Hessen

Barmer will Versorgungsplanung abseits von Kreisgrenzen

Sektorengrenzen sind ein Problem, aber auch kommunale Grenzen können eine optimale Gesundheitsversorgung behindern. Die Barmer in Hessen plädiert deshalb für ein Überwinden dieser Hürden.

Christoph BarkewitzVon Christoph Barkewitz Veröffentlicht:
Ein Rettungsassistent in der Rettungsleitstelle im hessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg. Die Barmer plädiert für nur noch drei bis vier Leitstellen in ganz Hessen.

Ein Rettungsassistent in der Rettungsleitstelle im hessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg. Die Barmer plädiert für nur noch drei bis vier Leitstellen in ganz Hessen.

© picture alliance / dpa

WIESBADEN. Auch wenn die Landesvertretung der Barmer die Gesundheitsversorgung in Hessen "grundsätzlich gut aufgestellt" sieht – besser geht bekanntlich immer. Also nutzt die Ersatzkasse mit 780.000 Versicherten im Land die kommende Landtagswahl am 28. Oktober, um klarzustellen, was ihrer Meinung nach besser werden sollte. Dass das Verharren in Sektorengrenzen "eine der größten Schwachstellen" des Gesundheitssystems in Deutschland darstellt, steht für Landesgeschäftsführer Norbert Sudhoff außer Frage. Weil diese Grundsatzfrage aber aus einem Bundesland heraus nicht zu ändern ist, schießt sich Sudhoff zunächst auf das Denken in Kreis- und Gemeindegrenzen in Hessen ein.

Mit mehr als 400 Kommunen, 21 Kreisen und fünf kreisfreien Städten sei die politische Struktur in Hessen sehr kleinteilig, was für eine patienten- und qualitätsorientierte Planung im Gesundheitsbereich aber keinen Sinn mache. Vielmehr fördere dies Über-, Unter- und Fehlversorgung. Hoffnung setzt Sudhoff in das momentan in der parlamentarischen Abstimmung befindliche neue Hessische Krankenhausgesetz: Die darin geregelten, bereits bestehenden sechs regionalen Gesundheitskonferenzen böten erhebliches Potenzial, sofern sie räumlich neu zugeschnitten würden. Es bedürfe einer Gesundheitsversorgung, die sich den Menschen anpasse und nicht an kommunalen Grenzen ende, so Sudhoff.

Die Leistungserbringer sollten sich noch stärker als bisher in regionalen Versorgungsverbünden zusammenschließen, in denen niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser patientenorientiert, interdisziplinär und abgestimmt jenseits sektoraler Vorgaben miteinander arbeiteten. Um vor allem im ländlichen Raum die flächendeckende Versorgung langfristig zu sichern, seien gemeinde- und kreisübergreifende Konzepte erforderlich.

Solcherlei fordert Sudhoff auch in der Notfallversorgung und setzt bereits bei den Leitstellen an. "Mit den an den Kreisen und kreisfreien Städten orientierten Leitstellen leisten wir uns in Hessen ein überdimensioniertes System", glaubt der Landesgeschäftsführer. Maximal drei oder vier im Land gut verteilte und hochleistungsfähige Leitstellen seien angemessen. Ausdrücklich begrüßte er die Einrichtung von Portalpraxen – "aber nicht ohne Triage". Dass Notaufnahme der Kliniken und Ärztlicher Bereitschaftsdienst räumlich in Hessen nicht immer zusammengefasst seien, sei nicht sinnvoll.

Die kommunalen Grenzen treiben Sudhoff auch bei der stationären Versorgung um. Mehr als 120 Krankenhäuser stellten derzeit die Versorgung in Hessen sicher. Diese Zahl sage aber nichts aus über die Qualität dieser Häuser: Mindestmengen bei bestimmten planbaren Eingriffen führten nachweislich zu einer besseren Versorgung. "Entfernungen oder kommunale Grenzen spielen bei solchen Eingriffen keine Rolle, wenn die Qualität stimmt", meint Sudhoff. Im Übrigen stünde Hessen mit einer Investitionsquote von vier Prozent für seine Krankenhäuser im Ländervergleich noch verhältnismäßig gut da – den Investitionsbedarf decke dieser Satz aber bei Weitem nicht.

Obwohl nach Sudhoffs Worten noch nie so viele Ärzte in der ambulanten Versorgung in Hessen tätig seien wie heute, gebe es vor allem im ländlichen Raum Probleme. Die Ärzte seien regional unterschiedlich verteilt, was zu Über-, Unter- und Fehlversorgung führe. Wichtige Maßnahmen seien deshalb die im "Hessen-Pakt" vereinbarten Förderprogramme und Anreizsysteme zur Niederlassung. Die schon genannten regionalen Versorgungsverbünde könnten darüber hinaus genauso helfen wie MVZ und Eigeneinrichtungen der KV.

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