Finanzielle Nachhaltigkeit nicht berücksichtigt

Bundesrechnungshof: Spahn-Gesetze ohne Blick auf Generationengerechtigkeit

Der Rechnungshof moniert in einem Bericht an den Haushaltsausschuss die mangelhafte Abschätzung von Gesetzesfolgen durch das BMG. Leidtragende: die GKV-Beitragszahler.

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Der Bundesrechnungshof rügt, das Bundesgesundheitsministerium habe die nachhaltige Gegenfinanzierung von Gesetzesfolgen nicht ausreichend beachtet.

Der Bundesrechnungshof rügt, das Bundesgesundheitsministerium habe die nachhaltige Gegenfinanzierung von Gesetzesfolgen nicht ausreichend beachtet.

© K.-U. Häßler - stock.adobe.com

Berlin. Der Bundesrechnungshof (BRH) wirft dem Bundesgesundheitsministerium vor, bei zwei Gesetzen die finanzielle Nachhaltigkeit nicht oder unzureichend berücksichtigt zu haben. In einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags monieren die Rechnungsprüfer das GKV-Versichertenentlastungsgesetz (VEG) aus dem Jahr 2018 und das ein Jahr später verabschiedete GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz. Beide Gesetze gingen mit Belastungen des Bundeshaushalts in Höhe von rund fünf Milliarden Euro pro Jahr einher.

Der Rechnungshof kritisiert in seinem Bericht mangelhafte Gesetzesfolgeabschätzungen unter der Ägide des früheren Ressortchefs Jens Spahn (CDU). Sein Haus wäre verpflichtet gewesen, die Nachhaltigkeit dieser Vorlagen unter anderem im Hinblick auf die demografische Entwicklung und die Generationengerechtigkeit zu überprüfen.

Liquiditätsreserve muss zur Finanzierung herhalten

Mit dem VEG wurde unter anderem die paritätische Finanzierung des Zusatzbeitrags wieder eingeführt sowie die Mindestbemessungsgrundlage für Selbstständige in der GKV gesenkt. Das Gesetz sei unter Berücksichtigung der Managementregeln der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie geprüft worden, „seine Wirkung entspricht einer nachhaltigen Entwicklung“, hieß es im Gesetzentwurf von September 2018.

Das sieht der Rechnungshof anders. Mit dem Betriebsrentengesetz wurde ab 2020 ein monatlicher Freibetrag für Betriebsrenten in Höhe von 159,25 Euro eingeführt. Die so erreichte Entlastung für Betriebsrentner wird im Gesetzentwurf mit 1,2 Milliarden Euro jährlich angegeben. Die Mindereinnahmen der GKV werden - in jährlich abnehmender Höhe - aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds finanziert.

Der Rechnungshof wirft dem BMG vor, bei der Erstellung der Gesetzentwürfe die Beteiligungsfristen für betroffene Bundesministerien stark verkürzt zu haben, so dass ausgearbeitete Stellungnahmen nicht möglich gewesen seien. Unzufrieden zeigt sich der BRH auch mit der Gesetzesfolgenabschätzung. Dort fehlten Angaben zu langfristigen Auswirkungen der Gesetze, beispielsweise zu unbeabsichtigten Nebenwirkungen oder möglichen Zielkonflikten.

„Gegenfinanzierung aus Steuermitteln sicherstellen“

Bei der Anhörung zum Betriebsrentengesetz ließ es die Stellungnahme des GKV-Spitzenverbands nicht an Deutlichkeit fehlen: Das vorgesehene Instrument der Entlastung sowie die Höhe der Gegenfinanzierung wurden als „nicht sachgerecht“ kritisiert. „Da Zielsetzung des Gesetzgebers die Steigerung der Attraktivität der betrieblichen Altersvorsorge ist, handelt es sich um eine krankenversicherungsfremde Maßnahme. Die Gegenfinanzierung ist daher aus Steuermitteln sicherzustellen“, stellte der GKV-Spitzenverband im November 2019 fest.

Das sehen auch die Rechnungsprüfer in ihrem Bericht so: „Das BMG sah vorrangig Entlastungen der gegenwärtigen Beitragszahler und sowie Betriebsrentner vor, ohne die dabei zugleich verursachten zukünftigen Belastungen des GKV-Systems aufzuzeigen“, heißt es darin. (fst/hom)

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