Investitionsstau

Dunkle Wolken über NRW-Kliniklandschaft

Kliniken in Nordrhein-Westfalen fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Der Investitionsstau wächst, die bereitgestellten Mittel reichen nicht aus. Selbst rentable Kliniken fürchten, in die Überschuldung zu geraten.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

KÖLN. Angesichts der seit vielen Jahren nicht auskömmlichen Investitionsfinanzierung in Nordrhein-Westfalen geraten auch Kliniken, die schwarze Zahlen schreiben, schnell an den Rand der Überschuldung, sobald sie umfassende Neubaumaßnahmen finanzieren müssen. Das hat der Geschäftsführer des Klinikums Dortmund, Rudolf Mintrop, in einer Stellungnahme für eine Anhörung im Gesundheitsausschuss des Düsseldorfer Landtags am Beispiel seines eigenen Hauses deutlich gemacht.

Die Überforderung durch dringend notwendige Neubauten betreffe die Mehrzahl der Kliniken in NRW, betont Mintrop. "Nach einer so langen Durststrecke unzureichender Fördermittel in NRW schieben die Kliniken einen gewaltigen Investitionsstau vor sich her, der – je länger er dauert, desto mehr – die Versorgung der Bevölkerung gefährden wird."

Er begrüßte, dass die schwarz-gelbe Landesregierung zusätzliche Finanzmittel vorsieht – 250 Millionen Euro für 2017 und 600 Millionen Euro für die Jahre 2018 bis 2021. "Wir werden allerdings schnell erleben, dass die Summe viel zu klein ist."

Grundlegender Änderungsbedarf

Anlass für die Anhörung war ein Antrag der SPD-Fraktion, in dem sie eine grundlegende Überarbeitung des Finanzierungssystems für die Krankenhausinvestitionen fordert. Die SPD-Politiker schlagen unter anderem ein Investitionsprogramm mit Mitteln der landeseigenen NRW-Bank vor. Vorbild soll das Programm "Gute Schule 2020" sein, in das zwei Milliarden Euro fließen. Beim Pendant für die Krankenhäuser soll ausschließlich das Land die Mittel für Zinsen und Tilgung tragen, um die Kommunen zu entlasten, so die SPD.

Eine solche Entlastung ist nach Ansicht der kommunalen Spitzenverbände auch dringend nötig. Sie appellieren an das Land, die Krankenhausfördermittel erheblich aufzustocken und gleichzeitig damit zu beginnen, den Anteil der Kommunen deutlich zu vermindern. Er liegt zurzeit bei 40 Prozent. "Die von den Krankenhäusern benötigten Investitionsfördermittel müssen allein vom Land finanziert werden", fordern die Spitzenverbände in ihrer Stellungnahme.

Die Landeskrankenhausgesellschaft (KGNW) begrüßt das vorgeschlagene Investitionsprogramm. Es "würde einen Investitionsschub in den Krankenhäusern auslösen und dazu beitragen, den bestehenden Investitionsstau in Höhe von 12,5 Milliarden Euro zumindest teilweise abzubauen". Darüber hinaus plädiert die KGNW für eine Anhebung der jährlichen Investitionsförderung von 500 Millionen Euro auf 1,5 Milliarden Euro.

"Ohne die kontinuierliche Bereitstellung von Investitionsmitteln in Höhe des jährlichen Investitionsbedarfs wächst der Investitionsstau ansonsten weiter an", führt die Kliniklobby aus.

"Dringend geboten"

Auch der Ersatzkassenverband vdek und die AOK Rheinland/Hamburg halten eine Erhöhung der Fördersummen für "dringend geboten", wie sie in einer gemeinsamen Stellungnahme betonen. Notwendig sei dabei ein zielgerichteter Mitteleinsatz.

"Es dürfen ausschließlich Maßnahmen gefördert werden, die auch für die Zukunft als bedarfsnotwendig angesehen werden." Aus Sicht der Kassen sollte bei Investitionsentscheidungen das Ziel einer Konzentration der Krankenhausversorgung immer mitgedacht werden.

Gleichzeitig betonen Ersatzkassen und AOK Rheinland/Hamburg, dass aus ihrer Sicht die Investitionsförderung nicht losgelöst von der Krankenhausplanung betrachtet werden kann. "Ein Vorschlag zur strukturellen Verbesserung der bisherigen Finanzierung muss sich zwingend auch mit der Krankenhausplanung befassen."

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