Demenz

Beratung soll Angehörige entlasten

Leidet ein Angehöriger an Demenz, hat das Auswirkungen auf das Familienleben. In Nordrhein-Westfalen wurde jetzt der Einsatz speziell ausgebildeter Gesundheitsberater erprobt.

Von Jonas Tauber Veröffentlicht:
Fotos gucken kann helfen, das Erinnerungsvermögen von Demenzpatienten zu testen. Bei der Betreuung zuhause ist Hilfe willkommen.

Fotos gucken kann helfen, das Erinnerungsvermögen von Demenzpatienten zu testen. Bei der Betreuung zuhause ist Hilfe willkommen.

© Gina Sanders / fotolia.com

KÖLN. Geschulte Gesundheitsberater können Familien entscheidend entlasten, die erstmals mit der Diagnose Demenz für einen Angehörigen konfrontiert sind.

Das ist ein wesentliches Ergebnis des Modellprojekts "Entlastungsprogramm bei Demenz II" (EDe II). Die Projektbeteiligten fordern, dass die zugehende Fachberatung als zentrales und steuerndes Element anerkannt und von den Pflegekassen finanziert wird.

Geschulte Gesundheitsberaterinnen besuchten für EDe II über 100 Familien aus dem Kreis Minden-Lübbecke mit einem demenzerkrankten Angehörigen der Pflegestufe 0 in den eigenen vier Wänden.

In der ersten Projektphase EDe I von 2006 bis 2009 waren rund 300 Familien mit einem Erkrankten der Pflegestufen eins bis drei beraten worden. Ziel des Projekts waren Vorschläge für die Weiterentwicklung der Pflegeversicherung.

Es wurde vom GKV-Spitzenverband finanziert, Träger war PariSozial Minden-Lübbecke, ein zum Paritätischen Wohlfahrtsverband NRW gehörender Dienstleister.

Berater hören zu und bieten Hilfe an

"Eine zentrale Erleichterung für die Angehörigen war, dass sie endlich mit einer qualifizierten Person über die Krankheit und den Umgang mit ihr sprechen konnten", berichtet Ursula Laag über Erfahrungen aus EDe II.

Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung (dip) an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Köln.

Betroffene Angehörige brauchen demnach einen angeleiteten Dialog über die Erkrankung, weil sie dazu neigen, sie innerhalb der Familie und im sozialen Umfeld zu tabuisieren.

Damit die zugehende Beratung funktioniert, müssen qualifizierte Pflegefachkräfte sie übernehmen, sagt Laag. Außerdem habe sich bewährt, dass sich die Beraterinnen über Fallkonferenzen und Gespräche mit Supervisoren ständig weiterbilden, sagt sie.

In den Fallkonferenzen konnten sie Schwierigkeiten ansprechen und Lösungsvorschläge von Kolleginnen einholen. Bei persönlichen Belastungen standen Supervisoren für ein Gespräch bereit.

Hilfebedarf wird genau ermittelt

Die Betroffenen und ihre Familien forderten bei der Beratung vor allem Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags ein. Die Beraterinnen sprachen mit ihnen über Entwicklung und Folgen der Krankheit und gaben Tipps für den Umgang mit konkreten Problemen.

Außerdem ermittelten sie den Bedarf an unterstützenden Maßnahmen und klärten über vorhandene Angebote wie Tagespflege für Betroffene oder Schulungen für pflegende Angehörige auf.

Der Zugang zur Zielgruppe gestaltete sich nach Angaben von Laag schwierig, weil Betroffene und Angehörige in frühen Krankheitsphasen oft Scheu davor haben, öffentlich über die Krankheit zu sprechen.

Dazu kommt, dass sie die zuständigen Ansprechpartner selten kennen. Rund ein Drittel der Teilnehmer kam über die Vermittlung von Medizinern zu EDe II.

"Einige Ärzte haben mit Patienten, bei denen es Hinweise auf Demenz gab, einen Diagnostiktermin vereinbart und das mit uns koordiniert, so dass wir eine unserer Beraterinnen hinschicken konnten", sagt Laag.

Bei der Diagnose Demenz konnte die Beraterin direkt im Anschluss ein erstes Gespräch anbieten.

Neben der zugehenden Fachberatung als Regelleistung für Demenzerkrankte fordern dip und PariSozial, dass die vom Sozialgesetzbuch vorgesehenen Leistungen für Demenzerkrankte und Betroffene zu einer "Programmleistung Demenz" gebündelt werden.

"Im Moment ist es so, dass die Leistungen unverbunden neben einander stehen", sagt Laag. Viele Angehörige wüssten deshalb nicht, was ihnen zusteht.

www.projekt-ede.de

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Unerledigte Hausaufgaben

Jetzt abonnieren
Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Gesetzgebungsvorhaben des BMG

Was das Gesundheitsministerium plant – und was es liegenlässt

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Netzwerk-Metaanalyse von 139 Studien

Gonarthrose: Viele Optionen, doch nur wenige funktionieren

Chronisches Kreuzweh

Studie: Rauchen lässt den Rücken schmerzen

Lesetipps
Schwindel kann viele unterschiedliche Ursachen haben. Mit den richtigen Fragen kommt man aber zur richtigen Diagnose.

© Andrey Popov / stock.adobe.com

BAM-Kongress 2025

Schwindel in der Hausarztpraxis: Fünf Fragen zur Ursachenfindung

Prophylaktische Maßnahmen sind der beste Weg, um Infektionen bei Krebspatientinnen und -patienten zu verhindern. Während und nach ihrer Chemotherapie sind sie dafür besonders anfällig. (Symbolbild)

© RFBSIP / stock.adobe.com

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie die Infektionsprophylaxe bei Krebspatienten gelingt

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung