Kommentar
Macht den ÖGD jetzt wetterfest!
Die Pandemie birgt für den ÖGD Herausforderung und Chance zugleich. Die politische Aufmerksamkeit sollte genutzt werden, um Strukturen und Aufgabenspektrum zu überprüfen.
Veröffentlicht:Mit der Corona-Pandemie hat die Politik den Öffentlichen Gesundheitsdienst, der bisher ein Schattendasein führte, als systemrelevant, ja sogar als zentralen Baustein einer erfolgreichen Pandemie-Bekämpfung entdeckt und überhäuft ihn mit Lobeshymnen.
Diese so plötzlich entfachte Liebe bietet eine Riesenchance für den ÖGD, nämlich Aufgaben und Strukturen ohne kleinkariertes Besitzstandsdenken zu überprüfen und zu verbessern, bevor sich das Interesse wieder anderen Dingen zuwendet.
Derzeit bearbeiten rund 400 Gesundheitsämter in Deutschland weitgehend selbständig einen Gemischtwarenladen an Aufträgen – von der AIDS-Beratung oder der schulärztlichen Eingangsuntersuchung bis hin zur Hygiene-Überwachung von Badestellen.
Die Erfahrung lehrt aber: Je mehr Einzelaufgaben, desto größer müssen die Einheiten sein – sonst droht mangelnde Kompetenz. Wer schon einmal erlebt hat, wie Ämter gelegentlich von Kreis zu Nachbarkreis unterschiedlich agieren, kann den Frust mancher Kritiker verstehen. Andererseits sind kleinere Einheiten agiler und strategische Fehler haben geringere Auswirkungen.
Deshalb: Man sollte die Krise nützen und Alternativen austesten – etwa, ob Landesgesundheitsämter nötig sind oder Kooperationen in Teilbereichen genügen. Die künftige ÖGD-Struktur bietet sich als ein wichtiges Thema für die Gesundheitsforschung geradezu an. Hier kann die Politik nachhaltig investieren und eine ergebnisoffene Prüfung beauftragen.
Entscheidungen sollte man zwar nicht übers Knie brechen, aber auch nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben. Denn eins darf nicht passieren: Dass wir mit Konsequenzen wieder bis zur nächsten Krise warten.
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