Pandemierat

Ärzte fordern neue Kennzahl für Corona-Schutzmaßnahmen

Inzidenz und R-Wert bieten keine verlässliche Basis, um das Corona-Pandemiegeschehen einzuschätzen, heißt es in einem neuen Positionspapier des Pandemierats der BÄK. Ein anderer Wert sei aussagekräftiger.

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Hinweis auf COVD-19-Station im Krankenhaus

Um die Coronalage zu bewerten, sollen mehrere Parameter herangezogen werden, fordert der Pandemierat der Bundesärztekammer. Aussagekräftig sei zum Beispiel die Zahl der Patienten, die beatmet werden müssen.

© Robert Michael / dpa-Zentralbild

Berlin. Die Zahl neuer beatmungspflichtiger COVID-19-Intensivpatienten sollte als weiterer Faktor zur Beurteilung von Schutzmaßnahmen herangezogen werden. Der Wert sei aufgrund der Meldepflicht an das DIVI-Intensivregister ein „sehr zuverlässiger Parameter“, um das Pandemiegeschehen zu beurteilen, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Positionspapier des Pandemierats der Bundesärztekammer (BÄK).

Nach den Thesen zu Teststrategien und zum Schutzkonzept für Altenheime ist es das dritte Papier, das das Expertengremium vorgelegt hat.

Inzidenz und R-Wert zu grobes Maß

„Die aktuell verwendeten Parameter bergen zahlreiche Schwächen“, sagte Professor Manfred Dietel, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der BÄK. Kennzahlen wie Inzidenzwert oder R-Wert seien zu grob, um als Grundlage für politische Entscheidungen mit weitreichenden Folgen zu taugen.

So sage die Zahl der Neuinfektionen nichts über die Krankheitslast in der Bevölkerung aus. Problematisch sei auch die große Dunkelziffer, die aufgrund vieler asymptomatischer Verläufe und je nach Zahl und Art der Tests sowie den Möglichkeiten der Kontaktnachverfolgung stark variiere.

Zuvor hatte bereits BÄK-Chef Dr. Klaus Reinhardt gefordert, die Entscheidungen über Öffnungsschritte an weitere Kennzahlen als nur der Inzidenz zu knüpfen. Das vom Bundestag verabschiedete Gesetz zur Fortgeltung der epidemischen Lage sieht ebenfalls vor, außer der Inzidenz noch weitere Kriterien heranzuziehen.

Einsatz von Corona-Tests forcieren

Eine umfänglichere Teststrategie in Ergänzung zur Impfstrategie stelle einen weiteren Baustein in der Pandemie-Bekämpfung dar, stellt der Pandemierat fest. Der Einsatz von Schnell- und Selbsttests solle forciert werden. Dazu seien aber klare Verhaltensweisen zu definieren. So sollten positive Ergebnisse über einen PCR-Test abgesichert sein.

Die Infektionszahlen auf null zu drücken, halten die Experten für unrealistisch. „Wir werden lernen müssen, mit der COVID-19-Erkrankung auch in den nächsten Jahren zu leben“, heißt es im Positionspapier.

Darin wird auch die Gründung eines nationalen Pandemierats vorgeschlagen. Dieser könne Entscheidungen der Politik unabhängig vorbereiten und die Akzeptanz für Anti-Corona-Maßnahmen verbessern.

DIVI: Zahl freier Intensivbetten in etwa konstant

Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) hatte zuvor gemeldet, dass trotz des rückläufigen Trends bei der Zahl der COVID-19-Patienten die Zahl freier Betten auf Intensivstationen in Deutschland seit Jahresbeginn ungefähr konstant geblieben sei.

Im DIVI-Intensivregister sind rund 3700 freie Intensivbetten ausgewiesen (Stand Donnerstag). Rund 2800 COVID-19-Fälle sind noch in Behandlung. Das ist weniger als halb so viel wie zu Jahresbeginn, aber nur etwas weniger als während der Hochphase der ersten Welle im Frühjahr 2020. (hom)

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Kommentare
Dr. Manfred Stapff 07.03.202114:21 Uhr

Wann imer man Kenzahlen verwendet, muss man wissen wofür man sie einsetzen möchte. Dies scheint in der Politik immer noch nicht so klar zu sein.
Wie in der Medizin muß man zwischen Indikatoren des 1) Risikos, 2) der Erkrankung und 3) der Konsequenzen unterscheiden.
1) Als Risiko-Indikatoren können die wohlbekannten 7-Tage Inzidenzen verwendet werden. Diese sind bereits richtigerweise hinsichtlich der Einwohnerzahl normalisiert. Allerdings hat bisher niemand die Bevölkerungsdichte berücksichtigt. Es macht einen riesigen Unterschied, ob 35 Infektionen pro 100000 Einwohner in Berlin (4000 pro km2) oder in Schleswig-Holstein (184 pro km2) gefunden werden. Analog zu Cholesterinwerten in der Medizin sind positive Testergebnisse allerdings nur ein Surrogatparameter. Außerdem müssen sie in Zusammenhang mit der Test- und Meldeintensität gesehen werden. Deshalb ist die Positivrate als Ergänzung hinzuzuziehen.
2) Als für die Erkrankung relevante Maßzahlen können Hospitalisierungen verwendet werden.
3) Die vorgeschlagene Zahl neuer beatmungspflichtiger COVID-19-Intensivpatienten oder der Todesfälle durch Covid-19 beschreiben schließlich die klinisch relevanten Konsequenzen, sind aber als Risikoindikatoren nicht verwendbar, da sie zu sehr von der Demographie und der ärztlichen Versorgung abhängen.
Das alles kann man hier nachlesen:
https://openaccesspub.org/jphi/article/1496

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