Klinische Prüfungen
Ruf nach Audit der IT-Plattform CTIS
Ethikkommissionen und BÄK mahnen Brüssel angesichts der Dysfunktionalität des Clinical Trials Information System zur Schadensbegrenzung.
Veröffentlicht:Berlin/Brüssel. Die Art und Weise, wie klinische Prüfungen in der Europäischen Union (EU) durchgeführt werden, sollte sich mit Scharfschaltung der EU-Verordnung über klinische Prüfungen (536/2014) zum 31 Januar 2022 und dem Ende der Übergangsfrist zum 31. Januar 2023 verändern. Mit der Verordnung werden die Einreichungs-, Bewertungs- und Überwachungsverfahren für klinische Prüfungen in der EU über das Informationssystem für klinische Prüfungen (Clinical Trials Information System – CTIS) vereinheitlicht.
Die Praxis scheint sich indes schwierig zu gestalten, wie bereits seit geraumer Zeit aus verschiedenen Kreisen zu hören ist. Nun hat der Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland (AKEK) in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung unter Beteiligung der Bundesärztekammer (BÄK) einhellig massive Funktionsmängel der Plattform CTIS festgestellt.
Um Schaden von den Patientinnen und Patienten und dem Forschungsstandort Europa abzuwenden, stellen der AKEK und die BÄK daher, wie sie am Mittwoch mitteilten, zwei konkrete Forderungen in Richtung Brüssel:
Noch in diesem Jahr soll eine systematische Überprüfung der IT-Plattform auf EU Ebene durch eine unabhängige Instanz und unter Berücksichtigung aller Betroffenen entscheiden, ob bei Verletzung des Artikels 80 der EU-Verordnung eine grundsätzliche Änderung des Verfahrens notwendig sei.
Klinische Prüfungen, die noch vor dem Inkrafttreten der EU-Verordnung genehmigt wurden, müssen laut Gesetz innerhalb der nächsten drei Jahre in CTIS überführt werden. Dabei handelt es sich europaweit um Tausende Studien. Um eine unmittelbare Reduktion der Probleme zu erreichen, muss auf diese Überführung ersatzlos verzichtet werden.
Unstrukturierte Plattform
Um die Prüfung der Arzneimittelstudien durch die Ethikkommissionen und zuständigen Behörden in Europa zu koordinieren, wurde ein IT-Portal entwickelt, das laut Verordnung „auf dem jeweils neuesten Stand der Technik und benutzerfreundlich [ist], damit kein unnötiger Arbeitsaufwand entsteht.“ ((EU) Nr. 536/2014, Artikel 80). Nach einem Jahr Erfahrung mit dem Portal CTIS sei nunmehr aber klar, dass die von der EU-Kommission an das Portal gestellten Anforderungen nicht erfüllt seien. Die Ethikkommissionen hätten einhellig konstatiert, heißt es, die IT-Plattform sei unstrukturiert, benutzerunfreundlich und fehleranfällig. Die Bewertung von Studienanträgen werde mit einem erheblichen Mehraufwand für unnötige Formalien erschwert.
Auch bestehe das Risiko, dass klinische Prüfungen ohne die nötige Sorgfalt genehmigt werden könnten. Das schade den Patientinnen und Patienten. (maw)