Bei guter Schulung können Arzneien besser eingesetzt werden

Das Bundesgesundheits- ministerium fördert ein Projekt, das die Arzneisicherheit in Alten- und Pflegeheimen verbessern soll.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Gut fortgebildet, lassen sich viele Probleme mit Arzneiunverträglichkeiten vermeiden. © imago

Gut fortgebildet, lassen sich viele Probleme mit Arzneiunverträglichkeiten vermeiden. © imago

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WITTEN. Die gezielte Schulung von Ärzten, Pflegenden und Apothekern kann helfen, Zahl und Ausmaß unerwünschter Arzneimittelereignisse in Alten- und Pflegeheimen zu senken. Das wollen Forscher in einem vom Bundesgesundheitsministerium geförderten Verbundprojekt zeigen.

Beteiligt am Projekt "Arzneimitteltherapiesicherheit in Alten- und Pflegeheimen" sind das Interdisziplinäre Zentrum für Versorgungsforschung an der Universität Witten/Herdecke (UWH), der Lehrstuhl für Klinische Pharmazie an der Universität Bonn und das Kölner Unternehmen GeroPharmCare. Die Untersuchung umfasst die Dokumentation und Analyse von arzneimittelbezogenen Problemen und klinisch relevanten unerwünschten Arzneimittelereignissen bei Heimbewohnern, die Entwicklung von Interventionsstrategien und eine Machbarkeitsstudie. "Nach der Intervention wollen wir die Ergebnisse messen", sagte Pharmazeut Frank Hanke, Geschäftsführer von GeroPharmCare, beim 5. "Tag der Forschung in der Hausarztpraxis" an der UWH.

Die Erhebungsphase ist abgeschlossen. Einbezogen waren 772 Bewohner aus elf stationären Alteneinrichtungen. "Ein Heim wird durchschnittlich von neun Hausärzten, 15 Fachärzten und zwei Apotheken versorgt", berichtete Hanke. In einem Erhebungsmonat registrierten die Forscher 1367 arzneimittelbezogene Probleme bei 264 Heimbewohnern. Pro Heimbewohner und Monat identifizierten sie durchschnittlich sieben Probleme in der Anwendung, der Lagerung, dem Dispensieren und der Dokumentation der Arzneimittel.

Der überwiegende Teil der festgestellten Probleme blieb nach Angaben Hankes zwar ohne Folgen für die Patienten. In 81 Fällen (5,9 Prozent) kam es aber zu einem vorübergehenden Schaden, der bei den betroffenen Patienten eine ärztliche Behandlung nötig machte. 21 (1,5 Prozent) Probleme zogen eine stationäre Behandlung der Bewohner nach sich und in zwei Fällen (0,1 Prozent) führte das Problem zu einer dauerhaften Schädigung des Patienten. Bei drei Heimbewohnern war eine verstärkte Beobachtung nötig.

"Es gibt in den Heimen mehr arzneimittelbezogene Probleme, als wir erwartet hatten", sagte Hanke. Insgesamt stellten die Forscher 107 arzneimittelassoziierte Erkrankungen fest. 66 von ihnen wurden im Expertenkonsens als potentiell vermeidbar eingestuft, acht als potentiell verminderbar. "Das lässt für die Intervention hoffen."

Die Wissenschaftler haben spezielle Fortbildungen entwickelt, damit die betreuenden Ärzte unerwünschte Arzneimittelereignisse besser erkennen und einordnen können, berichtete Dr. Marcus Redaèlli vom Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin der Universität Witten-Herdecke. "Wir wollen die Sensibilität für die jeweilige Situation steigern."

Im Zentrum der Fortbildung stehen konkrete Fälle. Zur Unterstützung ihrer Arbeit erhalten die Ärzte laminierte Karten, die auf einen Blick nützliche Informationen geben: Hinweise auf mögliche Arzneimittelunverträglichkeiten - mit der Gegenüberstellung von Symptom und verdächtigem Arzneimittel - und Medikamente mit einem hohen Nebenwirkungsrisiko. Auch die Pflegefachkräfte und Apotheker werden geriatrisch-pharmakologisch geschult.

Geschulte Apotheker und Pflegefachkräfte bilden Teams für die Wohnbereiche. Sie überprüfen regelmäßig die Medikation und informieren die Hausärzte, denen sie die gesamte Dokumentation vorlegen. "Es geht auch darum, die Kommunikation zu verbessern", sagte Redaèlli. Das Projekt läuft noch bis Juni 2010.

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