Internisten fordern: Schluss mit der Verteilungsdiskussion

Angesichts einer immer älter werdenden Bevölkerung vermisst der Berufsverband Deutscher Internisten (BDI) eine Grundsatzdiskussion über künftige Versorgungsstrukturen. Die BDI-Spitze fordert eine Neuordnung der ambulanten und stationären Versorgungsebenen.

Wolfgang van den BerghVon Wolfgang van den Bergh Veröffentlicht:

WIESBADEN. Der Internistenverband beklagt, dass die aktuelle Diskussion um die Sicherung der Versorgung immer noch zu sehr unter Verteilungsgesichtspunkten geführt werde. Nach Ansicht von BDI-Chef Dr. Wolfgang Wesiack und seinen beiden Vorstandskollegen Dr. Wolf von Römer sowie Professor Malte Ludwig, werden die Herausforderungen im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung unterschätzt. "Und das betrifft nicht alleine nur die ärztliche, sondern vor allem auch die pflegerische Versorgung", so von Römer. Bei einer prognostizierten Zahl von über einer Million Dementen in den nächsten Jahren sei man auf die dramatisch steigende Zahl der zu erwartenden Pflegefälle nicht vorbereitet.

Das gelte übrigens auch für die Versorgung in Kliniken, sagte Ludwig in einem BDI-Pressegespräch. So seien etwa die DRGs auf kurze Liegezeiten ausgerichtet. "Das passt allerdings nicht zu dem Patientenklientel der Zukunft", so Ludwig.

Aber auch an die eigene Zunft appelliert Wesiack: Ebenso wie die DRGs den veränderten Bedingungen angepasst werden müssten, sollten auch die Lerninhalte in Aus- und Weiterbildung der demografischen Entwicklung Rechnung tragen. Der BDI-Chef: "Weil wir wissen, dass die meisten Volkskrankheiten internistische Erkrankungen sind, müssen wir darauf in der Weiterbildung inhaltlich eine Antwort geben."

Eines der angestrebten Ziele des BDI ist es, hier den Facharzt für innere Medizin und Geriatrie zu etablieren. Dieser Arzt-Typus müsse künftig maßgeblich an der Versorgungssteuerung beteiligt werden.

Der Internistenverband steht damit im Widerspruch zu Politik und Kassen, die hier eher die Rolle des Allgemeinarztes stärken wollen. Der BDI prognostiziert, dass sich eine solche Auffassung mit Blick auf rückläufige Zahlen in der allgemeinmedizinischen Weiterbildung nicht halten lasse. Der Trend in der Inneren Medizin sei dagegen eher positiv. In Kenntnis einer solchen Entwicklung sei auch hier ein Grundkonsens nötig, welche Ärzte künftig an der primärärztlichen Versorgung teilnehmen sollen.

Der Internistenverband vertritt die Position, dass Paragraf 73 b zur hausarztzentrierten Versorgung genau der falsche Weg sei, die primärärztliche Versorgung zu sichern. Er bediene letztlich nur die Interessen einer Arztgruppe, "ohne dass jemals ein Beleg dafür geliefert worden ist, dass dadurch die Patienten-Versorgung besser wird", argumentiert Ludwig. Nach Auffassung Wesiacks müssen die Strukturen für eine Basisversorgung, für eine spezialisierte Versorgung sowie für die Versorgung im Krankenhaus neu definiert werden.

Eine Verlagerung der fachärztlichen Versorgung an Kliniken, wie auch von den Kassen gefordert, lehnt der BDI ab. In diesem Zusammenhang warnt Ludwig auch vor der Einführung einer dritten fachärztlichen Versorgungsebene, wenn man den Paragrafen 116 b lockere. Dieser Paragraf räumt Kliniken das Recht ein, an der ambulanten spezialisierten fachärztlichen Versorgung teilzunehmen. Der BDI fordert hier ein Überweisungsvorbehalt durch einen niedergelassenen Facharzt.

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