Niedersachsen

Kliniken ziehen in den Wahlkampf

Immer mehr niedersächsische Kliniken schreiben rote Zahlen - und langsam reicht es den Häusern. Jetzt wollen Klinikträger und Gewerkschaften gemeinsam Druck aufbauen.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
In vielen niedersächsischen Kliniken regiert der Rotstift. Dagegen will die "Allianz für Krankenhäuser" mobil machen.

In vielen niedersächsischen Kliniken regiert der Rotstift. Dagegen will die "Allianz für Krankenhäuser" mobil machen.

© Sanders/fotolia.com

HANNOVER. "Wenn nichts mehr geht, dann ziehen wir zu Tausenden nach Berlin!" Das sagt Dr. Thomas Beushausen von der Hannoveraner Kinderklinik auf der Bult der "Ärzte Zeitung". "Ich bin sicher, dass der Marburger Bund (MB) und Verdi mitmachen würden."

Die Niedersächsische Allianz für Krankenhäuser ist mit massiven Beschwerden und Forderungen an die Öffentlichkeit gegangen und hat 2013 zum Entscheidungsjahr ausgerufen.

"Wir müssen im Wahljahr richtig Druck aufbauen", sagt Dr. Gerhard Tepe, Vorsitzender der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft (NKG). Der Grund: Mehr als die Hälfte der niedersächsischen Krankenhäuser schreibt rote Zahlen.

"Die Betriebskosten sind unser Problem", sagte Beushausen. "Wir können mit den Investitionen zwar die Betriebskosten senken, aber nicht einfangen."

Die 20 in der Allianz zusammengeschlossenen Kliniken, Verbände und Gewerkschaften sowie die NKG, Ärztekammer und KV Niedersachsen fordern mehr Geld und größeres politisches Engagement der Länder im Bundesrat.

Konkret fordert die Allianz, die Mehrleistungsabschläge, die "Strafrabatte" für Leistungszuwächse, nicht wie geplant auf zwei Jahre zu verlängern. Vor allem dürften die Abschläge für Mehrleistungen nicht die Durchschnittspreise in allen Kliniken des Landes senken, hieß es.

"Dieser Systemfehler gehört abgeschafft", so Tepe. Denn diese so genannte "doppelte Degression" führe unweigerlich zum Hamsterrad-Effekt.

Außerdem müsse der korrekt errechnete Kostenanstieg von vier Prozent ausgeglichen werden. Tatsächlich liegt der im vergangenen Jahr eingeführte Kostenorientierungswert bei nur zwei Prozent, und genau hier wird das Budgetwachstum der Krankenhäuser gedeckelt.

Kliniken: Haben unsere Hausaufgaben gemacht

"Außerdem fordern wir die vollständige Refinanzierung der Tariflöhne", so Elke Nobel von Verdi. "Wer keine Tariflöhne zahlt, soll auch nicht von der Refinanzierung profitieren. Sonst verschaffen sich die Häuser Wettbewerbsvorteile zu Lasten der Angestellten."

Von den Politikern forderten die Allianz-Partner "noch für das Jahr 2013 eine Gesetzesänderung, sodass die vereinbarten Tarifsteigerungen auch bezahlt werden können." Niedersachsen unterstützt derzeit eine entsprechende Bundesratsinitiative Bayerns.

Nach Erhebungen der NKG steht nicht nur den kleinen Häusern das Wasser bis zum Hals. Bereits 2010 haben weniger als die Hälfte der Krankenhäuser einen positiven Jahresabschluss erwirtschaften können.

2011 sank dieser Anteil auf ein Drittel und für das vergangene Jahr geht die Krankenhausgesellschaft davon aus, dass nur noch 20 Prozent schwarze Zahlen schreiben. Im laufenden Jahr würden nur noch 17,9 Prozent der Kliniken Gewinne erwirtschaften.

"Bei zwei von drei Krankenhäusern führt dies mittelfristig zur Existenzbedrohung", so die Erhebung. Entsprechend planten 27 Prozent der Häuser, mittelfristig Stellen abbauen zu wollen.

Das Fazit der NKG: "Hochwertige Krankenhausversorgung (ist) nicht mehr möglich." Alle Wirtschaftlichkeitspotenziale seien bereits gehoben. "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht!", erklärte Thomas Pilz, Geschäftsführer der Niedersächsischen Klinikverbundes St. Ansgar.

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