.

Scherer: Das stimmt. Also das sind natürlich dann auch Nachschlagewerke. Das ist völlig richtig. Aber sie sind natürlich in erster Linie gedacht als eine Hilfe für die Praxis. Das steht übrigens auf jeder einzelnen Leitlinienseite einer DEGAM-Leitlinie unten drauf. DEGAM-Leitlinien – Hilfen für eine gute Medizin. Das sollen sie in erster Linie sein. Das sind sie meines Erachtens auch. Da habe ich zwar einen Bias, aber davon bin ich überzeugt. Also das steht auf jeder Fußzeile, Hilfen für eine gute Medizin. Aber eine Leitlinie beinhaltet natürlich auch die aggregierte Evidenz aus wissenschaftlichen Einzelstudien, die man sonst eben alle selbst lesen müsste. Und gleichzeitig ist so eine Leitlinie auch der kleinste gemeinsame Nenner einer oder auch mehrerer Fachgesellschaften, wenn es dann konsensbasiert ist. Und letztlich ist sie dann auch ein aktuelles Zeitdokument zum State of the Art. Und die Leitlinien lesen dann nicht nur Menschen, die einen Patienten vor sich sitzen haben, sondern vielleicht auch Leute, die einen Fortbildungsvortrag halten müssen oder ein Sachverständigengutachten machen müssen in einem Arzt-Haftungsprozess oder eben kluge Medizinjournalisten, die kluge Fragen stellen wollen.

Nößler: Gerüchteweise könnte es die geben. Gehen wir noch mal in diese ganz spezifische Leitlinie zur Müdigkeit hinein. Das ist eine DEGAM-S3-Leitlinie, heißt, sie ist evidenzbasiert und unter Beteiligung aller maßgeblichen Gruppen, insbesondere Fachgesellschaften, und hier auch eben Patientenvertretungen. Was interessant an dieser Leitlinie ist – da kommen wir jetzt gleich drauf zu sprechen –, ist, dass auch das ME/CFS immer wieder abgebildet ist. Hier ist die ME/CFS-Gesellschaft eingebunden worden, Fatigatio ist auch so eine Selbsthilfegruppe. Von der Wissenschaft vielleicht manchen bekannt: Carmen Scheibenbogen von der Charité, die dazu forscht, ist dazu eingebunden worden und so weiter und so fort. Jetzt wissen wir ja, in der Vergangenheit war das Verhältnis zwischen DEGAM und Betroffenenverbänden hinsichtlich ME/CFS jetzt nicht unbedingt das Beste. Da gab es durchaus Streit, Knatsch, auch öffentlich ausgetragen. Können Sie so ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern, wie diese Gespräche für das jetzt vorliegende Leitlinien-Update, oder eigentlich seit einem Jahr vorliegende Leitlinien-Update, verlaufen sind?

Scherer: Bei den Gesprächen war ich im Einzelnen nicht dabei. Die müssen auch im geschützten Raum stattfinden. Das sind Dinge, die nicht unbedingt in die Öffentlichkeit gehören. Aber die Kritik, die Sie angesprochen haben, die speiste sicher im Wesentlichen aus dem Eindruck, dass die DEGAM, wenn sie bei fehlender therapeutischer Konsequenz auf die Begrenzung von Diagnostik hinweist, irgendwas herunterspielen oder nicht ernst nehmen würden. Und das war aber auch nie unsere Absicht. Es ist auf jeden Fall gut, dass wir hier jetzt einen Gesprächskanal etablieren konnten, dass wir eine gute Arbeitsatmosphäre haben, auch mit den betroffenen Verbänden. Natürlich gibt es auch immer wieder differente Auffassungen, aber das ist in einer Zusammenarbeit völlig normal und damit wird dann auch konstruktiv umgegangen.

Nößler: Und man ist dann irgendwie auch zu einem Punkt gelangt. Was ich eindrucksvoll finde: Leute, die Leitlinien immer ein bisschen gelesen haben, auch Leitlinien anderer Fachgesellschaften, an denen dann die DEGAM beteiligt war, denen fällt dann recht schnell auf, dass die DEGAM regelmäßig mit Sondervoten in diversen Leitlinien platziert ist und sagt, wir haben da eine andere Sichtweise – Stichwort Niedrigprävalenzbereich, Sie haben es angesprochen. Und jetzt ist es hier in dieser Leitlinie so, dass es ein Sondervotum zum Thema ME/CFS gibt, von anderen Fachgesellschaften unter anderem Internisten. Und noch interessanter an dieser Stelle ist, dass es zu diesem Sondervotum wiederum ein Sondervotum von den Patientenvertretungen gibt. Das müssen Sie mal ein bisschen erklären, was das ist.

Scherer: Herr Nößler, Sie wollen es auch immer ganz genau wissen. Ich hoffe nur, dass wir die Hörer damit nicht abhängen. Es ist nicht gerade unkomplex. Ich will versuchen, es kurz zu machen. Sie beziehen sich auf folgende Empfehlung, die neu ist in dieser Leitlinie. Die Empfehlung heißt: Bei mindestens seit drei Monaten anhaltender, bisher ungeklärter Müdigkeit sollten die ME/CFS-Kriterien nach Institut of Medicine eruiert werden, um eine Verdachtsdiagnose zu stellen, die nach sechs Monaten zu reevaluieren wäre. Und darauf haben dann diese Fachgesellschaften, die Sie eben genannt haben, drei Kritikpunkte in einem Sondervotum angeführt. Das heißt, da gibt es ein Sternchen in der Leitlinienempfehlung mit Hinweis auf dieses Sondervotum. Der erste Kritikpunkt bezieht sich auf den ME-Begriff. Die Fachgesellschaften waren mit Chronischem Fatigue-Syndrom etwas glücklicher als mit ME, also Myalgische Enzephalomyelopathie oder Myalgische Enzephalomyelitis. Das suggeriert eigentlich eine chronische Erkrankung, eine Entzündung von Gehirn und Rückenmark. Auf der einen Seite kann es natürlich die Betroffenen erst mal nachvollziehbar entlasten, wenn sie vorher mit Desinteresse und psychischer Stigmatisierung konfrontiert waren. Dann findet man natürlich in so einem sehr somatisch ausgerichteten Begriff erst mal eine Form der Anerkennung. Auf der anderen Seite ist dieser Begriff nicht ohne. Es wird dann auf den Nocebo-Effekt verwiesen und auf die Gefahr, dass so ein diagnostisches Etikett auch irreführend sein kann, im Sinne einer vorhergegangenen Viruserkrankung mit einer vielleicht prognostisch ungünstigen fortschreitenden ZNS-Erkrankung, womit man dann auch wieder vielleicht Hoffnungslosigkeit bei den Betroffenen auslösen kann. Also mit anderen Worten: Auf der einen Seite erst mal eine Art der somatischen Anerkennung, auf der anderen Seite kann man mit so einem Begriff auch Dinge kaputtmachen.

Nößler: Das ist ein Stigma.

Scherer: Genau. Das war so die erste Kritik. Die zweite Kritik war, dass die Post-Exertional Malaise zum diagnostischen Kriterium für CFS gemacht wurde. Da sagen die Sondervotumsautoren: Klar ist es unstrittig, dass es nach vorheriger Anstrengung zu dieser Post-Exertional Malaise kommen kann. Allerdings ist die relativ unspezifisch. Die kann auch bei nicht erholsamem Schlaf auftreten oder bei Patientinnen und Patienten mit Fibromyalgiesyndrom oder krebsassoziierter Fatigue. Also als diagnostisches Kriterium eignet sich das nicht. Das sagen die Sondervotumsautoren. Und das Dritte ist, dass die Sondervotumsautoren das Thema Körperliche Aktivierung als besonders problematisch ansehen. Also dass die Warnungen vor aktivierenden Therapieempfehlungen in dem Sondervotum nicht mitgetragen werden. Es heißt, bei ME/CFS sollen laut Empfehlung fünf oder wie auch immer keine körperlichen Aktivitäten auf Basis des Dekonditionierungskonzeptes angeboten werden.

Nößler: Weil das richtig in die Hose gehen kann.

Scherer: Da weisen die Sondervotumsautoren darauf hin, damit kannst du Leute in die Einsamkeit treiben, da kannst die Leute schlechter machen, da kannst du sie fixieren in Passivität. Also das waren so die drei Hauptkritikpunkte. Und in der Replik darauf haben dann die Patientinnen und Patienten vertretenden Organisationen darauf hingewiesen, dass sie verständlicherweise mit dem Sondervotum gar nichts anfangen können, dass das meinungsbasiert wäre, dass es keine ausreichenden Literaturbelege dafür gibt, dass die Meinungen zusammenhangslos zusammengefügt werden und nicht evidenzbasiert wären. Und so ist das, Herr Nößler. Auf der einen Seite ist so ein Sondervotum natürlich ein Druckventil, auf der anderen Seite trägt es dann schon auch zur Transparenz bei und zeigt, okay, wir haben es geschafft, im Endeffekt zu einer gemeinsamen Leitlinie zu kommen, wenngleich es da noch ein Dissens gibt. Und den hat man entsprechend dokumentiert. Das finde ich im Endeffekt besser, als wenn irgendeine Gruppierung wutschnaubend den Leitlinienprozess verlässt. Dann lieber so.

Nößler: Und es gar keine Leitlinie am Ende gibt.

Scherer: Genau.

Nößler: Und ich glaube nicht, dass wir mit dieser Erklärung irgendwen verloren haben. Ganz im Gegenteil. Ich finde es ungeheuer spannend, dass auch noch mal so komprimiert – weil es sind auch schon irgendwie zwei Seiten Sondervotum, über die wir da reden – zu erfahren, warum es dazu gekommen ist und wie man dann eben auch in diesem Prozess der Leitliniengenese dazu kommt und dass es tatsächlich auch einen Transparenzzweck hat und Wissenschaft ja nie abschließend Wahrheiten liefern kann. Und das wird ja da auch wiedergegeben. Ist das für Sie dann auch so eine Art Highlight dieses Leitlinien-Updates gewesen, dass unterm Strich man es da geschafft hat, beispielsweise zu ME/CFS, wirklich einen neuen Konsens herzustellen?

Scherer: Also der Konflikt an sich ist natürlich kein Highlight. Bei Konflikten muss man eben gucken, dass man die konstruktiv und pragmatisch löst. Das ist hier, meine ich, gelungen. Aber es ist uns noch mehr in der Leitlinie gelungen. Wir haben sie inhaltlich weiterentwickeln können, insbesondere zu ME/CFS, und sind aber trotzdem unserer Linie treu geblieben. Also die Leitlinie hilft meines Erachtens den Hausärztinnen und Hausärzten, das richtige Maß an Medizin zu finden, das Gute und Richtige zu tun, das Unnötige, gegebenenfalls auch das Schädliche zu unterlassen. Also dass man schon symptombasiert vorgeht und immer auch bei allem Ernstnehmen und bei aller Gewissenhaftigkeit die Begrenzung, die Diagnostik im Blick hat. Diese Grundlinie ist noch erhalten.

Nößler: Und diese Grundlinie haben sich die anderen Gesellschaften dann auch angeschlossen. Da gibt es ja einen Konsens. Gut. Gäbe es zur Leitlinie Müdigkeit noch etwas zu ergänzen, Herr Scherer? Ansonsten, glaube ich, schafft sie uns eine gute Brücke.

Scherer: Dann beschreiten Sie diese Brücke doch einmal.

Nößler: Es gehört quasi dazu, wenn wir über ME/CFS reden, dann sind wir letztlich auch bei Long- und Post-COVID. Das war auch eines der Themen auf unserer Liste. Ich würde sagen, da machen wir jetzt direkt mit weiter. Es gibt dazu – das wissen sicherlich auch die meisten Hörerinnen und Hörer – eine S1-Leitlinie, in Version 2 liegt die vor. Meines Wissens ist diese Version offiziell im August abgelaufen. Da wird jetzt wieder daran gearbeitet, da sind auch DEGAM-Autoren mit dabei, Thomas Maibaum, Hans-Otto Wagner, das ist kein Geheimnis. Die kann man ja an der Stelle auch einmal grüßen. Ich habe mich in der Vorbereitung erinnert an einen Bericht, den ich im Juni geschrieben hatte vom Hauptstadtkongress. Da gab es ein Symposium über die Weiterentwicklung dieser Leitlinie Long- und Post-COVID. Und wenn ich das richtig erinnere, war das ein Podium mit sehr viel Ernüchterung. Zum einen wurde damals konstatiert, eigentlich bräuchte man eine S3-Leitlinie, wenn das wirklich doch so viele Menschen betrifft. Dafür gibt es aber keine Evidenz, die ist einfach nicht gut. Bei einer S2k-Leitlinie war dann die Frage auf dem Podium, ob der Druck im System eigentlich noch so groß ist, dass man es da hinbringt. Und auch da wiederum die Studienqualität und die Endpunkte schwierig sind. Und dann wurde auch ganz deutlich kritisiert, dass es in dieser Long/Post-COVID-Leitlinie eine Leitlinie in der Leitlinie gäbe. Und damit hat man wieder die Sondervoten der DEGAM bezeichnet und kritisiert. Und zwar, Zitat: „Bei jeder Leitlinie hat immer jemand Partikularinteressen, mit denen er andere ausbremst.“ Zitat Ende. Tja, was ist da los, mit dieser Leitlinie?

Scherer: Die Partikularinteressen, die die DEGAM haben soll, würde ich wirklich gerne einmal erklärt kriegen. Wer uns nur ein bisschen kennt, weiß, dass wir in den letzten Jahren, Jahrzehnten nicht unbedingt durch besondere finanzielle Interessen oder durch eine große Nähe zur Industrie aufgefallen sind. Eher im Gegenteil. Vielleicht können Sie mir mit den Partikularinteressen mal ein bisschen weiterhelfen, Herr Nößler.

Nößler: Ich hätte eine Vermutung. Die Partikularinteressen sind vielleicht hausärztlichen Patienten.

Scherer: Denen wir uns verpflichtet fühlen. Und das wäre dann ein Partikularinteresse, mit dem ich sehr gut leben kann.

Nößler: Okay. Sie haben es vielleicht, ohne es so ausgesprochen zu haben, einen neuen weiteren Cliffhanger, den ich gerade auf die Liste geschrieben habe, formuliert. Man könnte ja mal mit dieser Person vielleicht ein Streitgespräch führen, über Partikularinteressen und Leitlinien.

Scherer: Jederzeit gerne. Also wenn, dann sind es immaterielle Interessenskonflikte. Aber die haben wahrscheinlich alle.

Nößler: Dann nähern wir uns vielleicht anders diesem Thema. Ich habe schon gesagt, es sollte ein Update geben. Mehr Infos findet man dazu jetzt nicht. Können Sie sagen, wo diese Leitlinienarbeit im Moment steht?

Scherer: Das sind Vorgespräche, die im Augenblick laufen. Und Planungsgespräche für die nächste Version. Das wäre dann die dritte Version. Sobald es etwas Vorzeigbares gibt, kann man dann auch noch mal mehr ins Detail gehen, dann vielleicht auch mit den Personen, die da auch für die DEGAM tätig sind. Sie wissen, ich bin bei den Gesprächen nicht dabei.

Nößler: Okay. Dann vielleicht eher noch mal so eine ganz grundsätzliche Sache, die ich da zitiert hatte, nämlich die Zweifel, die geäußert wurden, welche Leitlinienstufe man denn überhaupt wird erreichen können. Und da waren sich damals alle einig: S3 wäre schön, kriegen wir nicht hin. Und wahrscheinlich wird es am Ende wieder so eine Art Konsensfindung geben. Und das, obwohl das Thema Long-COVID, Post-COVID in der medialen Aufmerksamkeit so groß ist. Wie sehen Sie das denn? Glauben Sie, dass man da absehbar vielleicht wirklich einmal – und wenn, auch nur in Ansätzen – so einen harten, klinisch, vielleicht auch wissenschaftlichen Konsens wird hinkriegen können? Wie bewerten Sie das?

Scherer: Die methodischen Stufen, das ist im Grunde genommen eine relativ formallose Formalie. Das AWMF-Institut, IMWi-Institut für medizinisches Wissensmanagement in Marburg, das übrigens eine sehr hervorragende Arbeit macht, das guckt sich die Leitlinien an und schaut einfach, wie viel Prozent der Empfehlungen oder wie groß der Anteil ist, der wirklich bei den Empfehlungen dann auch auf hochrangige Literatur zurückzuführen ist. Insofern kann man das mit der methodischen Stufe vorab nicht immer so festlegen. Aber ich gebe Ihnen völlig recht, wenn es wenig belastbare Literatur gibt, dann muss man an die S3-Leitlinie auch gar nicht erst denken. Aber ich würde mal von dieser methodischen Fixierung auf die einzelnen Stufen der Leitlinie Abstand nehmen wollen. Also eine inhaltlich gute S1 ist mir immer noch lieber als eine inhaltlich schlechte S3-Leitlinie.

Nößler: Jetzt könnte man natürlich noch einen nächsten Schritt machen und über die reinen von Fachgesellschaften getriggerten und getragenen Leitlinien, ich sage mal, die Maximalstufe einer Leitlinie sich anschauen, das wäre dann die NVL, die Nationale Versorgungsleitlinie. Auch da gibt es ja etliche. Und jetzt haben wir – das ist jetzt ein bisschen auch die Breaking News, nicht mehr ganz so Breaking, aber doch noch die News – hinsichtlich Long-COVID und Post-COVID, Post-COVID ist ja Teil von Long-COVID. Denn – das wissen wahrscheinlich auch einige – der Gemeinsame Bundesausschuss hat am 21. Dezember, ganz knapp vor Weihnachten, seine Long-COVID-Richtlinie – nicht Leitlinie, sondern Richtlinie – beschlossen. Dazu ist er vom Gesetzgeber aufgefordert worden vor einem Jahr, hat da lange dran gearbeitet. Und wir alle wissen, die wird dann in Kraft treten, wenn das Ministerium sie nicht beanstandet, dafür haben sie jetzt ein bisschen Zeit. Und der unparteiische Vorsitzende Josef Hecken, der hatte an dem Donnerstag angedeutet, dass für diese Richtlinie einiges wirklich auf wackligen Füßen steht, weil schlicht die Evidenz schwierig ist. Jetzt wird es spannend, Herr Scherer. Wir wissen alle, die Richtlinien sind berufsrelevant. Wenn ich in der vertragsärztlichen Versorgung beispielsweise unterwegs bin, dann muss ich mich daran halten. Am Ende zieht es auch Abrechnungsfragen nach sich. Wenn wir jetzt so eine krasse Versorgungsrichtlinie bekommen, wo wir eh ein Evidenzproblem haben bei dem Thema Long-COVID und auch die Leitlinie schwierig ist, was kann ich mit so einer Richtlinie noch anfangen?

Scherer: Da fragen Sie den Falschen. Also, Sie suggerieren es ja schon.

Nößler: Dabei wollte ich ja gar keine Suggestivfrage in dieser Episode benutzen.

Scherer: Im Grunde genommen haben Sie mir durch Ihre Frage mitgeteilt, was wir hören wollen. Ich kann es so nicht nachvollziehen. Das müssen Sie wirklich diejenigen fragen, die dann diese Entscheidung getroffen haben.

Nößler: Dann müssten wir den Gesetzgeber fragen, tatsächlich. Ich stelle die Frage offen: Kommt sie zum falschen Zeitpunkt, diese Richtlinie?

Scherer: Herr Nößler, auch hier lassen Sie mir wenig Platz, mich salomonisch aus der Affäre zu ziehen. Man könnte darauf antworten: Eine Richtlinie, die in dieser Form doch gewisse Angriffspunkte bietet, die kommt eigentlich immer zum falschen Zeitpunkt.

Nößler: Ich würde fast die Vermutung äußern wollen, das kann ich ja zu gegebener Zeit mal nachfragen, dass Herr Hecken das vielleicht gar nicht so anders sieht. Ich versuche es noch ein bisschen anders: Diese Richtlinie ist schlappe neun Seiten lang. Jetzt wissen wir, es gibt DMP-Anforderungsrichtlinien. Da hatten wir letztens ein bisschen drüber gesprochen und auch schon einen Cliffhanger produziert, dass man über das DMP-Thema vielleicht noch einmal sehr spezifisch reden müsste. Das ist auch teilweise sehr umfangreich. In diesem Dokument gibt es 14 Spiegelstriche allein wie Patienten zu koordinieren sind. Dann gibt es zusätzlich für die Rolle der Hausärztinnen und Hausärzte, was das Thema Diagnostik, Diagnosesicherung, Behandlung angeht, noch mal 14 Spiegelstriche. Vielleicht mal gelöst von dieser einen Richtlinie, sondern ganz grundsätzlich, auch mit Blick auf die immer länger werdenden Leitlinien, Herr Scherer: Man hat zunehmend ein bisschen den Eindruck, dass die Arbeit in Praxis und Klinik nicht nur immer bürokratischer wird, sondern die Vorgaben doch immer auch komplexer werden. Der ist ja nicht falsch, oder?

Scherer: Schön, dass Sie es neudeutsch down to earth bringen, also runter auf die Erde, wo die Versorgung stattfindet. Ich will es einmal in vier Punkten so ein bisschen sortieren. Das Erste haben Sie schon angesprochen, das ist die unnötige Bürokratie. Die können wir überhaupt nicht gebrauchen, ebenso wenig wie überzogene Diagnostik oder Therapie. Bürokratische Vorgaben, die speziell für Long- und Post-COVID diskutiert werden, die kosten genau die Zeit, die man in der Praxis braucht und die eigentlich den Patienten zugutekommen sollte. Das Zweite ist: Man muss die Krankheitsbilder da differenziert betrachten. Bei den meisten Patientinnen und Patienten verbessern sich die Symptome nach einigen Wochen, bei anderen nach einigen Monaten. Aber der Großteil genest vollständig. Und in dieser Phase müssen sie engmaschig begleitet werden in der Hausarztpraxis. Aber es gibt natürlich auch einige, die stark erkranken, und zwar so stark, dass sie nach Monaten noch eingeschränkt sind, oder noch länger. Und die müssen dann speziell betreut werden. Und dann gibt es auch wieder eine Gruppe der Schwerbetroffenen, die die speziellen Kriterien der ME/CFS erfüllen. Man muss aber all dieser Gruppen differenziert betrachten. Man kann die Post-COVID-Gruppe nicht von Vornherein gleichsetzen mit ME/CFS. Der dritte Punkt ist die Debatte um Spezialambulanzen. Es wird immer wieder ein Netz von Spezialambulanzen gefordert, obwohl die den Betroffenen im Augenblick wenig anzubieten haben. Deswegen muss man sich das genau überlegen und nicht unnötige Erwartungen schüren und Ressourcen verschwenden. Das haben wir in der Vergangenheit zu viel getan. Und dann heißt es immer wieder: Wir haben zu wenig Ärztinnen und Ärzte, wenn wir die Ressourcen verschwenden. Das Vierte ist, dass man symptombasiert ansetzt. Also die vielfältigen Symptome, die – ich habe es eben schon gesagt – können in der Hausarztpraxis gut behandelt werden. Die strukturierte und spezifische Diagnostik, die gefordert wird, sollte aber erst nach zwölf Wochen ansetzen, wenn man offiziell von Post-COVID sprechen kann und nicht von Anfang an. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Das waren die vier Punkte. Ich hoffe, die sind nicht verlorengegangen. Das sind halt doch relativ komplexe Themen, die Sie hier ansprechen. Ich versuche das immer so ein bisschen auf die drei, vier wesentlichen Punkte runterzubrechen.

Nößler: Ich sage jetzt nicht, wer das komplexe Thema mitgebracht hat. Das wollten wir ja für uns behalten. Aber ich nehme daraus jetzt mit – jetzt kommt wieder der Schluss eines hermeneutischen Kreises, es tut mir leid –, dass der Versuch, die Komplexität in einfache Algorithmen zu pressen, regelmäßig scheitern wird.

Scherer: So ist es.

Nößler: Und das, was Sie angesprochen haben, das Thema Spezialambulanzen, das erlebt man ja an vielerlei Stellen, das ist gerade das, was an anderer Stelle noch Partikularinteresse genannt wurde. Da geht es auch um ganz handfeste, im Zweifel auch wirtschaftliche Interessen. Vielleicht hinsichtlich Long- und Post-COVID noch ein ganz anderer Aspekt, weg von der Leitlinie, weg von der Richtlinie. Eine ganz grundsätzliche Frage: Der Gesundheitsminister hat das seit langer Zeit und immer wieder auch als für sich sehr wichtiges Thema auf der Agenda. Und er will da die Forschung fördern, stellt da einige Millionen bereit. Und wenn man sich jetzt sagt, okay, es gibt da verschiedene statistische Schätzungen, selbst wenn das etliche Menschen in Deutschland betrifft und natürlich auch es da einen hohen Leidensdruck im Einzelfall wirklich geben kann. Was sagt es denn darüber aus, wenn wir nur so eine Krankheit oder einen Krankheitskomplex so stark in den Fokus nehmen seitens des Staates, auch hinsichtlich Förderung, und andere Dinge, wo wir das eigentlich auch machen müssten, den Fokus drauf richten und Förderung für Forschung bereitstellen, was sagt das über uns aus? Sind wir irgendwie auf zwei Augen blind?

Scherer: Das sagt über uns aus, dass wir einen Themenbereich haben, der eine ganz besondere Aufmerksamkeit erfährt. Und dass das so ist, das ist wahrscheinlich ein Ausläufer einer politisierten und medialisierten Pandemie. Und dabei eignet sich das Thema eigentlich gar nicht so sehr als spektakulärer medialer Aufhänger. Denn das ist ein Thema, wo es Zeit braucht, also Zeit für hochrangige Studien. Die schnippst man nicht mal gerade so aus der Lamäng, wenngleich sehr viel Literatur dazu gibt und natürlich auch Zeit und Empathie, die man bei den Patientinnen und Patienten braucht. Es gibt bei dem Thema Post-COVID keine schnellen Lösungen. Man braucht Geduld und Verständnis.

Nößler: Damit haben Sie jetzt auch direkt schon das nächste Thema angetriggert, nämlich Erfahrungen aus der Pandemie. Und dass der Fokus, auch aus der Art der Debatte, wie wir sie da einige Zeit doch erleben mussten, hatten, herrühren könnte. Und wir hatten im Inhaltsverzeichnis Lektion aus der Pandemie als Thema. Das ist ein ganz spezifisches Ding am Thema auch gewesen. Da gab es nämlich Ende September anlässlich der Jahrestagung – wissen wahrscheinlich auch viele Hörerinnen und Hörer – eine Pressekonferenz der DEGAM in der Bundespressekonferenz. Und wenn ich das sage, dann darf ich auch sagen, dass ich die moderiert habe. Habe ich da jetzt ein Interessenskonflikt, Herr Scherer?

Scherer: Vielleicht einen immateriellen. Wir hatten das vorne schon mal bei den Partikularinteressen der DEGAM. Irgendeinen immateriellen Interessenskonflikt werden Sie bestimmt haben. Das wäre jetzt Ihre Chance, hier Transparenz zu schaffen.

Nößler: Ich habe tatsächlich ein Slide mit Interessenskonflikten, aber das ist wirklich nur ein Slide und man kann den Text noch lesen. Und dann ist es hiermit so. Also, Nösel hat einen Interessenskonflikt, das soll an dieser Stelle auch nicht weiter schlecht sein, wenn man das benennt. Was bleibt Ihnen, Herr Scherer, von dieser Veranstaltung und der Debatte in Erinnerung?

Scherer: Dass wir nicht nur für künftige Pandemien, überhaupt für künftige größere Krisensituationen eine breite Datengrundlage brauchen, dass wir eine bessere Dateninfrastruktur benötigen, mehr Evidenz, weniger Eminenz. Damit meine ich wirklich auch eine Stärkung der Institutionen, die dafür vorgesehen sind, wie zum Beispiel das IQWiG. Oder schauen Sie, was mit der STIKO gerade passiert.

Nößler: Die wird ja eigentlich gerupft.

Scherer: Richtig. Also mehr Evidenz, weniger Eminenz und überhaupt auch mal den Mut, eine Wertedebatte zu führen und die Bereitschaft, diese Debatte dann nicht ideologisch aufzuladen, wie es der Fall war. Also diese ganzen Gesinnungsthemen: bist du dafür, bist du dagegen, stehst du links, stehst du rechts. Das waren Dinge, die wir meines Erachtens relativ gut, aber auch konstruktiv auf den Punkt bringen konnten.

Nößler: Hat Sie da im Nachgang noch Feedback erreicht? Ist das Gespräch, was das angeht, noch weitergegangen an anderer Stelle, jenseits der Jahrestagung und des Austauschs dort?

Scherer: Wir hatten ein bisschen Schwierigkeiten, politische Vertreter zu bekommen. Wir haben uns aber sehr gefreut, dass Johannes Wagner, Mitglied des Bundestags, da war, dass Jonas Schmidt-Chanasit da war, Eva Hummers. Also da haben wir schon einen guten interdisziplinären Dialog hinbekommen. Und vor allem haben wir auch in der DEGAM einen hoch konsensualen, vorläufigen Schlusspunkt bei dem Pandemie-Thema gesetzt.

Nößler: Das war auch, wenn ich Sie richtig verstehe, so ein bisschen zum inneren Aufarbeiten und inneren Aufräumen innerhalb der DEGAM?

Scherer: Zumindest war uns wichtig, ein Zeitdokument zu schaffen, auf das man bei Bedarf zurückgreifen kann. Und das gesamte Präsidium der DEGAM, die gesamte Fachgesellschaft sich dann auch dahinter versammeln konnte, lag genau daran, dass eben keiner versucht hat, mit seiner jeweiligen Auffassung die Pandemie im Nachhinein zu gewinnen, sondern offen und vorurteilsfrei anzuschauen, was gut war, was man das nächste Mal vielleicht besser machen kann.

Nößler: Es gibt nach wie vor – das wird man nicht überwinden können, ganz abschließend – Denkschulen und zu gewissen Dingen unterschiedliche Auffassungen, die sich dann im Zweifel in wissenschaftlicher Arbeit auch niederschlagen können. Reicht es da einfach, sich irgendwie hinzuhocken, so ein Ding auszuknobeln, das einstimmig zu beschließen? Oder braucht es da nicht eigentlich eine völlig andere Kultur?

Scherer: Zumindest ist es, glaube ich, schon eine Leistung, wenn es gelingt, bei so einem komplexen und kontroversen Thema dann am Ende wirklich etwas hinzukriegen, wo jeder dahinterstehen kann. Wenn Sie mich jetzt fragen, inwiefern ein Papier die Welt verändert, da brauchen wir, glaube ich, noch eine neue Podcast-Serie. Das weiß man vorher nie. Aber das ist nun mal das, was wir machen. Wir schreiben Papiere, wir schreiben Aufsätze, wir schreiben Leitlinien. Klar würde man sich bei vielem, was man so verzapft, mehr Resonanz wünschen. Ich glaube, das ist bei der Ärzte Zeitung nicht anders. Aber, Herr Nößler, Sie werden mir wahrscheinlich zustimmen, dass man das nicht vorhersagen kann.

Nößler: Es gibt auch so einen Spruch: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Aber die Frage mit den Denkschulen und das, was bleibt, die hat einen ganz aktuellen Grund. Und zwar, das werden sicherlich einige mitbekommen haben, die DEGAM hat es ganz sicher mitbekommen, weil es gab von der DEGAM auch eine entsprechende Stellungnahme dazu – ist auch alles in den Shownotes verlinkt – manche haben in der Praxis dieses Schreiben im November bekommen, und zwar sogenannte Warnschreiben, wo das Thema mRNA-Impfstoffe aufgegriffen wurde. Im Prinzip wurde da – um es kurz zu machen – vor DNA-Verunreinigungen gewarnt. Weil die Herstellungsprozesse sich geändert hätten. Und es wurde den Kontrollbehörden – hier in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut – Versagen vorgeworfen. Wie gesagt, DEGAM hat sich seinerzeit von diesem Brief distanziert. Und das Irritierende daran ist auf dem ersten Blick – wenn man die Geschichte länger kennt, dann ist es vielleicht gar nicht mehr so irrigierend –, dass einer der Unterzeichner wirklich lange Zeit aktiv in der deutschen Allgemeinmedizin unterwegs war, Andreas Sönnichsen. Der war 2018 bei der Dreiländertagung in Innsbruck sogar Kongresspräsident. Und jetzt warnt er vor mRNA-Impfstoffen mit anderen. Was geht Ihnen da durch den Kopf, Herr Scherer?

Scherer: Erst mal unabhängig davon, wer das unterschrieben hat, der Hauptgrund dafür, dass die DEGAM sich in der Sache zu Wort gemeldet hat, war, dass hier wirklich eine Irreführung von Hausarztpraxen stattfand. Wir erheben als Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin den Anspruch, die wesentliche Instanz der Wissensvermittlung für die Hausarztpraxen in Deutschland zu sein. Wenn es da durch eine private GmbH hervorgerufene Suggestion eines roten Handbriefes gibt, dann können wir das nicht tolerieren, egal wer es unterschrieben hat. Ebenso wie eine pauschale Verunglimpfung der Corona-Auffrischungsimpfung. Das war der Grund, warum wir uns dann da gemeldet haben.

Nößler: Jetzt ist diese Verunsicherung natürlich in der Welt. Selbst wenn man sich informiert, ja, okay. Jetzt wird aber im Zweifel von interessierten Kreisen, wer auch immer das dann ad personam ist, diese Verunsicherung weiter aufrechterhalten, es dreht sich immer weiter. Ist das ein Thema, Herre Scherer, über das wir tatsächlich im Zweifel noch mal intensiver an anderer Episodenstelle nachdenken müssten?

Scherer: Das können wir natürlich jederzeit gerne machen, Herr Nößler. Die Frage ist nur, ob es dazu so schrecklich viel Neues zu sagen gibt. Die Sache ist so, dass bei Zulassung eines Impfstoffes bestimmte Parameter definiert werden, die der Hersteller vor Freigabe prüfen muss. Und dazu gehört auch die Einhaltung eines DNA-Grenzwertes. Und für die anschließende behördliche Chargenprüfung ist dann festgelegt, welche Grenzwerte allein vom Hersteller zu prüfen sind und welche eben durch Kontrollabbruch geprüft werden müssen. Laut PEI wird der Restgehalt an DNA im Impfstoff vom Hersteller untersucht. Die amtlichen Labore kontrollieren die Testergebnisse anhand der Dokumente. Letztlich, Herr Nößler, läuft alles darauf hinaus, dass es ein etabliertes System gibt, wo Kontrolle dabei ist, Kontrolle von Behörden, Kontrolle des Herstellers. Entweder man vertraut dem System oder man glaubt an eine weltweite Verschwörung.

Nößler: Dann sind wir aber in der Querdenkerecke.

Scherer: Ja. Das heißt natürlich nicht, dass man die Qualitätssicherungsmechanismen nicht ständig verbessern muss und dass man sich da irgendwie zurücklehnen kann. Aber wir haben ein System der Kontrolle. Das gibt es.

Nößler: Gut. Jetzt kann man natürlich berechtigt die Frage stellen: Wie tief muss man in das Thema GMP und GCP und all diese Dinge einsteigen? Und das Thema Chargenfreigabe – ich entnehme Ihren Worten so eine Art Konditional-Cliffhanger. Sollte sich in dieser Angelegenheit die Sache weiterentwickeln, gucken wir uns das an. Und wenn man dazu noch mal ein Besprechungsbedarf hat, dann können wir das ja noch mal aufrufen das Thema. Ich habe heute jedenfalls schon irgendwie wieder zwei Cliffhanger aufgeschrieben, nämlich das das Thema Long-COVID, Post-COVID, wenn es da in Sachen Leitlinien weitergeht. Und das Thema Leitlinienarbeit generell. Frage auch, inwieweit das mit Ehrenamt eigentlich noch zu stemmen ist. Und wenn ich im Moment noch auf die Uhr schaue, Herr Scherer, haben wir schon wieder schlappe 50 Minuten im Kasten. Und ich hätte einen Vorschlag, dass wir vielleicht an der Stelle einfach mal einen Break machen. Dann gönnen wir nämlich uns und vor allem den Hörerinnen und Hörern da draußen eine kleine Silvester- und Neujahrspause. Und wir packen die anderen Themen, die wir vor der Brust haben, einfach in die nächste Episode und teilen den Jahresrückblick in zwei Hälften und machen quasi noch einen Rück- und Ausblick. Was halten Sie davon?

Scherer: Das hört sich wie ein guter Plan an.

Nößler: Ein guter Plan. Dann würde ich sagen, packen wir die Themen Prävention, Früherkennung, Abnehmspritzen, KI und einarmige Studien in die nächste Ausgabe.

Scherer: Vielleicht nicht alle vier. Wir haben jetzt drei geschafft in 50 Minuten. Da müssen wir mal schauen, wie weit wir kommen.

Nößler: Alles klar. Wir nehmen uns die jedenfalls mit. Und dann hören wir uns damit dann am Neujahrstag wieder. Wenn wir aber schon den Jahreswechsel hinter uns haben, Herr Scherer, ist die ganz entscheidende Frage: Was wünschen Sie sich denn mit Blick auf das Jahr 2024? Oder vielleicht anders gestellt: Was wünschen Sie unseren Hörerinnen und Hörern?

Scherer: Wieder mehr Optimismus. Der diesjährige Jahreskongress in Berlin hat es eindrücklich gezeigt. Trotz aller Krisen und Probleme hatten wir wirklich einen positiven Spirit in diesem Kongress. Da waren viele junge Leute, zwar mit völlig berechtigten und ernstzunehmenden Sorgen, aber auch mit frischem Mut. Und diese zuversichtliche Aufbruchstimmung wünsche ich uns allen für das neue Jahr.

Nößler: Es erinnert mich, bei der Jahrestagung gab es eine Kongresszeitung vor Ort mit der Titelzeile: DEGAM jammert nicht.

Scherer: Genau. Wer sich die wohl ausgedacht hat, Herr Nößler.

Nößler: Ich weiß es nicht. Okay. Aber das wäre doch ein schöner Vorsatz, Herr Scherer. In diesem Sinne würde ich sagen: Guten Rutsch für uns alle. Bleiben wir gesund. Und wir hören uns gleich wieder.

Scherer: Ich freue mich darauf. Alles Gute. Tschüss.

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