Reaktion auf Impulspapier

Sektorenübergreifende Einrichtungen: Minister Lucha befürwortet Anregungen von Klinikträgern und AOK

Die Zukunft sektorenübergreifender Versorgungseinrichtungen ist unklar – die Klinikreform lässt viele Fragen offen. Baden-Württembergs Gesundheitsminister Lucha begrüßt die Anregungen in einem neuen Impulspapier.

Veröffentlicht:
„Die aktuellen gesetzlichen Regelungen zu sektorenübergreifenden Versorgern bleiben leider weitgehend dem alten Denken verhaftet“: Manfred Lucha (Grüne), Gesundheitsminister in Baden-Württemberg.

„Die aktuellen gesetzlichen Regelungen zu sektorenübergreifenden Versorgern bleiben leider weitgehend dem alten Denken verhaftet“: Manfred Lucha (Grüne), Gesundheitsminister in Baden-Württemberg.

© Britta Pedersen / dpa / picture alliance

Berlin/Stuttgart. Vier Klinikträger und der AOK-Bundesverband werben dafür, sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen (SÜVE) eine neue Perspektive zu geben. Dabei drängen sie auf eine Nachbesserung der Krankenhausreform, um diesen neuen Kliniktyp an der Schnittstelle zwischen stationärer und ambulanter Versorgung zu positionieren.

Zentrale Forderung: Diese Versorgungseinrichtungen sollten nicht dazu verpflichtet werden, bestimmte akutstationäre Leistungen vorzuhalten. Stattdessen sollte ihr Leistungsumfang je nach Bedarf vor Ort von den Planungsbehörden der Länder festgelegt werden – im Einvernehmen mit Krankenhausträger und Krankenkassen, heißt es in einem „Impulspapier“ von Asklepios Kliniken, Sana-Kliniken, Deutscher Evangelischer Krankenhausverband, Thüringen-Kliniken und AOK-Bundesverband.

Lesen sie auch

Das Papier biete „einige gute Ansätze“, sagte der baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) der Ärzte Zeitung. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen zu sektorenübergreifenden Versorgern bleiben aus seiner Sicht bisher „weitgehend dem alten Denken verhaftet“. Zugleich gebe es immer mehr hochaltrige, alleinlebende Patientinnen und Patienten, für deren Erkrankungen grundsätzlich eine ambulante Versorgung möglich wäre, die sich vorübergehend aber nicht zu Haus versorgen könnten.

27 Primärversorgungszentren gefördert

In Baden-Württemberg sind in den vergangenen Jahren durch Landesförderung insgesamt 27 Primärversorgungszentren entstanden. 4,4 Millionen Euro flossen dafür in die Unterstützung von Einrichtungen, die vor allem auf dem Land und in Kommunen mit bestehenden oder absehbaren Versorgungsengpässen etabliert wurden.

Dabei konnte gezeigt werden, dass sektorenübergreifende Ansätze „dazu beitragen können, die Gesundheitsversorgung insbesondere von Menschen mit chronischen, chronisch-mehrfachen und komplexen Erkrankungen zu verbessern“, hat das Gesundheitsministerium im Juni in seiner Antwort auf eine parlamentarische Anfrage mitgeteilt.

Lesen sie auch

Die Partner des „Impulspapiers“ erinnern an die Elemente der Ambulantisierung, wie sie in frühen Entwürfen des Krankenhausversorgungsverbesserungs-Gesetzes (KHVVG) enthalten waren – das gelte insbesondere für die medizinisch-pflegerische Versorgung. Auch mit dieser Position geht Lucha konform: Baden-Württemberg setze sich zusammen mit anderen Bundesländern dafür ein, dass die medizinisch-pflegerische Versorgung wieder im Leistungsspektrum der sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen vorgesehen wird, betont er.

Keine ständige ärztliche Präsenz nötig

Angesichts des eher ambulant-pflegerischen Leistungsspektrums sei es aus Sicht Baden-Württembergs „schon lange klar, dass auch die Anforderungen an SÜVE angepasst werden müssen, damit diese auch wirtschaftlich tragfähig sind“. Das gelte beispielsweise für eine ständige ärztliche Präsenz, die – anders als in Krankenhäusern – hier nicht notwendig sei, sondern auch durch Rufbereitschaft abgedeckt werden könne, so Lucha.

Insoweit hält der Minister die Forderung der „Impuls“-Autoren, SÜVE nicht zu stationären Leistungen zu verpflichten, für „nachvollziehbar“. Nach der geltenden Rechtslage schreibt Paragraf 115g SGB V vor, dass sektorenübergreifende Versorger zwingend solche Leistungen vorhalten müssen.

Lesen sie auch

Das theoretische Potenzial dieser niederschwelligen Versorgungsangebote beziffern die Autoren – bezogen auf das Jahr 2023 – bundesweit auf zwei bis drei Millionen Fälle. Damit eröffne sich insbesondere für Krankenhäuser mit bis zu 200 Betten eine neue Perspektive – das sind in Deutschland rund 770 Häuser. Für „unabdingbar“ halten es die Autoren des Papiers, dass SÜVE auch in städtischen Ballungsgebieten etabliert werden.

Förderung aus Transformationsfonds wünschenswert

Für die Vergütung von SÜVE wünschen sich die Initiatoren eine „verlässliche Finanzierungsbasis“, die aus mehreren Elementen besteht. Eines davon sollte ein Tagessatz für medizinisch-pflegerische Leistungen sein. Dabei wäre es sinnvoll, wenn es „mittelfristig“ zu einer „Komplexitätsreduktion“ der Vergütungssysteme kommen würde.

Das baden-württembergische Sozialministerium hält indes weitere Anpassungen für geboten. So dürften die Länder nur Krankenhäuser planen und fördern – nicht aber einen OP-Saal, der nur für ambulante Eingriffe genutzt wird. Da die Länder für Investitionen im stationären Bereich zuständig sind, wäre gegenwärtig auch eine Förderung aus dem Transformationsfonds schwierig, heißt es. Durch Bundesrecht geregelt werden müsste dann auch die damit verbundenen beihilfe- und wettbewerbsrechtlichen Belange, heißt es aus Baden-Württemberg. (fst)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Bausteine fürs Primärarztsystem

So soll die ressourcenschonende Patientensteuerung gelingen

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Abrechnung

Die wichtigsten EBM-Änderungen zum Quartalswechsel

Digitalisierung

Arzt-Patienten-Kommunikation jetzt über die ePA möglich

Marker für Demenzrisiko

Stärkere Menopausen-Symptome weisen auf kognitive Einbußen hin

Lesetipps
Eine Frau lässt sich in einem Kosmetikstudio permanent Eyeliner auftragen.

© Maxim / stock.adobe.com

Riskante Kosmetik

Wenn das Permanent-Make-up ins Auge geht

Mit der Verordnung einer DiGA ist es in der Regel nicht getan. Soll die Therapie sinnvoll unterstützt werden, braucht es eine Verlaufskontrolle durch Ärztin oder Arzt.

© kossovskiy / stock.adobe.com

Abrechnung

Bei diesen zehn DiGA wird die Verlaufskontrolle extra honoriert