Schutzausrüstung

BMG hat die Schutzmaterial-Beschaffung teuer ausgelagert

Das Gesundheitsministerium lässt die Beschaffung von Schutzmaterial für knapp zehn Millionen Euro von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young managen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young (EY) beschaffen im Auftrag des BMG Schutzausrüstung und kassieren dafür zehn Millionen Euro.

Die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young (EY) beschaffen im Auftrag des BMG Schutzausrüstung und kassieren dafür zehn Millionen Euro.

© Frank Hoermann / SvenSimon / picture alliance

Berlin. Das Bundesgesundheitsministerium setzt bei der Beschaffung von persönlicher Schutzausrüstung und Beatmungsgeräten auf die Hilfe der Wirtschaftsprüfer der Ernst & Young GmbH (EY). Die Gesellschaft steht derzeit wegen ihrer Tätigkeit für den schwer angeschlagenen Dax-Konzern Wirecard in den Schlagzeilen.

Ernst & Young ist seit dem 7. April im und für das Ministerium tätig. Der Auftrag erfolgte ohne Ausschreibung und gilt bis zum 15. November. Das geht aus der Antwort des Ministeriums auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der Linken im Bundestag hervor, die der „Ärzte Zeitung“ vorliegt (die „WELT“ berichtete zuerst).

BMG: Vergabeordnung deckt das

Nach Auffassung des Ministeriums sei dieser Schritt aufgrund der COVID-19-Pandemie als unvorhersehbares Ereignis von der Vergabeordnung gedeckt. Die Bundesregierung insgesamt hat seit Januar 2015 schon in drei Fällen freihändig Aufträge an Ernst & Young vergeben, heißt es in der Antwort.

„Nicht erst seit dem Wirecard-Skandal stehen große Wirtschaftsprüfer wie Ernst & Young aufgrund ihrer Marktmacht und Interessenkonflikten in der Kritik“, kommentierte der stellvertretende Vorsitzende und finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion, Fabio de Masi, die Antwort aus dem Ministerium am Freitag gegenüber der „Ärzte Zeitung“.

112 Mitarbeiter, 29.000 Stunden

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat bis Ende Juni 112 Mitarbeiter rund 29.000 Stunden lang für das Gesundheitsministerium eingesetzt. Seit dem 15. Mai sei die Gesellschaft mit der Durchführung des operativen Geschäfts der Beschaffung von Schutzausrüstung beauftragt. Das betreffe das Vertragsmanagement, die Rechnungsbegleichung, die Klärung von Leistungsstörungen sowie die Organisation von Qualitätsprüfungs- und Logistikprozessen, schreibt das Ministerium in seiner Antwort. Steuerungs- und Kontroll- sowie administrativ-politische Aufgaben lägen weiter beim Beschaffungsstab des Ministeriums.

Als Etat sind derzeit 9,5 Millionen Euro für Ernst & Young vorgesehen. Das Gesundheitsministerium spricht von Einsparungen von mindestens 550 Millionen Euro bis zum 30. Juni. Insgesamt 308 Unternehmen haben nach Ministeriumsangaben Schutzausrüstung geliefert. Rund 400 weitere sind wegen nicht einzuhaltender Lieferfristen von ihren Verträgen zurückgetreten oder schieden wegen Qualitätsmängeln aus dem Verfahren aus.

Rechnungen bezahlt

Zulieferer beklagen Medienberichten zufolge die Zahlungsmoral des Ministeriums. Das begründet den Zahlungsverzug jetzt mit „logistischen Problemen“, da „rechnungsbegründende Unterlagen“ wie Lieferscheine und TÜV-Protokolle gefehlt hätten. Inzwischen seien alle Rechnungen vollständig oder zumindest teilweise bezahlt worden.

Für die Beschaffung und Verteilung von Gütern im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie hat die Bundesregierung insgesamt bislang 23 weitere externe Dienstleister beauftragt, darunter große Logistikkonzerne, TÜV und Dekra sowie Rechtsanwaltskanzleien.

Linke warnt vor Vetternwirtschaft

Die Vergabe millionenschwerer öffentlicher Aufträge an Beratungsunternehmen dürfe nicht zu Vetternwirtschaft führen, betonte de Masi. Große Aufträge ohne Ausschreibung mögen in der Coronakrise wegen der Defizite im nationalen Katastrophenschutz nachvollziehbar sein, sagte de Masi. Die Bundesregierung sollte aber erläutern, weshalb auch zuvor Aufträge ohne Ausschreibung an vergeben wurden“, so der Linkspolitiker.

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