Hausärzte sauer: Werden im Versorgungsgesetz kaum berücksichtigt

FRANKFURT/MAIN (bee). Der Hausärzteverband kritisiert, dass Hausärzte im Entwurf für ein Versorgungsstrukturgesetz kaum erwähnt und die positiven Erfahrungen, etwa mit den Selektivverträgen, durch eine Weiterentwicklung des Paragrafen 73 b nicht aufgegriffen worden seien. "Ein schlechtes Signal", so Verbandschef Ulrich Weigeldt beim hessischen Hausärztetag in Frankfurt.

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Zwar versuche man, über eine neue Bedarfsplanung das Problem der hausärztlichen Versorgung zu lösen, "doch ohne Hausärzte wird es nicht klappen", sagte Hessens Verbandsvorsitzender Dr. Dieter Conrad.

Ex-KBV-Chef Dr. Manfred Richter-Reichhelm konnte der Nicht-Erwähnung der Hausärzte etwas Positives abgewinnen: "Das kann heißen, die Stellung des Hausarztes soll nicht geschmälert werden", so Richter-Reichhelm, der heute Aufsichtsratschef der Beteiligungsgesellschaft Optimedis ist.

Dass Hausärzte nicht in der aktuellen Gesetzgebung vorkommen, entspreche der Logik der schwarz-gelben Bundesregierung, sagte Kordula Schulz-Asche, Vorsitzende der hessischen Grünen und sozialpolitische Sprecherin ihrer Fraktion im hessischen Landtag.

Schulz-Asche sieht positive Entwicklungen

Allerdings sieht Schulz-Asche auch positive Entwicklungen im Versorgungsstrukturgesetz: "Es gibt nun die Chance, dass vor Ort entschieden werden kann, wie die Versorgung organisiert wird. Das war immer eine Forderung der Länder und Kommunen."

Wenig Oppositions-Kritik am Gesetz gibt es nach Meinung von Dr. Thomas Spieß, gesundheitspolitischer Sprecher der hessischen SPD, auch deshalb, weil sich alle einig seien, wie die Versorgungsstrukturen in der Zukunft aussehen sollten.

Allerdings kritisierte er, dass kaum etwas dafür getan werde, bei Studenten für die Tätigkeit als Hausarzt zu werben. Das sei Aufgabe der Ärzte und nicht der Politik, sagte der gelernte Arzt.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 19.06.201116:41 Uhr

Den Bock zum Gärtner machen vs. hausärztliche Landschaftspflege

Die Bundespolitik würde tatsächlich alle positiven Erfahrungen mit der hausarztzentrierten Versorgung (HzV) hierzulande und mit vergleichbaren, kostengünstigen Primärarztsystemen in hochentwickelten Industrieländern (GB, IRL, FIN, S, N, DK, NL, eingeschränkt auch CH und F) über Bord werfen. Hausärztliche Belange werden vermutlich nur in der Präambel des Entwurfs für das neue Versorgungsstrukturgesetz der schwarz-gelben Koalition Erwähnung finden, um sie im laufenden Gesetzestext schleunigst zu konterkarieren.

Bei Mangel an Hausarztkompetenz des Bundes sei daran erinnert, dass die Kernkompetenz bei Gesundheits- und Krankheitsfragen im föderalen System Ländersache ist. Beim 3. Jahreskongress der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) am 18.6.2011 wurde vom KVWL-Vorstand Dr. med. Wolfgang-Axel Dryden (kritisches Mitglied des Hausärzteverbands-HÄV) noch einmal die Sicherstellungsmängel der vertragsärztlichen Versorgung und zugleich gesetzgeberischer Handlungsbedarf betont: Veraltete Bedarfsplanung aus den 90er Jahren, Vernachlässigung demografischer und topografischer Faktoren, fehlende Flexibilisierung bei Über- bzw. Unterversorgung, Sektor überwindende spezialärztliche Versorgung, "harte" und "weiche" Faktoren der Niederlassungswilligkeit, KV- und Kommunen-eigene Vertragsarztsitze in sozialen und regionalen Brennpunkten und nicht zuletzt die Länder übergreifende Konvergenzregelung zur Vereinheitlichung der EBM-Vergütung auf bundesweitem Niveau.

Trotz aller inhaltlichen und politischen Differenzen betonte die Landesgesundheitsministerin für NRW, Frau Barbara Steffens, sozusagen im grünen Schulterschluss mit der KVWL die Notwendigkeit eines bundesweiten GKV-Vergütungsdurchschnitts im haus- und fachärztlichen Bereich o h n e die derzeitig massiven Abweichungen. Im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) müsse die Länderrepräsentanz erhöht werden, insbesondere weil die Bedarfsplanung m i t vom G-BA übernommen werden soll. Eine genauere Morbiditätsabbildung durch den ICD-10-GM sei erforderlich, um das Gesundheitswesen zukunftsfest zu machen. Es fehlten im Gesetzentwurf völlig die Umsteuerung zugunsten der ländlichen Regionen, die länderübergreifenden KV-Kooperationen. Die inhaltliche sektorenübergreifende ärztliche Versorgung durch FA, HA und § 116 b SGB V werde konterkariert.

Die Landesgesundheitsministerin Steffens forderte patientenangepasste Systemstrukturen, wohnortnahe Primärarztsysteme mit sprechender, problemzentrierter Medizin. Zeit für die ausführliche Anamnese, Untersuchung und Diagnostik beim Hausarzt. B e v o r teurere, belastende, Zeit- und Ressourcen schöpfende Apparatemedizin zum Einsatz kommen müsse. Die verbreitete Facharztterminproblematik sprach sie als inakzeptabel an und verlangte, Krankenhäuser und Arztpraxen demografiefester zu machen.

Denn Überalterung, Multimorbidität, körperliche und geistige Leistungseinschränkungen der Patienten seien die zukünftigen Herausforderungen für die gesamte Ärzteschaft.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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