Nutzenbewertung

Innovation für wenige?

Das Selbstlob des GBA in Sachen Nutzenbewertung stößt beim Verband forschender Pharmaunternehmen auf Widerspruch.

Veröffentlicht:

BERLIN. Deutschland ist trotz der frühen Nutzenbewertung, die vor zwei Jahren in Kraft getreten ist, nach Auffassung des Gemeinsamen Bundesausschusses einer "der weltweit attraktivsten Märkte für Innovationen".

Die Bilanz zeige, so der GBA-Vorsitzende Josef Hecken, dass für die GKV tendenziell sogar häufiger ein belegter Zusatznutzen für neu auf den Markt gekommene Wirkstoffe anerkannt werde als in anderen Industrieländern, in denen schon länger ähnliche Bewertungsverfahren praktiziert werden.

So hätten 64 Prozent der neuen Arzneimittel in Deutschland eine positive Bewertung erfahren. In anderen Ländern erreichten dies nur knapp 50 Prozent.

In manchen Ländern wie England, Schottland und Schweden würden Wirkstoffe sogar von der kompletten Erstattung ausgenommen. In Deutschland werde dabei aber häufig noch ein geringer Zusatznutzen konzediert.

Innovation komme wenigen Patienten zugute

Dieser Bewertung durch den Bundesausschuss widerspricht die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes der forschenden Pharmaunternehmen, Birgit Fischer.

Tatsächlich beschränke der Bundesausschuss mit seiner Entscheidungspraxis einen Zusatznutzen oft auf einen kleineren Teil von Patienten. Innovation komme insofern nur wenigen Patienten zugute.

In der Tat schreitet das IQWiG bei seiner gutachterlichen Analyse der vorgelegten Dossiers nicht selten zu einer Subgruppen-Analyse der Studienpopulationen und empfiehlt die Anerkennung nur eines partiellen Zusatznutzens. (HL)

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Welche Endpunkte sind patientenrelevant?

Validierung von Surrogatendpunkten

Kooperation | In Kooperation mit: AbbVie Deutschland, DAK Gesundheit, MSD Sharp & Dohme, Novo Nordisk, Roche Pharma, vfa und Xcenda
Kommentare
Freya Matthiessen 13.02.201301:20 Uhr

Imaginärer Zusatznutzen



„Die Bilanz zeige, so der GBA-Vorsitzende Josef Hecken, dass für die GKV tendenziell sogar häufiger ein belegter Zusatznutzen für neu auf den Markt gekommene Wirkstoffe anerkannt werde als in anderen Industrieländern...“.

Hier nun einige belegbare Beispiele dafür, dass ein angeblicher Zusatznutzen nichtimmer belegt wird.

Firdapse® 100 Tbl. 10mg rund 2.900 Euro
Wirkstoff: Amifampridin, chem. 3,4-Diaminopyridin (3,4-DAP)
zur symptomatischen Behandlung von erwachsenen Patienten mit dem Lambert-Eaton-Myasthenischen Syndrom (LEMS).

2002 verlieh die EMEA 3,4-DAP den Orphan Drug Status,
2009 erhielt BioMarin von der EMA das Alleinvermarktungsrecht für die Phosphatsalz-Formulierung von 3,4-DAP.

In den sieben Jahren bis zur Zulassung gingen die Rechte, die sich aus der Designation als Orphan Drug herleiten, mehrere Male an andere Firmen(namen) über, die Tabletten für welche die Zulassung beantragt war, wurden schon mal unter den Namen Nelsyn® und Zenas® (obwohl „Zenas“ schon für - zurückgezogenes - Statin vergeben war) für rund 290 Euro über Ärzte verkauft (Firdapse® kostet 2.900 Euro).

Viel Aktivität also, aber keinerlei Forschung!!

Wozu auch!
3,4-DAP Base war 1983 zum ersten Mal erfolgreich bei LEMS eingesetzt worden.

LEMS war bereits vor 2002 eine der am besten erforschten Autoimmunerkrankungen.

Die Effektivität von 3,4-DAP hatte sich in kleinen „aber feinen“ randomisierten placebo-kontrollierten Studien erwiesen und war seit vielen Jahren Standard - und außerst preiswert verfügbar:

a) als Individualrezeptur nach DAC/NRF 22,3 .(Kapselherstellung in der Apotheke)- BIS HEUTE!

b) als Tablette aus England mit „Special Licence“ der Gesundheitsbehörde.

Firdapse® ist ca. 70mal teurer = 7000 Prozent teurer!

Firdapse® stellt keine Innovation dar,
es handelt sich NICHT um einen neuen Wirkstoff.

Einen Zusatznutzen kann ich nicht erkennen.
Anders als die vier nachfolgend aufgezählten Experten für Arzneimittel.

Prof. Uwe Fricke u.a. AMKdÄ
“A“-Klassifikation
(erläutert als „Innovative Struktur oder neuartiges Wirkprinzip mit therapeutischer Relevanz“)

PD Dr. Marion Hippius, Lehre, Uni Jena:
„Sprunginnovation“
[Vielleicht handelt es sich ja um einen Druckfehler? „Sprung“ statt „Schein“? Anm. F.M-]-

Prof. Dr. Hartmut Morck,,
Pharmazeutische Chemie Marburg., Cui Bono Health Consulting
Einordnung unter „Neue Arzneistoffe“.

Prof. Dr. Georg Kojda, Uni Düsseldorf, Pharma-Lehrbuch:
Einordnung unter „Neue Arzneistoffe“
„Zusatznutzen: Verbesserung der Muskelkraft“.
[3,4-DAP Base + 3,4-DAP Phosphatsalz sind gleichermaßen effektiv. Anm. F.M.]

Freya Matthiessen


Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Zwei seltene Ursachen

Diagnose vaginaler Blutungen bei Kindern: Ein Leitfaden für die Praxis

Lesetipps
Ein Mann hält sich die Hände an den schmerzenden Rücken

© Gina Sanders / stock.adobe.com

Gastbeitrag

Wie sinnvoll sind Injektionen an der Wirbelsäule?

Adipöse Kinder und Jugendliche tragen für den Rest ihres Lebens eine enorme Bürde mit sich. Die Folgen zeichnen sich bereits im Kindesalter ab und erstrecken sich bis ins Erwachsenenalter.

© kwanchaichaiudom / stock.adobe.com

Adipositas bei Kindern und Jugendlichen

Hoffnung auf neue Medikamente zur Gewichtsreduktion bei Kindern