Bremen plant Obduktionspflicht bei Kindern

BREMEN (cben). Bremen will als erstes Bundesland die Obduktionspflicht bei Kindern einführen, um potenzielle Kindesmisshandler abzuschrecken. An den Plänen scheiden sich die Geister.

Veröffentlicht:

Die Obduktion soll dazu dienen, eventuelle Kindesmisshandlungen zu erkennen und aufzuklären. Man verspreche sich zudem eine abschreckende Wirkung auf potenzielle Täter, hieß es aus dem Gesundheitsressort. Betroffen sind alle Kinder unter sechs Jahren, die ohne Vorerkrankungen oder äußere Zeichen von Verletzung tot aufgefunden werden. Auslöser war der gewaltsame Tod des Jungen Kevin im Jahr 2006 (wir berichteten).

Der Bremer Landesverband des Kinderschutzbundes kritisierte die Pläne. Die Angehörigen gestorbener Kinder würden unter Generalverdacht gestellt, so Andreas Bröcher, Geschäftsführer des Bundes in Bremen. "Das ist eine Aushebelung des Einverständnisses der Eltern." Die Eltern seien ohnedies traumatisiert, eine Pflichtobduktion sei unvertretbar.

Die Deutsche Kinderhilfe dagegen unterstützt die Bremer Pläne. Wenn die Obduktion "zum Standard geworden ist und den Eltern entsprechend vermittelt wird, handelt es sich weder um eine Stigmatisierung noch einen Generalverdacht", teilte der Bund mit. "Rechtsmediziner sind schlichtweg besser qualifiziert, die Todesursache bei Kindern exakt festzustellen." Zurzeit stellten Pädiater und häufig Notärzte aufgrund der belastenden Situation mit trauernden Eltern zu leichtfertig Totenscheine aus, ohne die pädiatrischen Besonderheiten - etwa bei Schütteltraumata - zu beachten, hieß es.

Auch Dr. Stefan Trapp, Chef des Bremer Landesverbandes der Kinder- und Jugendärzte, hält die Obduktionspflicht für richtig. "Wenn das Kind Wochen oder Monate beerdigt ist, dann kommen den Eltern oft Zweifel, und sie fragen sich, woran ihr Kind gestorben ist", sagt Trapp, "da hätte eine Obduktion die Zweifel ausgeräumt." Zugleich helfe die Obduktionspflicht den Ärzten. Die Eltern seien traumatisiert und wollten in Ruhe gelassen werden, "und sie wollen dass man auch ihr Kind in Ruhe lässt", sagt Trapp, "für uns ist es dann einfacher, auf die Obduktionspflicht zu verweisen, als Eltern gegen ihren Willen zur Obduktion zu drängen." Laut Statistischem Landesamt starben im Jahr 2008 37 Kinder unter sechs Jahren, vier von ihnen am plötzlichen Kindstod oder an einer unbekannten Ursache.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Ein harter, aber richtiger Schritt

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Täuschung im Internet

Diabetes-Verbände warnen vor dubiosen Online-Angeboten

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Urologen-Kongress

Prostatakrebs: Welche Neuerungen es in der Leitlinie gibt

Lesetipps
Ein junger Mann hält sich die Hände auf die Brust.

© underdogstudios / Fotolia

Inflammatorisches myoperikardiales Syndrom

Myokarditis und Perikarditis: Das empfiehlt die neue ESC-Leitlinie