Transplantation

Hilft mehr Staat?

Ein letztes Aufbäumen vor der Sommerpause: Im Bundestag wurde erneut über die Organspende diskutiert. Deutlich wurde vor allem eines: Die alten Grundsatzkonflikte sind alles, bloß nicht überwunden.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Karten für die Organspende: Wieviel Staat soll es sein?

Karten für die Organspende: Wieviel Staat soll es sein?

© Steinach / imago

BERLIN. Auch mit den jüngsten Änderungen des Bundestags am Transplantationsgesetz bleibt der Streit über die Organisation von Koordination und Verteilung gespendeter Organe auf der Agenda.

Das geht aus den Stellungnahmen von Sachverständigen hervor, die der Bundestags-Gesundheitsausschuss am Montag zu einer Anhörung geladen hatte.

Beraten wurde dort der gemeinsame Antrag aller Bundestagsfraktionen, der das Ziel hat, das Vertrauen der Bürger in das System der Organspende wieder zu gewinnen.

"Aufgabe des Gesetzgebers ist es, für klare gesetzliche Vorgaben zu sorgen", heißt es in dem Antrag.

Kern des Streits ist es, wie staatsnah die Organspende organisiert werden sollte. Im Fokus der Kritik: die Bundesärztekammer. "Die alleinige Zuständigkeit der BÄK ist ein Anachronismus", befand Johann-Magnus von Stackelberg vom GKV-Spitzenverband in seiner Stellungnahme.

Er fordert, die Richtlinienkompetenz in der Transplantationsmedizin solle auf "ein breiter legitimiertes Gremium übergehen". Dessen Zusammensetzung sollte "Elemente des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Ständigen Kommission Organtransplantation" enthalten.

Der Bundestag hat erst am 14. Juni das Transplantationsgesetz - zusammen mit dem Beitragsschulden-Gesetz - so geändert, dass BÄK-Richtlinien nun vom Bundesgesundheitsministerium genehmigt werden müssen.

Die BÄK erwarte, schreibt Ärzte-Präsident Professor Frank Ulrich Montgomery, "dass das Genehmigungsverfahren transparent und verlässlich gestaltet wird".

Dagegen warnt Professor Friedhelm Hase vom Institut für Informations-, Gesundheits- und Medizinrecht der Universität Bremen ausdrücklich vor einer Konzentration von Aufgaben und Kompetenzen in einer - staatlichen - Instanz.

Weniger Zentren gefordert

Das Transplantationswesen sei ein "hyperkomplexer Regelungsgegenstand", so Hase: "Es gibt keine Instanz, die den Gesamtkomplex der Transplantationsmedizin in allen ihren Aspekten (...) überblicken" und im Vorhinein "erschöpfende, gleichsam fertige allgemeine Regeln festlegen könnte".

Daher sei es richtig, die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben verschiedenen "fachlich kompetenten Einrichtungen und Akteuren" zuzuweisen. All dies stehe mit dem Erfordernis "einer parlamentarisch-demokratischen Steuerung administrativer Prozesse durchaus in Einklang".

Ganz anders die Darstellung der Deutschen Stiftung Patientenschutz: Die staatliche Verantwortung für hochrangige Rechtsgüter sei nicht delegierbar. Der neue Genehmigungsvorbehalt des Gesundheitsministeriums für Richtlinien der BÄK "erhöht den staatlichen Einfluss nur marginal", heißt es in der Stellungnahme.

Der Staat müsse aber "die entscheidenden Kriterien zur Wartelistenführung, Todesfeststellung und Allokation selbst festlegen", fordert die Stiftung.

Ebenfalls auf der Tagesordnung bleiben wird der Streit über die notwendige Zahl an Transplantationszentren. Der fraktionsübergreifende Antrag formuliert zurückhaltend, die Länder mögen die Zahl der Zentren "prüfen".

"Alleine der Appell an die Länder wird an der Zahl der Zentren wenig ändern", bemerkt von Stackelberg für den GKV-Spitzenverband. Bei der Organzuteilung dürften nur wenige qualifizierte Zentren berücksichtigt werden.

Gegenwärtig konkurrierten 47 Transplantationszentren um jährlich 4000 postmortal gespendete Organe. So habe beispielsweise im Jahr 2011 ein Fünftel der 24 Kliniken, die Lebertransplantationen vorgenommen haben, die vom GBA festgesetzte Mindestmenge von 20 nicht erreicht.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz stimmt dem zu: Die hohe Zentrenzahl führe zu hohem ökonomischen Druck auf die Kliniken. Jedes Zentrum wolle möglichst viele Transplantationen vornehmen, "um kostendeckend zu arbeiten und auf die notwendigen Mindestfallzahlen zu kommen". Dies berge die Gefahr von Fehlanreizen.

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