Arzneimittel
Mehrwertsteuer-Senkung spart Kassen sehr viel Geld
Die befristete Absenkung des Mehrwertsteuersatzes führt zu satten Einsparungen im Arzneimittelbereich. Davon profitierten aber vor allem die Kassen, nicht die Verbraucher, kritisiert die Linksfraktion.
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Wem bringt die Mehrwertsteuersenkung etwas? Zumindest die Krankenkassen sparen erst einmal bei den Arzneiausgaben.
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Berlin. Die von der Koalition beschlossene temporäre Senkung der Mehrwertsteuer führt bei den gesetzlichen Krankenkassen zu Einsparungen in Höhe von 600 Millionen Euro. Diese Summe nennt die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag. Die Antwort liegt der „Ärzte Zeitung“ vor.
Im Zuge ihres Corona-Konjunkturprogramms hatten Union und SPD beschlossen, ab dem 1. Juli den vollen Mehrwertsteuersatz von 19 auf 16 Prozent und den reduzierten Satz von sieben auf fünf Prozent zu senken. Der Schritt ist befristet bis Ende des Jahres. Ziel ist es, Kaufanreize für die Verbraucher zu setzen und so die Konjunktur nach dem wochenlangen Corona-Lockdown wieder anzukurbeln.
Bei etlichen Hilfsmitteln wie Hörgeräten oder Rollstühlen fällt der ermäßigte Mehrwertsteuersatz an. Für Arzneimittel gilt hingegen der volle Satz.
Wer spart durch die Senkung?
In ihrer Antwort betont die Bundesregierung, „voraussichtliche Mindereinnahmen“ durch die befristete Absenkung der Mehrwertsteuer bezögen sich auf das komplette Aufkommen der Steuern vom Umsatz. Daher ließen sich daraus keine Angaben zu „einzelnen Gütergruppen“ ableiten. Einzig Einsparungen durch die Mehrwertsteuer-Absenkung bei Arzneimitteln ließen sich näher quantifizieren.
Die Linksfraktion kritisierte die Mehrwertsteuer-Senkung zur Ankurbelung der Konjunktur als völlig verfehlt. Viele Fachleute wiesen darauf hin, dass am Ende bei den Menschen nur ein ganz kleiner Teil der Steuerersparnis ankomme. „Der Rest versickert – bei den Herstellern, den Ladeninhabern, den Unternehmern“, sagte die Sprecherin für Arzneimittelpolitik und Patientenrechte der Linksfraktion im Bundestag, Sylvia Gabelmann.
Forderung nach mehr Pflegelohn
Besser wäre es gewesen, denen mehr Geld zu geben, die ohnehin jeden Euro ausgeben müssten. Dazu zählten auch Pflegekräfte und Erzieher.
Im Gesundheitsbereich verfehle die Maßnahme der Mehrwertsteuerabsenkung das von der Regierung erklärte Ziel „besonders“, kritisierte Gabelmann. „Hauptprofiteure“ der Maßnahme seien nicht die Verbraucher, sondern Krankenkassen, private Versicherungsunternehmen, die Beihilfe, aber auch Leistungsträger wie Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen. „Eine Konjunkturspritze sieht wahrlich anders aus.“
Sie lehne es grundsätzlich ab, dass Arzneimittel mit dem vollen Mehrwertsteuersatz belastet würden, betonte Gabelmann. „Selbst wenn dieser abgesenkt wird, profitieren davon maßgeblich die Krankenkassen und nicht die Menschen.“
Kassenverband widerspricht
Die Kassen ihrerseits wiesen die Kritik zurück. Gegenüber dem „Handelsblatt“ (Montagausgabe) erklärte der GKV-Spitzenverband: „Anders als bei der privaten Krankenversicherung machen die gesetzlichen Krankenkassen keine Gewinne.“
Deshalb bleibe bei den Kassen jeder Euro, der durch die Mehrwertsteuersenkung weniger ausgegeben werde, für die Versorgung der Versicherten erhalten und gehe nicht etwa „über eine Gewinnausschüttung an Dritte“.