Gesundheitswirtschaftliche Gesamtrechung 2021

Gesundheitswirtschaft ist nach der Corona-Delle wieder auf Rekordhoch

Wieder einmal beweist sich das Gesundheitswesen in Deutschland als Wachstums- und Beschäftigungsmotor. Kritik kommt derweil vom Bundesverband der Deutschen Industrie.

Kathrin HandschuhVon Kathrin Handschuh Veröffentlicht:
Für manche deutsche Unternehmen der Gesundheitswirtschaft war das vergangene Jahr tatsächlich eine Goldgrube. Doch ist langfristig nicht alles Gold, was glänzt, so das Fazit der Gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechung für 2021.

Für manche deutsche Unternehmen der Gesundheitswirtschaft war das vergangene Jahr tatsächlich eine Goldgrube. Doch ist langfristig nicht alles Gold, was glänzt, so das Fazit der Gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechung für 2021.

© SASCHA STEINBACH / EPA / picture alliance

Berlin. Die deutsche Gesundheitswirtschaft eilt weiter von Rekordhoch zu Rekordhoch: So haben im vergangenen Jahr Ärzte, Krankenhäuser, der Pflegesektor, Pharmaunternehmen und Medizintechnikunternehmen eine Bruttowertschöpfung von rund 392 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das sind 5,2 Prozent mehr als im Jahr zuvor, wo es coronabedingt einen leichten Rückgang gab.

Das geht aus der aktuellen Gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechung (GGR) hervor. Seit mittlerweile elf Jahren lässt das Bundeswirtschaftsministerium ökonomische Analysen zur Gesundheitswirtschaft erarbeiten. Inzwischen wird dafür neben Deutschland auch die Lage in Europa unter die Lupe genommen.

„Das Gesundheitswesen ist Wachstums- und Beschäftigungsmotor“, betonte Studienautor Professor Dennis Ostwald, Gründer des Wifor-Instituts, am Freitag bei der Vorstellung in Berlin. So wurden dort 2021 insgesamt 7,7 Millionen Beschäftigte registriert. Gegenüber Vorjahr ist die Zahl allerdings nur um knapp ein Prozent gewachsen.

Ostwald sieht den Grund dafür in erster Linie im Fachkräftemangel, „das entsprechende Angebot war nicht da, weiteres Personal zu generieren.“ Zwei Drittel davon sind in der Medizinischen Versorgung tätig (4,8 Millionen). Sie tragen mit ihrer Arbeit zu rund der Hälfte der Bruttowertschöpfung bei (202 Milliarden Euro).

Industrielle Gesundheitswirtschaft über Vorkrisenniveau

Deutliches Wachstum zeigt vor allem die Industrielle Gesundheitswirtschaft. Mit 85 Milliarden Bruttowertschöpfung „lässt sie die Pandemie deutlich hinter sich und übertrifft das Vorkrisenniveau“, heißt es. Corona hat besonders den Herstellern von Humanarzneimitteln Auftrieb gegeben.

Ostwald sprach vom „Wunder aus Mainz“. Ohne das Unternehmen BioNTech direkt bei Namen zu nennen, attestierte er dem Entwickler der COVID-19-Impfstoffe eine hohe Innovationskraft, die zur Stärke der deutschen Pharmaindustrien beigetragen habe.

Als Zukunftsbranche bezeichnet der Report auch die Pflege. Hier sei die Zahl der erwerbstätigen Männer und Frauen doppelt so stark gewachsen wie in der Gesundheitswirtschaft allgemein. So stieg die Zahl der Beschäftigten auf 1,1 Millionen, das ist ein Plus von 41 Prozent gegenüber 2020.

Hoher Anteil an europäischer Wertschöpfung

Doch die Gesundheitswirtschaft trage nicht nur zum Wohlstand in Deutschland, sondern zu dem in ganz Europa bei. Mit 1,4 Milliarden Euro beläuft sich ihr Anteil an der europäischen Bruttowertschöpung auf 11 Prozent.

Zum Vergleich: In Deutschland sind es 12 Prozent. Besonders interessant: Mehr als jeder vierte Erwerbstätige in der EU-Gesundheitswirtschaft arbeitet in Deutschland. „Die Gesundheitsindustrie hat beispielsweise die gleichen Effekte auf die Volkswirtschaft wie die Automobilbranche“, erläuterte Ostwald.

Kritik an der GGR kam vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Deutschland drohe, als bisher stärkster EU-Standort der Gesundheitsindustrie und Gesundheitsforschung international an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren, heißt es in einer aktuellen Mitteilung des BDI.

Die Bundesregierung habe die Gesundheitsindustrie sehenden Auges in ein schwieriges Fahrwasser manövriert. Durch „Energiekrise und den pandemiebedingten Störungen internationaler Lieferketten haben sich die Rahmenbedingungen für Unternehmensinvestitionen im Bereich Pharma, Medizintechnik, Health-IT und Biotechnologie deutlich verschlechtert“, wird Iris Plöger, Mitglied der Hauptgeschäftsführung zitiert.

Auch bei der Digitalisierung im Gesundheitssystem sei Deutschland schlecht aufgestellt. Außerdem habe die private Forschung bis dato keinen direkten Zugang zu Gesundheitsdaten.

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