Grünes Rezept - wichtige Stütze bei der Therapie

Gut 13 Millionen Grüne Rezepte haben Ärzte und Apotheker 2010 angefordert. Das Formular ist eine wichtige Stütze dafür, dass Patienten eine vom Arzt empfohlene Therapie tatsächlich nutzen.

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NEU-ISENBURG (HL). Insgesamt 13,03 Millionen Grüne Rezepte haben Ärzte und Apotheker im vergangenen Jahr bei der Initiative "Grünes Rezept" angefordert und erhalten. Das Volumen der bestellten Formulare ist damit geringfügig kleiner als im Jahr 2009 (13,2 Millionen Euro).

Experten führen dies auf saisonal unterschiedlich ausgeprägte Krankheitswellen, etwa bei Grippe oder Allergien zurück, deren Intensität auch von Jahr zu Jahr schwanken kann. Die weitaus meisten Grünen Rezepte - 10,53 Millionen - wurden von Ärzten angefordert, der Rest entfällt auf Apotheker.

Mit dem Grünen Rezept nutzen inzwischen viele Ärzte eine Option, die Folge der Gesundheitsreform von 2003 ist. Damals hatte der Gesetzgeber entschieden, dass rezeptfreie Arzneimittel nur in Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss definiert, von den Kassen bezahlt werden. Damit gehörten die besonders sicheren und seit Jahren bekannten Arzneimittel nicht mehr zum eigentlichen therapeutischen Repertoire von Ärzten.

Tatsächlich ist aber die Beteiligung des Arztes an der Nutzung von rezeptfreien Arzneien in zweifacher Hinsicht sinnvoll. Unter wirtschaftlichen Aspekten ist der Einsatz von Präparaten der Selbstmedikation geboten, wenn mit ihnen der gleiche Effekt erzielt wird wie mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln, die im Durchschnitt aber teurer sind.

Das Grüne Rezept ist daher für den Arzt eine Möglichkeit, Wirtschaftlichkeitsreserven in der Arzneiversorgung zu erschließen. Wegen der meist geringen Kosten ist der Eigenbeitrag des Patienten zumutbar - und ausdrücklich auch politisch erwünscht.

Zum zweiten ist es sinnvoll, dass Ärzte ihre Patienten auch bei der Selbstmedikation begleiten. Denn im Durchschnitt der Bevölkerung kaufen 44 Prozent rezeptfreie Arzneimittel nur selten, 38 Prozent gelegentlich und nur acht Prozent häufig. Das heißt: Aufgrund oft fehlender Erfahrung brauchen Patienten Hilfestellung. Das Grüne Rezept kann dazu eingesetzt werden.

Die Erfahrung mit der Selbstmedikation ist dabei unterschiedlich ausgeprägt: elf Prozent der Frauen nutzen die Möglichkeit häufig, aber nur fünf Prozent der Männer. Gelegentliche Konsumenten finden sich zu 46 Prozent unter Frauen, nur zu 30 Prozent bei Männern. Die Erfahrung mit der Selbstmedikation wächst mit dem Alter. Mit dem Alter sinkt allerdings auch die Bereitschaft - oder die Möglichkeit -, einen Teil der Gesundheitskosten selbst zu finanzieren.

Negativ macht sich dabei die über viele Jahre gesunkene reale Kaufkraft bemerkbar. Sie hat dazu geführt, dass Absatz und Umsatz im Markt der rezeptfreien Arzneimittel stagnieren, teils sogar rückläufig sind. Bei den Preisen reagieren die Verbraucher sensibel, zumal etwa drei Viertel der Auffassung sind, Arzneimittel seien eher teuer.

Diese Hürde kann allerdings mit dem Grünen Rezept überwunden werden. Nach einer Umfrage der Marktforscher der Nielsen Company geben 83 Prozent der Patienten, die ein Grünes Rezept erhalten haben, an, dieses in der Apotheke vorgelegt und das Medikament bezahlt zu haben. Sechs Prozent haben mit dem Grünen Rezept im Internet bestellt. Drei Prozent haben das vom Arzt empfohlene Arzneimittel gekauft, ohne das Grüne Rezept vorzulegen.

Lediglich neun Prozent der Patienten haben sich noncompliant verhalten: Sie haben nicht gekauft, weil sie selbst bezahlen müssen; sie haben das Rezept aufgehoben, um es eventuell später zu nutzen; ganze zwei Prozent haben das Grüne Rezept überhaupt nicht beachtet.

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