Umfrage

Rheumatologen: Ja zur Delegation – aber eher nicht an Hausärzte

Es gibt zu wenige Rheumatologen und viele sind überlastet. Das hat eine Umfrage zur Arbeitssituation der Medizinischen Hochschule Hannover ergeben, bei der auch gefragt wurde: Wie könnten die Rheumatologen entlastet werden? Klar ist: Es muss gehandelt werden.

Anke ThomasVon Anke Thomas Veröffentlicht:

Hannover. Gerade in der Rheumatologie ist der Druck besonders groß, neue Ärzte für dieses Spezialgebiet zu gewinnen. Dabei steht die Rheumatologie in Konkurrenz zu anderen Medizingebieten.

Denn sie fischt aus dem gleichen Pool der Inneren Medizin wie andere medizinische Fachgebiete mit weitgehend ähnlichen fachlichen und organisatorischen Voraussetzungen, erklären die Autoren des Berichts: „Arbeitssituation von Rheumatologen und Assistenzärzten in Zeiten von COVID-19“ (Z Rheumatol 2021; online 17. September). Der Bericht hat unter anderem auch die Ergebnisse einer Erhebung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) berücksichtigt.

Vom 22. Januar bis 28. Februar 2021 hat die MHH mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie eine fragenbogenbasierte Online-Befragung unter Rheumatologen und Assistenzärzten in Deutschland durchgeführt. Das Thema lautete: „Gesundheitspersonal, Arbeits- und Beschäftigungssituation in der Rheumatologie in Deutschland“.

Zwei Drittel geben Aufgaben ab

101 Rheumatologen und Ärzte in Weiterbildung zur Rheumatologie nahmen an der MHH-Umfrage teil.

Bezüglich der Arbeitszeit gaben die Ärzte an, durchschnittlich 49,6 Stunden pro Woche zu arbeiten (Frauen 46,9; Männer 52,7). Die Gesamtspanne, so die Autoren, betrug zwischen 20 und 80 Stunden. Frauen arbeiteten dabei durchschnittlich 5,8 Stunden weniger pro Woche als ihre männlichen Kollegen, aber nur 15 Prozent arbeiteten weniger als 40 Stunden pro Woche (neun Prozent Männer).

Die angestrebte Arbeitszeit lag sowohl bei Männern als auch bei Frauen deutlich niedriger, im Durchschnitt aber immer noch im Bereich einer Vollzeitbeschäftigung (37,9 Stunden pro Woche). Etwa zwei Drittel (67 Prozent) der Befragten gaben an, sich zu bemühen Aufgaben an andere Berufsgruppen zu delegieren.

Vor allem würde an medizinische Fachangestellte (MFA – 42 Prozent) und Rheumatologische Fachassistentinnen (RFA – 44 Prozent) und in geringerem Maße an examinierte Krankenschwestern (18 Prozent) delegiert. Etwa 23 Prozent der Befragten nahmen an Pilotprojekten zu Delegationen teil, so die Autoren.

Weitere sechs Prozent würden dies planen. Alle diese Pilotprojekte konzentrierten sich auf RFA; andere Berufsgruppen seien nur marginal vertreten, wie Arzthelferinnen (ein Prozent) und Nicht-Gesundheitspersonal, zum Beispiel Verwaltungspersonal (zwei Prozent).

Sehr positiv: Delegation an RFA

Bei der MHH-Befragung wurden die Rheumatologen und Assistenzärzte auch gebeten, ihre Zusammenarbeit mit den Berufsgruppen zu bewerten. Die Skala reichte von sehr gut bis sehr schlecht. Gut vier von fünf gaben an, dass sie die Zusammenarbeit mit den Arzthelferinnen und dem Pflegepersonal als gut oder sehr gut empfanden. Die Hausärzte konnten bei den Rheumatologen hingegen nicht wirklich punkten. Die Zusammenarbeit mit ihnen wurde deutlich schlechter bewertet.

Zur Entlastung können nach Ansicht der Befragten vor allen Dingen die RFA beitragen. 87 Prozent der Befragten fanden, dass die Delegation von Aufgaben an spezialisierte RFA eine hilfreiche Strategie ist, um den Mangel an Rheumatologen zu mildern. 71 Prozent meinten, dass dies auch ohne Einbußen in der Versorgungsqualität erfolgen könne, wenn eine Ausbildung absolviert werde im Curriculum Spezialisierte Rheumatologie-Assistenz (RFA).

Im Gegensatz dazu glaubte nur ein Drittel der Befragten (33 Prozent), dass die Delegation von Aufgaben an Hausärzte sinnvoll sei. Auch wenn die Hausärzte eine Weiterbildung abgeschlossen hätten, glaubte nur etwa jeder fünfte (22 Prozent), dass die Versorgungsqualität keinen Schaden nehmen würde. Die Delegation an andere Mitarbeiter im Gesundheitswesen (HCW – Health Care Worker) wurde dabei ähnlich wie die Delegation an Hausärzte bewertet, jedoch nur geringfügig negativer (siehe Abbildung).

Zu wenig qualifiziertes Personal

Bei der Delegation von Aufgaben an andere medizinische Fachkräfte äußerten sich die meisten Rheumatologen negativ oder unsicher (74 Prozent). In den Freitextfeldern wurden aber fünf Gruppen genannt, die möglicherweise für eine Delegation nach Ansicht der befragten Rheumatologen infrage kommen könnten. Genannt wurden unter anderem Orthopäden, andere internistische Fachärzte (zum Beispiel Kardiologen, Nephrologen), Krankenschwestern, Sozialarbeiter/ Gemeindegesundheitspersonal.

Viele Befragte benannten auch Punkte, die der Delegation im Wege stehen. So fehle es an optimalen rechtlichen Rahmenbedingungen. Auch gebe es keine finanziellen Anreize oder Vergütungssysteme. Um delegieren zu können, sei Fachpersonal mit rheumatologischen Kenntnissen erforderlich, dies sei oft Mangelware. Auch erlaubten die oft komplexen rheumatologischen Aufgaben es nicht, umfänglich delegieren zu können.

Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss: Grundsätzlich sehen Rheumatologen eine Zusammenarbeit und Aufgabendelegation an medizinische Fachangestellte positiv. Die Einstellung zur Zusammenarbeit mit Hausärzten weise jedoch auf Blockaden hin. Die Rheumatologen selbst finden Delegation eine gute Strategie.

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