Kritik an GKV-Finanzstabilisierungsgesetz

Pharmaverband vfa warnt vor Standort-Nachteilen durch Lauterbachs Sparpläne

Um fast zwei Milliarden Euro soll die Pharmaindustrie die GKV kommendes Jahr zusätzlich entlasten. So die ersten Ideen aus dem Gesundheitsministerium. vfa-Präsident Han Steutel spricht von einem Imageschaden und „massiven Misstrauen“.

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Impfstoffproduktion

Arbeitsplätze und Steuereinnahmen: Impfstoff-Produktion made in Germany, hier in Marburg.

© Boris Roessler / dpa

Berlin. Die Arzneihersteller warnen angesichts von Sparplänen aus dem Bundesgesundheitsministerium vor Nachteilen für den Pharma-Standort Deutschland. „Der Entwurf, der gerade durch Berlin geistert, enthält fast nur Maßnahmen, die zu Lasten unserer Industrie gehen“, sagte der Präsident des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa), Han Steutel, am Sonntag der Ärzte Zeitung. „Das massive Misstrauen gegen die Pharmaindustrie aus Teilen der deutschen Politik ist mal wieder in der Welt.“

Hintergrund seiner Kritik sind diese Woche bekannt gewordene Sparpläne von Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach. Der SPD-Politiker plant unter anderem, den sogenannten Herstellerrabatt über das Jahresende hinaus zu verlängern und von jetzt sieben auf 19 Prozent zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen im kommenden Jahr anzuheben.

Das Ministerium erwartet dadurch „Einsparungen in Höhe von mindestens 1,8 Milliarden Euro“. Die Pläne von Minister Lauterbach sind nach Angaben des Ministeriums noch nicht in der Bundesregierung abgestimmt. Die Vorlage ist eine Reaktion auf das erwartete GKV-Defizit von rund 17 Milliarden Euro im kommenden Jahr.

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Erinnerungen an das AMNOG 2010

vfa-Präsident Steutel warnt vor den möglichen Folgen dieser Pläne: „Die Rahmenbedingungen entscheiden natürlich über Investitionen der Unternehmen“, sagte er am Sonntag. „Als die Gesundheitspolitik das letzte Mal einseitig die Herstellerrabatte zwangsweise erhöhte, gingen die Investitionen der Branche prompt deutlich nach unten“, erinnerte er an die Einführung des Arzneigesetzes AMNOG im Jahr 2010. „Erst 2014 gingen sie wieder hoch und das war nachdem die Zwangsrabatte wieder reduziert wurden.“

Steutel erwartet, dass die Sparpläne schon jetzt zu einem Imageschaden für die Branche führen. „Die Berichterstattung darüber ist längst in den Pressemappen vieler Konzernzentralen, etwa in den USA, angekommen“, sagte er. „Der Imageschaden unter den internationalen Investoren ist also wieder einmal da, obwohl sich der Pharma-Standort Deutschland in der Pandemie als leistungsstark erwiesen hat.“

„Verwaltungschaos“

Um für den Pharma-Standort Deutschland zu werben, brauche es „schon ein Signal aus der Ampelkoalition, dass sie auf unsere Industrie baut und sie nicht nur als Verfügungsmasse für Budgetlöcher in der GKV sieht“.

Steutel erwartet, dass „die scheinbar weder autorisiert noch mit anderen Ressorts und dem Kanzleramt abgestimmten“ Pläne revidiert werden. „Ich gehe davon aus, dass sich dieses Verwaltungschaos wieder einfangen lässt und der Bundesgesundheitsminister sein Haus noch in den Griff bekommt“, so Steutel.

Die Pharmaindustrie beschäftigt nach Angaben des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hierzulande rund 140.000 Menschen bei einem Branchenumsatz von rund 43 Milliarden Euro im Jahr 2020. (nös)

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