Deutscher Hausärzteverband

HzV legt um zehn Prozent zu

5,5 Millionen Versicherte waren Anfang 2020 in die hausarztzentrierte Versorgung eingeschrieben. Für mehr Nachwuchs hofft Verbandschef Weigeldt auf die neue Approbationsordnung.

Von Madlen Schäfer Veröffentlicht:
Die Zahl der HZV-Versicherten ist auf 5,5 Millionen gewachsen, berichtet Verbandschef Ulrich Weigeldt.

Die Zahl der HZV-Versicherten ist auf 5,5 Millionen gewachsen, berichtet Verbandschef Ulrich Weigeldt.

© Marius Becker / dpa / picture-alliance

Berlin. Der Deutsche Hausärzteverband setzt sich für das Vorankommen der neuen Approbationsordnung ein, die die Allgemeinmedizin stärken soll. Sie könne dazu beitragen, dass sich Ärzte, die eigentlich an einem anderen Fachbereich interessiert sind, dazu entscheiden, doch Hausarzt zu werden.

„Es müsste eine Honorierung und eine Förderung für Mobilität und Unterkunft für Medizinstudierende geben, die sich für das PJ in einer Landarztpraxis entscheiden“, forderte Verbandschef Ulrich Weigeldt am Mittwoch vor Journalisten in Berlin.

Ein Lichtblick ist für den Verband die Entwicklung der HZV: Im ersten Quartal 2020 seien in der Hausarztzentrierten Versorgung rund 5,5 Millionen Versicherte und 17,000 Ärzte eingeschrieben. Ein Plus von zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Den größten Zuwachs habe es mit 38 Prozent in Nordrhein-Westfalen gegeben.

Aufwand für TI-Anschluss vergüten

Der Verband befürwortet, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn das Gesundheitswesen ins digitale Zeitalter überführen will. „Wir sind dafür, Ärzten, die sich an die TI anschließen, den entstandenen Aufwand zu vergüten“, sagt Weigeldt. Immer noch seien Dänemark und Estland Vorbilder bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. „Ich hoffe, dass wir da auch eines Tages hinkommen“, so Weigeldt.

Wenn technische Neuerungen aber mit zusätzlichen Gerätschaften in der Praxis einhergehen, sei dies häufig schwierig in der Realisierung. „Das ist meist mit Ausfallzeiten verbunden. Aber Arbeitsabläufe in der Hausarztpraxis dürfen nicht gestört werden“, so der Verbandschef.

Seit zehn Jahren würde in Baden-Württemberg die Vernetzung von Ärzten erfolgreich funktionieren. Hierbei können sich Hausärzte und Fachärzte untereinander austauschen. Künftig soll ein neuer Schwerpunkt dabei die Einbindung von Krankenhäusern darstellen. „Das klappt ganz ohne Kartenlesegeräte“, stichelt Weigeldt.

Kein Ersatz für fehlende Strukturen

Vor allem den möglichen Aufwand für Hausärzte, der durch die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) entsteht, sieht Weigeldt kritisch. „Wir sind Ärzte und keine IT-Spezialisten. Was auf eine ePA kommt, damit muss sich jemand anderes auseinandersetzen“, sagt er.

Generell dürfe Digitalisierung aber nicht als Ersatz für fehlende Strukturen herhalten. Gesundheits-Apps lehnt der Verband nicht ab („Wir sind keine Verweigerer der Digitalisierung“), hält es aber für unrealistisch, dass Hausärzte die nötige Zeit aufbringen können, um lange nach einer geeigneten App für den Patienten zu suchen. „Das würde dazu führen, dass wir weniger Zeit für die Patienten haben und nicht mehr“, so Weigeldt.

Apps hingegen, die den Praxisalltag erleichtern, wie etwa ein Messenger, über den Patienten einen Termin vereinbaren und Wiederholungsrezepte anfragen können, seien echte Helfer im Praxisalltag.

Rückverlagerung der Produktion nach Deutschland

Der Hausärzteverband geht davon aus, dass sich Lieferengpässe von Medikamenten durch den Ausbruch des Coronavirus vor allem in China verschärfen können. „Deutschland war mal die Apotheke der Welt“, erinnert Weigeldt. Inzwischen würden hierzulande kaum noch Medikamente produziert, sondern vor allem in China, Indien und Bangladesch.

Deshalb müsse darüber nachgedacht werden, ob Medikamente wieder in Deutschland produziert werden sollten. Dagegen spreche die Preispolitik. „Die Ideologie ist, dass es hauptsächlich billig sein muss. Das kritisiere ich“, sagt Weigeldt. Durch die hohen Rabatte würde sich die Herstellung in Deutschland nicht lohnen.

Der Verband bewertet das Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz (FKG) unter dem Strich positiv. Zuvor wurde das Verbot einer Kopplung der Diagnosecodierung und der ärztlichen Vergütung gekippt. „Wir wollen für unsere Arbeit bezahlt werden, nicht für Diagnosen, die Krankenkassen zu höheren Zuweisungen aus dem Morbi-RSA verhelfen“, so Weigeldt.

Offene Fragen bei Notfallzentren

Bei der Reform der Notfallversorgung sieht Weigeldt noch viele ungeklärte Fragen. „Welche Ärzte sollen in den Integrierten Notfallzentren arbeiten? Wo sollen die Ärzte dafür herkommen? Wer ist der Träger der INZ? Wie werden die Ärzte dort rechtlich eingebunden? In welcher Form und wie würde ein Hausarzt dort honoriert werden?“, fragt Weigeldt.

Es sei die Aufgabe der KV, den Sicherstellungsauftrag zu erfüllen. „Dieser könnte besser erfolgen, wenn Strukturfragen wie die hausärztliche Versorgung geregelt seien. Mit den INZ dürfe keine Parallelstruktur geschaffen werden“.

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