Corona-Pandemie

RKI-Präsident hält nichts von Massentests

Soll jeder Bundesbürger auf eine Infektion mit dem Coronavirus getestet werden? Die Diskussion darüber ist in vollem Gange. Das Robert Koch-Institut macht nun eine klare Ansage.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
RKI-Präsident Lothar Wieler bei der Pressekonferenz am Freitag.

RKI-Präsident Lothar Wieler bei der Pressekonferenz am Freitag.

© Christian Mang/Reuters Pool/dpa

Berlin. In der Diskussion um Massentests auf COVID-19 hat das Robert Koch-Institut (RKI) zu differenziertem Vorgehen aufgerufen. „Der Test ist eine Momentaufnahme, ein negatives Testergebnis kann auch zu falscher Sicherheit führen“, sagte RKI-Präsident Professor Lothar Wieler am Donnerstag. „Deshalb raten wir weiter davon ab, alle Menschen zu testen.“

Gleichwohl sei bekannt, dass ein Teil der Infizierten das Virus bereits ausscheide, bevor die Personen Symptome zeigten, betonte Wieler. „Das heißt, es gibt ganz klar Situationen, in denen wir es für sinnvoll erachten, Menschen zu testen, auch wenn sie nicht symptomatisch sind.“

Risikogruppen besser schützen

Dadurch ließen sich Risikogruppen in Pflegeheimen oder Krankenhäusern besser vor einer Infektion schützen. An diesen Orten sei das Prinzip, grundsätzlich zu testen, sinnvoll, betonte Wieler. Das RKI wolle seine Empfehlungen zur Testung auf COVID-19 entsprechend erweitern.

Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch den Weg für mehr Tests auf COVID-19 freigemacht. Getestet werden können künftig auch symptomfreie Personen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte betont, dies gelte etwa für Beschäftigte in Heimen und Kliniken. Vor allem in Alteneinrichtungen hatte es zuletzt zahlreiche Fälle von COVID-19 gegeben. Der Bundestag muss dem Gesetz noch zustimmen.

Die Testkapazitäten in Deutschland sind zuletzt deutlich gestiegen – in der vergangenen Woche auf rund 860.000 Tests, informierte RKI-Chef Wieler. „Das ist so viel, wie wir das noch nie hatten, das ist großartig.“ Es seien auch deutlich mehr Tests durchgeführt worden. Die entsprechende Zahl habe bei 467.000 gelegen.

Das zeige, dass die Tests inzwischen niedrigschwelliger durchgeführt würden als noch vor ein paar Wochen, so Wieler. „Das ist genau das, was wir wünschen und benötigen: Jeder, der akute Atemwegssymptome hat, soll auf das Corona-Virus getestet werden.“

Je früher eine infizierte Person erkannt werde, desto früher könne sie behandelt werden und desto früher ließen sich Infektionsketten nachverfolgen und unterbinden.

Zahl der Neuinfektionen sinkt

Erfreulich sei auch, dass sich das Corona-Virus in Deutschland weiter langsamer verbreite als in den vergangenen Wochen. Die Reproduktionszahl (R-Wert) liege aktuell bei 0,76 Prozent. Am Dienstag war der Wert noch mit 0,96 angegeben worden. Der R-Wert gibt an, wie viele Personen ein Infizierter im Schnitt ansteckt. Derzeit wäre das deutlich weniger als einer. Das RKI hatte zuletzt betont, der R-Wert sei ein wichtiger Wert, aber nicht der einzige, um das Infektionsgeschehen wiederzugeben. Entscheidend sei auch die Zahl der täglich gemeldeten Neuinfizierten.

Laut Wieler seien in dieser Woche zwischen 1000 und 1500 Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 pro Tag an das RKI gemeldet worden. In der vergangenen Woche seien es täglich noch um die 2000 gewesen.

Weltweit drei Millionen Infizierte

Bislang sind dem RKI mehr als 159.100 Fälle einer COVID-19-Infektion übermittelt worden (Stand: 30. April, 0 Uhr). Knapp 6300 Erkrankte sind verstorben. Schätzungsweise 123.500 Patienten sind genesen. Weltweit haben sich inzwischen schätzungsweise mehr als drei Millionen Menschen infiziert. Besonders heftig ist das Ausbruchsgeschehen in den USA mit mittlerweile über einer Million Infizierter und mehr als 58.000 Verstorbener. In Europa stark betroffen sind Spanien und Italien.

Wieler appellierte erneut an die Bundesbürger, sich an Abstands- und Hygieneregeln zu halten und Kontaktbeschränkungen ernst zu nehmen. In öffentlichen Verkehrsmitteln oder Supermärkten sei „zusätzlich zu den Maßnahmen“ eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.

Außerdem rief Wieler dazu auf, Vorsorgeuntersuchungen weiter unbedingt wahrzunehmen. Das gelte auch für U-Untersuchungen für Kinder. Es gebe keine Hinweise darauf, dass sich eine Immunisierung – etwa gegen Masern – negativ auf eine COVID-19-Erkrankung auswirke.

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