Abtreibung

Gesetz verlangt Beerdigung von Föten

Abtreibungspraxen in Texas müssen künftig auch Begräbnisse organisieren. Der ewige Streit zwischen "Pro Life" und "Pro Choice" Lagern geht dort in die nächste Runde.

Veröffentlicht:

AUSTIN. Der Weg zu einer Abtreibungsklinik ist für Frauen im konservativen Texas schon bisher kein leichter. Oft müssen sie sehr weite Strecken fahren und Wochen auf einen Termin warten. Bald wird es für sie emotional wie finanziell noch schwerer. Denn von diesem Montag an gilt in dem Südstaat ein neues Gesetz: Jeder in einer Klinik oder Praxis abgetriebene Fötus, egal wie weit entwickelt, muss dann begraben oder im Krematorium verbrannt werden. Dasselbe gilt für Föten nach Fehlgeburten in einer solchen Institution.

Der Streit zwischen Abtreibungsgegnern und -befürworten - "Pro Life" gegen "Pro Choice" - wird in den USA seit vielen Jahren mit Vehemenz geführt. Nach dem Wahlsieg der sozialkonservativen Republikaner gewinnt er vielerorts erneut an Fahrt, obwohl das Recht auf Abtreibung in den USA gesetzlich garantiert ist. Doch viele konservative Staaten finden Wege, dieses nationale Recht mit eigenen Gesetzen immer wieder zu perforieren. Texas schreitet dabei gerne voran - in diesem Fall geht es offiziell darum, die öffentliche Gesundheit und Sicherheit zu wahren.

In öffentlichen Statements der Befürworter steht dieser Aspekt allerdings nicht im Vordergrund. "Ich glaube nicht, dass sterbliche Überreste von Embryonen wie medizinischer Abfall behandelt und auf Mülldeponien landen sollten", sagte der republikanische Gouverneur Greg Abbott in der "New York Times".

David Brown vom Center for Reproductive Rights in Texas hält auf dem Portal Vox.com dagegen: "Eine Frau zu zwingen, nach einem Schwangerschaftsabbruch oder einer Fehlgeburt für die Beerdigung zu bezahlen, ist nicht nur absurd, sondern auch eine unnötige Belastung und ein Übergriff in ihre persönlichen Überzeugungen."

Betroffenen Frauen droht nun eine deutliche erhöhte Rechnung: Denn zu den Kosten für einen Abbruch, von der Familienplanungsorganisation "Planned Parenthood" je nach Methode mit 300 bis 900 US-Dollar veranschlagt, kommen unter Umständen mehr als doppelt so hohe Bestattungsgebühren.

Für Unternehmen dieser Branche könnte es künftig betriebsam werden. Bestatter müssten von Klinik zu Klinik fahren, um fetale Überreste einzusammeln. Der konkrete Ablauf ist zwar noch unklar, aber es ist wahrscheinlich, dass Kliniken diese Kosten an die Patientinnen weitergeben. Denn der wirtschaftliche Druck für Anbieter von Abtreibungen ist hoch. Der soziale ohnehin. Vor vielen Kliniken versammeln sich regelmäßig "Pro-Life"-Aktivisten und beschimpfen die Frauen als Mörderinnen.

Bereits in den vergangenen Jahren haben Texas und andere Staaten kontinuierlich daran gearbeitet, Abtreibungskliniken das Handwerk zu legen. Die Auflagen für eine Praxis - etwa an Ausstattung und Ausbildung des Personals - sind mittlerweile so hoch, dass viele dicht gemacht haben. In Texas, mit einer Fläche doppelt so groß wie Deutschland, schrumpfte nach einem solchen Gesetz von 2013 die Zahl der Praxen von 41 auf 18.

Seit langem schon meldet der Bundesstaat, in dem es sehr viele Teenager-Schwangerschaften gibt, stetig weniger Abtreibungen (2006: 82 000; 2014: 55 000). Auch US-weit gibt es diesen Trend. Von 2004 bis 2013 ging die Zahl um rund 20 Prozent auf 664 000 zurück, wie aus einer Statistik des US-Gesundheitsbehörde CDC hervorgeht. Die weitaus überwiegende Zahl der Abbrüche findet vor der neunten Woche statt.

Aktivisten auf der anderen Seite des Spektrums versuchen gegenzuarbeiten. Eine Bewegung unter dem Namen "Gynuity Health Projects" will Frauen, die eine Schwangerschaft abbrechen wollen, den Weg zu den oft weit entfernten Praxen komplett ersparen. Im Rahmen einer Studie betreuten Mediziner Frauen telefonisch, das Medikament für den Abbruch landete per Versand im Briefkasten. Frauen nahmen vor allem teil, weil sie sich wünschten, den Abbruch möglichst privat und ohne großen Aufwand durchführen zu können. Auch das neue Bestattungs-Gesetz gilt nicht für Abbrüche oder Fehlgeburten, die zu Hause passieren.

(dpa)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

© HL

Herbstsymposium der Paul-Martini-Stiftung

Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Systematisches Review und Metaanalyse

Antidepressiva absetzen: Welche Strategie ist am wirksamsten?

„ÄrzteTag“-Podcast

Wie erkenne ich Schmerzen bei Menschen mit Demenz, Professorin Miriam Kunz?

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Eine MFA schaut auf den Terminkalender der Praxis.

© AndreaObzerova / Getty Images / iStockphoto

Terminservicestellen und Praxen

116117-Terminservice: Wie das Bereitstellen von TSS-Terminen reibungsloser klappt