Langzeit-Verordnung mit Hürden

Mit der langfristigen Verordnung von Heilmitteln wollte die Politik Patienten von Bürokratie entlasten. Doch das Verfahren klemmt - vieles läuft schief. Ärzte und Patienten sind verunsichert.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Patientin mit Ergotherapeutin: Immer mehr Langzeit-Verordnungen erreichen die Kassen.

Patientin mit Ergotherapeutin: Immer mehr Langzeit-Verordnungen erreichen die Kassen.

© Klaus Rose

HANNOVER. Noch immer herrscht Unklarheit bei der Gewährung von extrabudgetären Langzeit-Heilmittelverordnungen in Niedersachsen.

Es gibt noch immer keine klaren Vorgaben für die Beantragung auf Bundesebene, weshalb die verschiedenen Krankenkassen unterschiedlich verfahren und bei den Ärzten so für Verwirrung sorgen. Aber offenbar hapert es auch bei der Beantragung.

Bei der AOK Niedersachsen wurden seit Juli 2011 rund 3500 Anträge bewilligt "und die Quote steigt ständig", sagt AOK-Sprecher Carsten Sievers.

Ähnlich bei der Deutschen BKK: "Momentan erleben wir eine Flut von Anträgen auf Langfristgenehmigung von Heilmitteln", erklärt Lydia Krüger, Sprecherin der Kasse. Täglich werden bei der Deutschen BKK 80 Anträge eingereicht, hieß es.

Indessen: Die Anträge seien "häufig ohne medizinische Begründung, werden fälschlicherweise vom Arzt statt vom Patienten gestellt und vor allem: Sie beziehen sich zum großen Teil auf Indikationen, die einen mittelfristigen Behandlungsbedarf vorsehen oder akute und neu eingetretene Erkrankungen betreffen", berichtet Krüger.

"Leider erleben wir, dass Ärzte Patienten mit allen möglichen Indikationen, die eine Heilmittelverordnung außerhalb der Regelverordnung brauchen, die Langfristverordnung empfehlen oder fälschlicherweise gleich selbst den Antrag stellen."

Kursieren Falschinformationen?

Entweder gebe es bei diesen Anträgen gar keine Angabe über die Gründe oder Angaben, wie: "Bei Abbruch der Behandlung droht Verschlechterung", oder auch lediglich: "schwer krank", ohne jegliche Diagnose.

Zudem schickten viele Ärzte eigene Vordrucke - "häufig, ohne dass der Patient überhaupt Bescheid weiß", sagt Krüger.

Die BKK-Sprecherin vermutet hinter den Problemen "kursierende Falschinformationen innerhalb der Ärzteschaft" und "finanzielle Anreize" als Grund, möglichst viele Langzeitgenehmigungen zu beantragen.

Nicht jeder Antrag außerhalb der Regelversorgung sei für eine Langfrist-Genehmigung geeignet, so Krüger.

Die KV Niedersachsen habe ihre Mitglieder mehrfach informiert, "und zwar korrekt", betont KV-Sprecher Detlef Haffke.

Für eine Langfristverordnung sei laut Heilmittelrichtlinie ein formloser Antrag des Versicherten nötig und eine ärztliche Verordnung mit medizinischer Begründung, Prognose und "Erläuterung des nachvollziehbaren Therapiebedarfs".

Weitere Begründungen oder Therapieberichte sind nicht nötig. Andererseits reichten Hinweise wie "Verschlechterung ohne Behandlung" oder "schwer wiegende Erkrankung mit langfristigem Behandlungsbedarf" nicht aus, so die KV.

Der Gesetzgeber hat die extrabudgetär abrechenbare Langfristgenehmigung von Heilmitteln geschaffen, um besonders behinderten Menschen und Krebspatienten den längerfristigen Zugang zu Heilmitteln zu erleichtern.

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