Re-Importe

Gesetzeslücke suggeriert "günstig"

Weil die Apotheken-EDV Re-Importe neuer Arzneimittel ohne Berücksichtigung des AMNOG-Rabatts ausweist, gelten sie fälschlicherweise als preisgünstige Alternative zum Erstanbieterprodukt.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:

BERLIN. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Gesetzgeber an den Preisbildungsregeln des AMNOG nachjustieren muss, nimmt zu.

Neben der nach wie vor umstrittenen Frage der Bemessungsgrundlage für die Handelszuschläge ergibt sich jetzt ein weiteres Problem, das die Abgabequote für Re-Importe und den Preisabstand betrifft, den diese zum Erstanbieter-Produkt einhalten müssen.

Apotheker laufen Gefahr, retaxiert zu werden

Zwei Rabatt-Typen

Nach Paragraf 130a SGB V: Das ist der gesetzliche Rabatt von derzeit 16 Prozent, den Hersteller für Arzneimittel ohne Festbetrag den Krankenkassen gewähren müssen.

Rabatt nach Paragraf 130 b: Er basiert auf dem Verhandlungsergebnis über einen Erstattungsbetrag nach einer frühen Nutzenbewertung. Technisch wird der Erstattungsbetrag als Rabatt vom Listenpreis ausgewiesen.

Denn: Im Preisverzeichnis der Apotheker ("Lauer-Taxe") wird der nach AMNOG verhandelte Erstattungs-Rabatt zwar ausgewiesen. Jedoch fließt er nicht in die Berechnung ein, nach der ein Präparat als "preisgünstiger Import" gelistet wird.

Konsequenz: Die Produkte der meisten Importeure werden als preisgünstigere Alternative angezeigt, obwohl das Produkt des Herstellers tatsächlich günstiger ist.

Am Beispiel des oralen Krebsmittels Zytiga® sieht die Sache folgendermaßen aus: Außer Hersteller Janssen Cilag bieten das Präparat fünf Re-Importeure an.

Drei halten den gesetzlich geforderten Abstand von 15 Euro oder 15 Prozent zum Preis des Erstanbieters - abzüglich der gesetzlichen Rabatte nach Paragraf 130a SGB V - ein.

Damit gelten sie als "preisgünstige Importe", deren Abgabe dem Apotheker hilft, seine rahmenvertraglich vorgeschriebene Re-Importquote zu erfüllen. Einschließlich des Rabattes nach Paragraf 130b SGB V bietet Janssen aber um mehr als 400 Euro günstiger an als sämtliche Importeure.

Für die Apotheker stellt sich nun die Frage, ob sie Gefahr laufen, retaxiert zu werden, wenn sie diese Importe abgeben. Wie die "Deutsche Apotheker Zeitung" berichtet, bejaht der Apothekerdachverband ABDA dies.

Der Rabatt für Innovationen mit Zusatznutzen müsse zur Feststellung der Preisgünstigkeit auf jeden Fall berücksichtigt werden.

"Völlig gesetzeskonform"

Außerdem sehe der Rahmenvertrag zwischen Apothekern und GKV-Spitzenverband vor, dass rabattbegünstigte Produkte vorrangig vor nicht-rabattbegünstigten Importen abzugeben seien - das gelte auch für die Rabatte nach AMNOG.

Ordnungspolitisch dürfte wohl dennoch eine Gesetzesänderung nötig sein. Nach Ansicht eines Branchenkenners ist die fälschliche Ausweisung der Importe in der Lauer-Taxe "völlig gesetzeskonform", da das SGB V bislang ausdrücklich nur die Rabatte nach § 130a in die Berechnung der Preisabstandsklausel für Importe einfließen lässt.

Hinweis für Ärzte: Bei der Verordnung von Innovationen, für die ein Erstattungsbetrag vereinbart wurde, können sie das Erstanbieterprodukt aufschreiben und die Aut-idem-Substitution ausschließen.

Dann ist die Verordnung zunächst einmal wirtschaftlich. Bis dato wurden 16 Erstattungsbeträge vereinbart. Für 14 dieser Produkte sind Re-Importe gelistet, teils von mehreren Anbietern.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Doppelt genäht und geknotet

Mehr zum Thema

#NRWEntscheidetSich

Medienkampagne zur Organspende in NRW

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Tierexperimentelle Studie

Ist Alzheimer durch eine Stammzelltransplantation übertragbar?

Lesetipps
Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.

© Rolf Schulten

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System