Krankenhausgipfel

Spahn: Stationäre Versorgung nicht bedarfsgerecht!

Gesundheitsminister Jens Spahn hat beim Krankenhausgipfel 2020 sehr offen die Strukturfrage in der stationären Versorgung angesprochen. Außerdem kündigt er an, dass das Fallpauschalensystem überarbeitet wird und die Personaluntergrenzen ausgedehnt werden.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Grundversorgung müsse anders als heute finanziert werden, betont Gesundheitsminister Jens Spahn.

Grundversorgung müsse anders als heute finanziert werden, betont Gesundheitsminister Jens Spahn.

© Markus Schreiber/AP POOL/dpa

Berlin. Die Krankenhauslandschaft steht vor einer tiefgreifenden Strukturreform. Beim Krankenhausgipfel 2020 am Mittwoch hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Überarbeitung des Fallpauschalensystems angekündigt.

Er könne sich vorstellen, den Prozess noch vor den Wahlen 2021 zu starten, sagte Spahn. In der Diskussion sind zum Beispiel Vorhaltepauschalen für in der Versorgung dringend benötigte internistische Abteilungen. Grundversorgung müsse anders als heute finanziert werden. Solche Einheiten haben die Krankenhäuser in der Vergangenheit zunehmend abgebaut, weil ihre Deckungsbeiträge mit denen chirurgischer Abteilungen nicht Schritt halten konnten.

Das Land sei „weit von bedarfsgerechten Krankenhausstrukturen entfernt“, sagte Spahn. Bei Mindestmengen und Qualitätsvorgaben gehe es um Patientensicherheit. Eine geringere Mortalität von Patienten sei nachgewiesen, wenn bestimmte Operationen häufig vorgenommen würden und nicht nur bei Gelegenheit, sagte der Minister.

Es müssten Schwerpunkte gebildet werden. Dafür müsse der Begriff „bedarfsgerecht“ neu definiert werden, um dann darauf neue Wettbewerbsstrukturen aufzubauen.

Aufruf zur Digitalisierung

Spahn verwahrte sich gegen den Vorwurf, die Krankenhäuser würden kaputtgespart. „Sie haben gerade zehn Milliarden Euro für leere Betten bekommen“, sagte Spahn.

Der Minister forderte die Kliniken zudem auf, sich zu digitalisieren. Auch dafür gebe der Bund eine Hilfestellung von mehreren Milliarden Euro. Schon in der Pandemie hätte man eine stationäre Versorgung mit mehr Schnittstellen gebraucht. Insellösungen hülfen nicht weiter.

Lesen Sie dazu auch

Spahn kündigte zudem eine Weiterentwicklung des Systems der Personaluntergrenzen an. Er setze ein großes Fragezeichen dahinter, ob die Krankenhäuser die Pflegepersonal-Regelungen tatsächlich praktisch umsetzten. Er werde weitere Berufsgruppen in die Regelung holen, zum Beispiel die Notfallsanitäter. Zudem werde er die Personalvorgaben auch als Hebel in den Strukturfragen einsetzen.

DKG setzt auf Ausgleich der entgangenen Einnahmen

Der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft hatte zuvor die Rolle der Krankenhäuser in der Pandemie betont. „Politik, Gesellschaft und Gesundheitswesen haben sich in der Krise bewährt“, sagte Dr. Gerald Gaß. Die Zukunft malte Gaß in eher düsteren Farben.

Werden die Krankenhäuser kaputtgespart? Gesundheitsminister Spahn verneint dies auf dem Krankenhausgipfel.

Werden die Krankenhäuser kaputtgespart? Gesundheitsminister Spahn verneint dies auf dem Krankenhausgipfel.

© Paul Zinken/dpa

Es werde schwer, die Produktivität und die Behandlungszahlen der Krankenhäuser in der Vor-Corona-Zeit wieder zu erreichen. Er vertraue auf den Ganzjahresausgleich der entgangenen Einnahmen. „Es darf nicht sein, dass Grundversorgungskrankenhäuser im Hamsterrad operieren müssen“, sagte Gaß.

Der Krankenhaus-Lobbyist forderte von der Politik, sich zu einer „geordneten Strukturveränderung“ zu bekennen. Dazu gehört nach Auffassung von Gaß auch eine Beteiligung an der ambulanten Versorgung. Patienten mit „komplexem ambulantem Versorgungsbedarf“ müssten in den Krankenhäusern behandelt werden. Die Krankenhäuser könnten dafür mit hochspezialisierter Apparatemedizin aufwarten.

Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Verschiedene Gesichter

© Robert Kneschke / stock.adobe.com / generated with AI

Seltene Erkrankungen

GestaltMatcher – Per Gesichtsanalyse zur Orphan Disease-Diagnose

Künstliche Intelligenz gilt auch in der Medizin als Schlüsseltechnologie, mit deren Hilfe zum Beispiel onkologische Erkrankungen stärker personalisiert adressiert werden könnten.

© Kanisorn / stock.adobe.com

EFI-Jahresgutachten 2024 übergeben

KI: Harter Wettbewerb auch in der Medizin

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Tag der Privatmedizin 2023

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen