Corona und Pflegeheime

SARS-CoV-2 in Heimen: Anbieter warnen vor Schwarzer-Peter-Spielchen

Immer mehr Seniorenheime schlagen Corona-Alarm. Anbieter warnen nun vor „einseitigen Schuldzuweisungen“. Die Versorgungslage pflegebedürftiger Menschen sei zu komplex.

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Pflegeheime stehen zur Zeit unter besonderer Beobachtung. Einige haben mit einer stark steigenden Zahl von Todesfällen durch die Coronaviruspandemie zu kämpfen.

Pflegeheime stehen zur Zeit unter besonderer Beobachtung. Einige haben mit einer stark steigenden Zahl von Todesfällen durch die Coronaviruspandemie zu kämpfen.

© Oliver Berg / dpa

Berlin. Während das Robert Koch-Institut vorsichtig von einer sich verlangsamenden Ausbreitung des Corona-Virus spricht, spitzt sich die Lage in deutschen Altenheimen zu. So melden inzwischen mehrere Bundesländer eine hohe Zahl von SARS-CoV-2-Infektionen in Pflegeeinrichtungen. Auch von Todesfällen wird gehäuft berichtet.

Niedersachsen hatte nach dem Tod mehrerer infizierter Pflegebedürftiger in Wolfsburg erst kürzlich einen Aufnahmestopp für Pflegeheime angeordnet. Ausnahmen sind seither nur noch möglich, wenn eine zweiwöchige Quarantäne für neue Bewohner garantiert ist. Gesundheitsministerin Dr. Carola Reimann (SPD) hatte betont, die Entwicklungen ließen der Landesregierung keine andere Wahl, als noch härtere Bandagen anzulegen.

bpa: Wer hat das Recht, den ersten Stein zu werfen?

Pflegeanbieter haben nun davor gewarnt, den Schwarzen Peter für die Vorgänge einseitig den Einrichtungen zuzuschieben. Derartige Anschuldigungen würden sich wegen der Komplexität der Versorgung älterer, pflegebedürftiger Menschen verbieten, sagte der Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), Bernd Meurer, am Freitag. Der bpa vertritt eigenen Angaben zufolge rund 11 .000 ambulante und stationäre Pflegeunternehmen.
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Meurer untermauerte seinen Appell mit einem Beispiel, das sich so „jeden Tag an jedem Ort“ wiederholen könne: Ein Physiotherapeut mobilisiere den Bewohner eines Pflegeheimes während des Krankenhausaufenthalts, der Bewohner werde nach Abschluss der Behandlung in der Klinik wieder ins Pflegeheim verlegt. Weder Therapeut noch Bewohner hätten Fieber, Husten oder bekannten Kontakt zu infizierten Personen.

Wenige Tage später werde das Heim vom Krankenhaus informiert, dass der Therapeut positiv aus das Corona-Virus getestet worden sei. Daraufhin werde auch der Bewohner positiv getestet, obwohl er in den vergangenen Tagen mobil gewesen sei. Hinzu komme, dass zwei von drei Bewohnern eines Pflegeheimes an Demenz litten.

Empfehlungen schwer einzuhalten

Das Beispiel verdeutliche, so Meurer: „Neben der fehlenden, aber dringend benötigten zusätzlichen Schutzkleidung setzt die oft mangelnde Einsichtsfähigkeit der Umsetzung von klugen Quarantäneempfehlungen enge tatsächliche Grenzen.“

Schuldzuweisungen seien daher fehl am Platz. Sie hätten allzu häufig „den faden Beigeschmack, hier wolle sich jemand absichern zulasten derjenigen, die vor Ort tatsächlich mit der Situation konfrontiert sind“. „Wer wirft mit welchem Recht hier den ersten Stein?“, setzte Meurer hinzu.

Patientenschützer: Besonders Schutzbedürftige in den Blick nehmen!

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, rief Bund und Länder auf, in der Corona-Krise verstärkt die besonders Schutzbedürftigen in den Blick zu nehmen. „Denn was in der Pflege schiefläuft, kann die Intensivstation kaum retten“, sagte Brysch der „Ärzte Zeitung“ am Freitag.

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Pflegebedürftige, Heimbewohner und ihre Helfer seien bevorzugt auf Covid-19 zu testen. Zudem sei den Einrichtungen unverzüglich Schutzkleidung und Desinfektionsmittel bereitzustellen. „Notfalls muss der Staat diese beschlagnahmen und verteilen“, sagte Brysch. (hom)

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