Vor der Präsidenten-Stichwahl

Frankreichs Ärzte unterstützen Macron

Am Sonntag entscheidet sich in Frankreich, wer künftig das Amt des Präsidenten bekleiden wird. Amtsinhaber Macron genießt in der Ärzteschaft große Sympathie, sehr viel weniger aber unter den Pflegekräften. Vor Rechtspopulistin Le Pen warnen die Ärzte.

Denis Durand de BousingenVon Denis Durand de Bousingen Veröffentlicht:
Am Sonntag entscheiden die Franzosen, ob Emmanuel Macron ihr Präsident bleibt oder Marine Le Pen in den Élysée-Palast einzieht.

Am Sonntag entscheiden die Franzosen, ob Emmanuel Macron ihr Präsident bleibt oder Marine Le Pen in den Élysée-Palast einzieht.

© Bob Edme/dpa

Paris. Auch wenn alle Umfragen und Meinungsforscher einen Sieg von Emmanuels Macron bei der Stichwahl am kommenden Sonntag (24. April) vorhersagen, fürchten sich viele Ärzte doch vor einem eventuellen Erfolg der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen. Er wird für nicht ganz ausgeschlossen gehalten. Deshalb rufen seit Tagen Ärzte die Bevölkerung dazu auf, am Sonntag ein klares Zeichen gegen Rechtsradikalismus zu setzen.

Le Pens „Rassemblement National (RN)“ ist es trotz jahrelanger Bemühungen nicht gelungen, Fuß in der Ärzteschaft zu fassen. Zwar gehören der Partei auch einige Ärzte an, die als gesundheitspolitische Sprecher in Erscheinung treten oder für die Partei in verschiedenen Parlamenten sitzen, aber insgesamt ist der RN bei Ärzten wenig beliebt.

Umfragen, die kurz vor dem ersten Wahlgang unter Ärzten gemacht wurden, zeigten, dass nur vier Prozent Le Pen ihre Stimme geben wollten. Insgesamt kam Le Pen bei der Wahl auf 23 Prozent. In derselben Umfrage hatten 80 Prozent der befragten Ärzte angegeben, dass sie bei einer Stichwahl für Macron stimmen würden.

Macrons Eltern waren Ärzte

In der Ärzteschaft ist Macron, selbst Sohn eines Neurologen und einer Amtsärztin, besonders populär. Gut jeder zweite Arzt, darunter 48 Prozent der niedergelassenen und 53 Prozent der Krankenhausärzte, haben ihn am 10. April schon gewählt.

Der Stimmenanteil war damit doppelt so hoch wie im Querschnitt der Bevölkerung. Gleichzeitig mussten die traditionellen bürgerlichen Parteien, die Grünen und vor allem alle Linksparteien in der Ärzteschaft besonders schlechte Wahlergebnisse hinnehmen.

Da viele Ärzte trotz der Umfragen, die mit 52 bis 55 Prozent der Stimmen am kommenden Sonntag Macron vorne sehen, Angst vor einem Sieg Le Pens haben, machen sie aktiv für den Amtsinhaber Werbung. So haben Ärzteverbände und -vereine, aber auch einige Dutzend führende Medizinforscher, einschließlich dreier Nobelpreisträger, Manifeste und Appelle veröffentlicht, um die Franzosen vor Le Pen zu warnen. In diesen Texten geht es zwar vor allem um die Gefahren ihres Sieges für die Demokratie, den sozialen Frieden und die Meinungsfreiheit in Frankreich, doch werden auch Gesundheitsthemen genannt.

So erinnert der größte Verband der Praktischen Ärzte, MG France, daran, dass Marine Le Pen sich mehrmals während der Coronakrise auf die Seite der radikalsten Querdenker gestellt hat. 2020 unterstützte sie den hoch umstrittenen Marseiller Professor Didier Raoult, der Patienten mit Hydroxychloroquin behandeln wollte. Später forderte sie den Import des russischen Impfstoffes „Sputnik“ nach Frankreich, woran Macron jetzt auch gern erinnert.

Le Pen will Versorgung von Flüchtlingen radikal einschränken

Obwohl ein Großteil des Gesundheitsprogramms von Le Pen völlig harmlos wirkt, wie zum Beispiel die Weiterentwicklung der Telemedizin oder die Förderung von Praxisgründungen in unterversorgten Gebieten, sind einige ihrer Vorschläge vielen Ärzten ein Dorn im Auge.

So plant der RN die kostenlose „staatliche medizinische Hilfe“ für unversicherte Ausländer drastisch zu reduzieren, vor allem um den sogenannten Medizintourismus nach Frankreich zu stoppen. So sollen unregistrierte Migranten und Ausländer, die weniger als fünf Jahre in Frankreich leben, fast nur noch bei akuter Lebensgefahr kostenlos medizinisch behandelt werden dürfen.

Ärzteverbände, die die Appelle unterschrieben haben, halten diese Vorschläge nicht nur für unethisch, sondern auch für gefährlich. Wenn kranke Menschen nicht behandelt würden, würde sich ihr Zustand nicht nur verschlechtern, sondern sie könnten auch andere Personen gefährden. Besonders im Fall von ansteckenden Krankheiten, heißt es.

Aus diesen Gründen würde eine solche Gesundheitspolitik schnell zu höheren Kosten führen. Dabei seien die Ausgaben für die Behandlungen von Migranten und Flüchtlingen anders als von Le Pen behauptet, eher niedrig. Der Anteil beträgt 0,35 Prozent an den gesamten Gesundheitsausgaben.

Sparkurs im Krankenhauswesen hat Macron Sympathien gekostet

Dass jeder zweite Arzt Macron klar unterstützt, liegt nicht nur an seiner Gesundheitspolitik. Ärzte, so wie viele andere Freiberufler und Angehörige der oberen Mittelschicht, haben von seiner Politik durchaus profitiert. Deutlich weniger beliebt ist der amtierende Präsident bei Pflegekräften und anderen Krankenhausbeschäftigten.

Viele sind verärgert über seinen harten Sparkurs vor allem im Krankenhauswesen. Aber auch seine Wirtschafts- und Sozialpolitik kommt bei ihnen nicht gut an. Zudem halten sie seinen Führungsstil für arrogant und volksfern. Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass diese Bevölkerungsgruppen Sympathien für Marine Le Pen hegen. Viele werden aber nur Macron wählen, weil es für sie keine bessere Alternative gibt.

Schlagworte:
Mehr zum Thema

National Cancer Patient Survey

Großbritannien: Zu wenig Zeit für Krebspatienten

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Koordinierende Versorgung als Ziel

Long-COVID-Richtlinie in Kraft - jetzt fehlt noch die Vergütung

Lesetipps
128. Deutscher Ärztetag in der Mainzer Rheingoldhalle:  Mephisto vertritt Leipzig.

© Rolf Schulten

Fotogalerie

Der 128. Deutsche Ärztetag in Bildern