Bericht der BundesregierungBericht der Bundesregierung

Landbewohner haben es oft weit zum nächsten Krankenhaus

90 Prozent der Fläche Deutschlands sind laut Bundesregierung ländlich geprägt. Die Hälfte der Bevölkerung lebt dort. Fast die Hälfte der Bruttowertschöpfung geschieht dort. Doch die Idylle hat ihre Schattenseiten.

Veröffentlicht:
Stellten am Mittwoch den Bericht der Bundesregierung zur Entwicklung der ländlichen Räume vor: Julia Klöckner (CDU), Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft und Innenminister Horst Seehofer (CSU).

Stellten am Mittwoch den Bericht der Bundesregierung zur Entwicklung der ländlichen Räume vor: Julia Klöckner (CDU), Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft und Innenminister Horst Seehofer (CSU).

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin. Bis zum nächsten Krankenhaus haben Notfallpatienten auf dem Land oft einen weiten Weg zurückzulegen. Darauf weist das Bundeslandwirtschaftsministerium in seinem „Dritten Bericht der Bundesregierung zur Entwicklung der ländlichen Räume“ hin, den das Kabinett am Mittwoch verabschiedet hat. Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Heimatminister Horst Seehofer (CSU) stellten das Papier gemeinsam vor.

„Kritisch zu sehen ist aber die aufgrund unzulänglicher Verkehrsangebote oftmals schwierige Erreichbarkeit von Krankenhäusern für die Bevölkerung in einigen ländlichen Regionen, besonders wenn es um die Versorgung zeitkritischer Erkrankungen wie etwa Schlaganfälle oder Herzinfarkte geht“, so das Ministerium. „Krankenhäuser der Regelversorgung sind in rund 100 Landkreisen mit dem Pkw im Mittel erst in 20 bis 30 Minuten zu erreichen, während dies in den meisten kreisfreien Städten im Mittel in 5 bis 10 Minuten möglich ist.“ Es gibt in Deutschland knapp 300 Kreise.

25 bis 50 Minuten mit dem Rad zum Kinderarzt

In Städten seien hingegen auch Fachärzte vielfach zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar. Landbewohner bräuchten hingegen mit dem Rad in der Regel 25 bis 50 Minuten etwa zu einem Kinderarzt. Insgesamt sei die stationäre Versorgungssicherheit aber auch in ländlichen Regionen gewährleistet. „98,8 Prozent der Bevölkerung kann in weniger als 30 Minuten ein Krankenhaus der Grundversorgung erreichen.“

Das Angebot an ambulanten Gesundheits- und Pflegediensten sei in ländlichen Regionen derzeit noch als flächendeckend einzuschätzen, so der Bericht – allerdings steige der Bedarf dort stärker als in den Städten. Nicht nur Patienten, sondern auch Hausärzte alterten dort. Im internationalen Vergleich sei die Gesundheitsinfrastruktur hierzulande aber „qualitativ relativ gut“, und die Angebote seien im Durchschnitt „relativ gut erreichbar“. Die Erreichbarkeit sei aber regional sehr unterschiedlich.

Landleben gewinnt durch Pandemie an Attraktivität

Der Ärztemangel sei zum Teil „auch ein hausgemachtes Problem“, kritisierte Klöckner. Es sei an den Ländern, mehr Studienplätze zu schaffen und den Zugang nicht mit einem schwer zu erreichenden Notendurchschnitt übermäßig zu erschweren. Auch Praxisplätze für angehende Ärzte auf dem Land seien denkbar.

Die Ministerin betonte: „Wir wollen keine Regionen Deutschlands verlieren oder zurücklassen, weil zurückgelassene Regionen auch zum Teil für extreme Positionen anfällig sind.“ Die meisten Menschen lebten gerne dort, und in der Pandemie sei das Interesse an Aufenthalten auf dem Land noch gewachsen. Seehofer unterstrich: „Die Menschen sollen dort leben können, wo sie leben wollen.“ Die Politik müsse für die nötige Infrastruktur sorgen.

Nicht alle Mittel werden abgerufen

Insgesamt 1,87 Milliarden Euro wurden dem Bericht zufolge zwischen 2014 und 2019 in die ländliche Entwicklung investiert, davon 1,12 Milliarden Euro an Bundesmitteln. Die Mittel würden jedoch nicht immer abgerufen, beklagte Klöckner. „Einige lassen es liegen.“

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistags, Hans-Günter Henneke, erklärte: „Das Land zeigt im Vergleich zur Stadt in dieser Pandemie, was es zu bieten hat. Dafür braucht es natürlich auch ein paar Voraussetzungen: Schnelles Internet und gute Kinderbetreuung sind hier an erster Stelle zu nennen.“ Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) mahnte rasche Fortschritte beim Glasfaser-Ausbau an und mehr Hilfe des Bundes für alternde ländliche Regionen, wo immer weniger Menschen die Fixkosten für die kommunale Wasser- und Abwasserentsorgung trügen.

Seehofer kündigte für das Frühjahr einen Bericht der Bundesregierung zu Fortschritten beim Thema gleichwertige Lebensverhältnisse an, zu dem alle Ministerien beitragen sollten. (dpa)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Innovationsfondsprojekt „STATAMED“

Ambulant und stationär auf Augenhöhe

Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband

Nur kurz ins Krankenhaus, danach gut versorgt Zuhause

Innofondsprojekt „STATAMED“: Blaupause für Vernetzung

Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband
Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Gesundheitsreport der AOK Rheinland-Hamburg

Defizite beim Zusammenwirken von Haus- und Fachärzten

Lesetipps
Perianale Herpesinfektion: Bietet sich da eine Impfung an?

© Porträt: BVKJ | Spritze: Fiede

Sie fragen – Experten antworten

Perianale Herpesinfektion: Bietet sich da eine Impfung an?

Kein Weg zurück? Für die Atemwegsobstruktion bei COPD gilt dies seit einiger Zeit – laut GOLD-COPD-Definition – nicht mehr.

© Oliver Boehmer / bluedesign / stock.adobe.com

Lungenerkrankung

COPD: Irreversibilität nicht akzeptiert!

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung