Fetale Alkohol Spektrums-Störung
Alkohol in der Schwangerschaft: Strategien gegen fatale Folgen
Experten schätzen, dass jährlich ein Prozent der Neugeborenen in Deutschland mit Schädigungen zur Welt kommt, weil die Mutter während der Schwangerschaft Alkohol getrunken hat. Frühe Aufklärung ist dringend erforderlich.
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Ein Gläschen in Ehren kann fatale Folgen haben. Es gibt keine unbedenkliche Grenze für Alkohol in der Schwangerschaft.
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KÖLN / BERLIN. Die Fetale Alkohol Spektrums-Störung (FASD) ist die häufigste angeborene Störung mit Intelligenzminderung. Jedes Jahr kommen in Deutschland zwischen 3000 und 4000 Kinder zur Welt, die Dunkelziffer ist sehr hoch.
Um die Ärzte und die Öffentlichkeit für das Thema FASD zu sensibilisieren, wollen der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte und der Berufsverband der Frauenärzte mit Unterstützung der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Marlene Mortler, gemeinsam an einem Strang ziehen. Zu einer Auftaktveranstaltung zum Thema FASD kamen in Berlin deshalb hochkarätige Experten aus der Medizin, der Psychologie, Sozialer Arbeit und der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zusammen.
Thema auch für Frauenärzte
Als besonders wichtig sieht es Marlene Mortler an, dass sich neben den Kinderärzten auch die Frauenärzte dem Thema FASD annehmen. "Sie sind es, die die Frauen vor und nach der Geburt betreuen und mit Rat und Tat zur Seite stehen, auch rund ums Thema Alkohol."
Oberstes Ziel aller Maßnahmen ist die frühe Aufklärung. Alle Frauen, die schwanger werden wollen, und alle Schwangeren sollten wissen, dass bereits kleinste Mengen Alkohol ihr Kind lebenslang schädigen können und sie nicht mehr trinken dürfen, sobald sie schwanger sind.
Denn eine Missachtung dieser Vorgabe kann fatal sein: So können als Folge des FASD angeborene Fehlbildungen, geistige Behinderungen, hirnorganische Beeinträchtigungen, Entwicklungsstörungen und extreme Verhaltensauffälligkeiten wie ADHS auftreten.
Da diese Symptome auch bei anderen Krankheiten und auch isoliert auftreten können, müssen viele FASD-Patienten lange Zeit mit Falschdiagnosen leben. FASD sei "dreifach tragisch" für die betroffenen Kinder, erläutert Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte. "Ihre Mütter hätten die Behinderung vollständig vermeiden können durch Verzicht auf Alkohol. Weil die Behinderung nicht immer auf den ersten Blick einzuordnen ist, dauert es oft jahrelang, bis die Betroffenen kompetente Hilfe finden. Und da die Behinderungen so schwer sind, gelingt den meisten FASD-Betroffenen nur selten ein erfülltes und selbständiges Leben."
Menschen mit einer Fetalen Alkohol-Spektrum-Störung sind in der Regel in ihren Alltagskompetenzen erheblich eingeschränkt. Die oft guten sprachlichen Kompetenzen und gewandte Selbstdarstellung dürfen nicht zu hoch bewertet werden; sie führen oft zu Fehleinschätzungen.
Gravierende Informationsdefizite
Das Fetale Alkoholsyndrom ist in Deutschland im Vergleich zu anderen Behinderungen relativ unbekannt. In vielen Ämtern, Behörden und bei den Trägern der freien Wohlfahrtspflege liegen zu wenige Kenntnisse über FASD vor. Dies führt insbesondere an der Schnittstelle zum Sozialrecht regelmäßig zu praktischen Problemen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen, die von diesen Erkrankungen betroffen sind. (Mitarbeit: fuh)
Informationen der Drogenbeauftragten zu Alkoholkonsum in der Schwangerschaft: http://tinyurl.com/ycd86tpz