Versorgungsverbesserungsgesetz

Kassen sehen Widersprüche in Spahns Finanzplänen

Vertreter der Kassen weisen im Bundestag auf mögliche Inkonsistenzen der Gesetzgebung zur Kassenfinanzierung hin.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Krankenkassen sind unterschiedlich stark von den Vorgaben des Versorgungsverbesserungsgesetzes betroffen. Entsprechend vielstimmig fielen die Reaktionen in der Anhörung aus.

Krankenkassen sind unterschiedlich stark von den Vorgaben des Versorgungsverbesserungsgesetzes betroffen. Entsprechend vielstimmig fielen die Reaktionen in der Anhörung aus.

© Sascha Steinach / dpa

Berlin. Vertreter der Krankenkassen haben im Gesundheitsausschuss des Bundestages Korrekturen am Entwurf des Versorgungsverbesserungsgesetzes (GPVG) von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angemahnt.

Einig waren sich die Kassenvertreter darin, dass der Ansatz des Gesetzentwurfs für einen Bundeszuschuss von fünf Milliarden Euro zu niedrig ausfalle. In dem Gesetz sind unter anderem Vorgaben zur Finanzierung der Krankenkassen im kommenden Jahr enthalten.

Bei einer Anhörung im Gesundheitsausschuss am Montag wurde gefordert, die mit den aktuellen Plänen aufreißenden Widersprüche zu Regelungen des Versichertenentlastungsgesetzes (VEG) und des Fairer-Kassenwettbewerbs-Gesetzes (FKG) zu entschärfen.

Elsner: „Korrektur von Unwuchten“

Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (vdek), verwies gleichzeitig darauf, dass der geplante Abbau von Rücklagen der Kassen im Umfang von acht Milliarden Euro eine „Korrektur von Unwuchten aus dem Risikostrukturausgleich der Kassen untereinander“ bedeute. Das werde von den Ersatzkassen anerkannt, auch wenn das Haushaltsrecht der Kassen damit verletzt werde.

In einer Mitteilung betonte die AOK Nordost dazu, dass die Vorgaben des FKG die Kassen in den ländlich geprägten ostdeutschen Ländern 400 Millionen Euro kosteten. Der Griff Spahns in die Kassenreserven bedeute für die AOK Nordost alleine einen Abfluss von weiteren 172 Millionen Euro.

Der Vorsitzende des BKK-Dachverbands, Franz Knieps, warnte allerdings „dringend“ davor, das FKG-Paket wieder aufzureißen. Für kleinere Kassen ergäben sich dann Nachteile. Die Mehrheit der BKKen habe weniger als 50.000 Mitglieder. Ein schwerer Versorgungsfall könne dort Insolvenzgefahr hervorbeschwören.

Hohnl: „Konstruktionsfehler“

Einen „Konstruktionsfehler“ im Entwurf des GPVG machte der Vorsitzende des IKK-Bundesverbands, Jürgen Hohnl, aus. Wegen eines falsch gewählten Stichtages stelle sich die Finanzsituation der Kassen bereits aktuell deutlich schlechter dar als von den Autoren des Gesetzentwurfs angenommen. Die Finanzierungslücke der GKV in kommenden Jahr betrage nicht 16,6 Milliarden Euro, sondern mindestens 18,3 Milliarden, voraussichtlich aber mehr als 20 Milliarden Euro.

Der Bundeszuschuss sollte daher von den bislang geplanten fünf auf neun Milliarden Euro angehoben werden. Alternativ ließen sich die fehlenden vier Milliarden Euro auch erlösen, indem alle Kassen dazu verpflichtet würden, ihre Rücklagen, die über vier Fünftel einer Monatsausgabe hinausgehen, komplett aufzulösen und nicht, wie vorgesehen, anteilig.

Hoyer: Zusatzbeiträge freigeben

Widerspruch erntete Hohnl aus dem AOK-Lager. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands Jens Martin Hoyer verwies darauf, dass die AOKen schon nach dem aktuellen Entwurfsstand mit 4,2 Milliarden Euro aus ihren Rücklagen den Löwenanteil zur Deckung der Finanzlücke beisteuern müssten.

Aus dem Gesetzentwurf gestrichen gehöre die Vorgabe, dass kassenindividuelle Zusatzbeiträge im kommenden Jahr nur dann erhöht werden dürften, wenn eine Kasse im letzten Quartalsergebnis weniger als vier Fünftel einer Monatsausgabe auf der hohen Kante habe. Ansonsten ergäben sich Wettbewerbsnachteile für Kassen mit höheren Rücklagen.

Die Forderungen des Gesetzentwurfs an die Kassen sind so austariert, dass ein durchschnittlicher Zusatzbeitrag von 1,3 Prozent ausreichen würde, um die von der Koalition vereinbarte „Sozialgarantie“ zu gewährleisten. Die besagt, dass die Sozialbeiträge im kommenden Jahr die 40-Prozent-Marke nicht reißen sollen.

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