Kommentar

Die Kandidaten und die Solidarität

Von Claudia Pieper Veröffentlicht:

Die Gesundheitsreformpläne von Barack Obama und John McCain haben nicht viel gemeinsam. Schon Obamas Oberziel, allen Landsleuten eine Krankenversicherung zu verschaffen, wird von McCain nicht geteilt. Er hat wissen lassen, dass er "nicht von jedem Amerikaner verlangen wird, sich gegen Krankheit zu versichern" und eine Krankenversicherung etwa mit einem Hauskauf verglichen, welcher seiner Meinung nach ebenfalls im Ermessen des einzelnen Bürgers liegen sollte. Dass es aber für Millionen seiner Landsleute eine andere Dimension hat, ohne Versicherung ernstlich zu erkranken als zum Beispiel zur Miete zu wohnen, scheint McCain nicht einzuleuchten.

Obama sieht eine soziale Verantwortung

Obamas Plan, der außer dem Einzelnen auch Arbeitgeber und Versicherungen in die Pflicht nehmen will, macht deutlich, dass er eine adäquate Gesundheitsversorgung für alle als soziale Verantwortung ansieht. Für McCain liegt dagegen die Krankenversicherung ganz im individuellen Verantwortungskreis. Seine Vision ist, dass der Einzelne als kosten- und qualitätsbewusster "Gesundheitskonsument" mit Versicherungen sowie Leistungsanbietern die besten "Deals" aushandelt. McCain verkennt aber auch hier, dass der Einzelne - insbesondere im Fall einer ernsten Erkrankung - schnell an intellektuelle, emotionale und finanzielle Grenzen stößt.

Dass in McCains Reformvision jeder auf sich gestellt sein soll, ist beängstigend. Schon heute sind Hunderttausende von US-Amerikanern nicht in der Lage, auf dem individuellen Versicherungsmarkt eine erschwingliche Versicherung zu finden, weil sie oder einer ihrer Angehörigen zu hohe Gesundheitsrisiken tragen. Von einem solchen Szenario sind in den USA die geschützt, die sich über ihren Arbeitgeber in einem "Risk Pool" befinden, wo sich gute und schlechte Risiken ausgleichen. Genau diese Pools stellt McCain infrage, indem er ihre steuerlichen Vorteile aufheben will.

Solidarität bei McCain ohne Chance?

Zwar hat das arbeitgeberabhängige System ohne Zweifel Nachteile - so zum Beispiel den potenziellen Verlust der Versicherung bei einem Arbeitsplatzwechsel. Dennoch ist in dem jetzigen System zumindest der Solidargedanke verankert. Unter Obama würde dieser gestärkt, unter McCain dagegen weitgehend eliminiert. McCains Reform würde unweigerlich ein Anschwellen sogenannter "High Risk Pools" mit sich bringen, in denen solche Zuflucht suchen müssten, die von privaten Versicherungen abgelehnt würden. Die Folge: eine Zweiklassengesellschaft von Glücklichen, die als "versicherungswürdig" befunden werden und weniger Glücklichen, die sich in Auffangbecken für Versicherungs-"Unwürdige" wiederfinden. Kein angenehmes Szenario!

Lesen Sie dazu auch: High Noon für Amerikas Gesundheitspolitik

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