Versorgungsverbesserungsgesetz

Kinder-und Jugendmedizin soll Bestandsschutz erhalten

Am Mittwoch wird Angela Merkels Ministerrunde das Versorgungsverbesserungsgesetz an den Bundestag weiterleiten. Eine Gewinnerin des Gesetzes dürfte die Kinder- und Jugendmedizin werden.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Besonders Kinderkliniken könnte das Versorgungsverbesserungsgesetz helfen.

Besonders Kinderkliniken könnte das Versorgungsverbesserungsgesetz helfen.

© Alessandra Schellnegger/picture alliance/SZ Photo

Berlin. Die Erosion der Fallpauschalen-Vergütung in Krankenhäusern geht weiter. Seit Anfang des Jahres 2020 sind die Kosten für die Pflege in Krankenhäusern nicht mehr in den DRG (Disease Related Groups) enthalten. Sie werden von den Kassen extra erstattet.

Mit dem „Versorgungsverbesserungsgesetz“ – am Mittwoch im Kabinett – will die Regierung jetzt einen Schritt weiter gehen. Um die stationären Strukturen halbwegs komplett aufrecht zu erhalten, sollen weitere Vorsorgepauschalen für unterfinanzierte Abteilungen eingeführt werden. So sollen Fehlentwicklungen korrigiert werden, zum Beispiel die einseitige Ausrichtung des stationären Sektors auf lukrative Operationen. Internistische Fächer bis hin zur Diabetologie klagen seit langem darüber, von den Kaufmännischen Direktoraten aus den Krankenhäusern gedrängt zu werden. Das ist nicht banal. Damit werden nämlich die Möglichkeiten der Facharztausbildung eingeschränkt.

Kindermedizin unprofitabel?

Zu den in den Augen von Klinikmanagern wenig gewinnbringenden Abteilungen gehört die Kinder-und Jugendmedizin. Erst im Juli hatte der private Klinikkonzern Asklepios im Windschatten der Corona-Krise seine Kinderstation in Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern geschlossen. Der Betreiber gab an, keine Ärzte mehr für Abteilung zu finden. Medien bezweifelten diesen Grund und unterstellten Rationalisierungsinteressen.

An diesem Ende setzt nun das Versorgungsverbesserungsgesetz an. Damit will die Regierung die Liste der bedarfsnotwendigen Krankenhäuser im ländlichen Raum erweitern. Und zwar um die Häuser mit Fachabteilungen für Kinder- und Jugendmedizin. Damit können diese Krankenhäuser aus einer zusätzlichen Geldquelle schöpfen. Rund zwölf Millionen Euro aus dem Topf der gesetzlich Versicherten will der Bund dafür zur Verfügung stellen. Dem Gesetzentwurf ist zu entnehmen, dass gemäß einer Folgenabschätzung des GKV-Spitzenverbandes voraussichtlich bis zu 31 Fachabteilungen für Kinder- und Jugendmedizin die Voraussetzungen für eine solche Förderung erfüllen.

Die Vergütung ist zurzeit nahezu ausschließlich an die Behandlung von Fällen geknüpft.

Professor Jonas Schreyögg, Mitglied des Sachverständigenrates für Gesundheit

Jedes dieser Krankenhäuser soll mindestens 400.000 Euro erhalten. Je mehr der sogenannten vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) definierten basisrelevanten Fachabteilungen ein Krankenhaus betreibt, desto höher sind die Zuschüsse, allerdings gedeckelt auf 800.000 Euro im Jahr. Basisrelevant sind die Geburtshilfe, neuerdings die Kinder- und Jugendmedizin, die Innere Medizin und die Chirurgie.

Anreiz Fallzahlen

Die Strukturen der stationären Versorgung genießen gerade viel Aufmerksamkeit. In einem Gutachten für die Techniker Krankenkasse hat der Gesundheitsweise Professor Jonas Schreyögg die Verknüpfung der Krankenhauskosten mit den Fallzahlen kritisiert. „Die Vergütung ist zurzeit nahezu ausschließlich an die Behandlung von Fällen geknüpft und setzt einen Anreiz zur Fallzahlenausweitung, um die Vorhaltekosten zu decken“, schreibt Schreyögg. Er empfiehlt den zielgerichteten Einsatz von Vorhaltepauschalen für bedarfsnotwendige Strukturen.

Nach Ansicht des Sachverständigen wäre das eine längst fällige Anpassung des stationären Vergütungssystems an die Praktiken der Nachbarländer in Europa. Lediglich Deutschland setze noch – mit der jungen Ausnahme der Pflegekosten – auf die Finanzierung durch Fallzahlgenerierung. Der Protest dagegen hat längst die Häuser selbst erfasst. Der Verband der Leitenden Krankenhausärzte (VLK) gehört zu den schärfsten Kritikern eines Systems, das von den Kaufmännischen Direktoren und Controllern beherrscht wird. Über System-Therapien wird nachgedacht: Gleichhohe Vergütungen für stationär wie ambulant zu erbringende Operationen sollen die Gewichte verschieben helfen.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

© Salesforce Germany GmbH

Value Based Healthcare

Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

Kooperation | In Kooperation mit: Salesforce Germany GmbH
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Studie VISION-DMD: motorische Funktion TTSTAND-Geschwindigkeit unter Vamorolon 6mg/kg/Tag im Vergleich zu Placebo (erstellt nach [13])

© [M] Springer Medizin Verlag GmbH; Santhera Germany GmbH

Therapie der Duchenne-Muskeldystrophie mit Kortikosteroiden über alle Altersstufen

Grundlagen und Real-World-Erfahrungen mit Vamorolon

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Santhera Germany GmbH, München
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Tab. 1: Empfohlene Anfangsdosierungen von Ruxolitinib bei akuter und chronischer GvHD in Abhängigkeit vom Alter

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [5, 6]

Graft-versus-Host-Erkrankung

JAK1/2-Hemmung jetzt für Kinder unter zwölf Jahren und in neuer Darreichungsform möglich

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

RSV-Impfung: Was empfiehlt die DEGAM für Pflegeheimbewohner?

BAM-Kongress 2025

Brustschmerz in der Hausarztpraxis: Was tun?

„ÄrzteTag“-Podcast

GKV in der Krise – warum ist das Klassenzimmer die Lösung, DAK-Chef Storm und BVKJ-Präsident Hubmann?

Lesetipps
Nahaufnahme wie eine Kind ein orales Medikament einnimmt.

© Ermolaev Alexandr / stock.adobe.com

Häufiges Problem bei Kindern

Nach Medikamentengabe gespuckt – was tun?

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung