Pflegenotstand

Steckt die Pflege bereits in einem "Versorgungsmangel"?

Am Freitag haben sich der DGB und der bpa-Arbeitgeberverband Pflege in Berlin ein Fernduell geliefert. Es ging um die Frage, warum es im Pflegemarkt derzeit hakt.

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Gretchenfrage: Treibt der Stress Pfleger aus ihrem Beruf oder sorgen formale Regelungen dafür, dass Pflegeeinrichtungen den Bedarf nicht abdecken können?

Gretchenfrage: Treibt der Stress Pfleger aus ihrem Beruf oder sorgen formale Regelungen dafür, dass Pflegeeinrichtungen den Bedarf nicht abdecken können?

© Oliver Berg / dpa

BERLIN. 80 Prozent der Kranken- und Altenpfleger fühlten sich bei der Arbeit "oft gehetzt", ist ein Ergebnis einer am Freitag veröffentlichten Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes. "Statt den Beschäftigten in der Pflege den roten Teppich auszurollen, verschleißen die Arbeitgeber deren Gesundheit", sagte Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand, bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse. Die selbstausbeuterischen Arbeitsbedingungen in der Pflege schreckten Berufseinsteiger ab, sagte DGB-Vorstand Annelie Buntenbach.

Tatsächlich melden alleine die Ausbildungsstätten für die Altenpflege für 2017 einen Höchststand von 68.000 Auszubildenden. Die Gründe für Fachkräftemangel und Arbeitsverdichtung verorten die Sprecher der privaten Arbeitgeber woanders: Der Arbeitsmarkt laufe der demografischen Entwicklung hinterher.

Schere zwischen Pflegeangebot und Nachfrage geht weiter auf

"Den Fachkräftemangel in der Altenpflege werden wir durch höhere Bezahlung nicht auffangen", sagte Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). Die Pflege sei bereits ein "Mangelberuf".

Die Schere zwischen der Nachfrage nach Pflegeleistungen und dem Angebot gehe immer weiter auf. "Wir haben nicht mehr die Phase des Fachkräftemangels, wir haben die Phase des Versorgungsmangels", sagte Meurer.

Meurer forderte von den zuständigen Behörden daher in einem ersten Schritt eine Flexibilisierung der Fachkraftquote von derzeit 50 Prozent. Anfragen nach Pflegeplätzen müssten immer öfter abgelehnt werden, weil Heime diese Quote aufgrund des Fachkräftemangels nicht ausfüllen könnten.

Die ambulanten Dienste könnten den so entstehenden Pflegebedarf nicht ausreichend befriedigen, weil ihnen ebenfalls die Arbeitskräfte fehlten, so Meurer. Zudem müsse es in die Pflegeberufe eine massive Einwanderung ausländischer Pflegekräfte geben. Interessenten selbst aus dem europäischen Ausland würden nach wie vor zu viele bürokratische Steine in den Weg gelegt.

Forderung nach einheitlichen Tarifverträgen in der Pflege "ist scheinheilig"

Der Präsident des bpa-Arbeitgeberverbandes Rainer Brüderle nannte die Forderung der Politik nach einem bundesweit einheitlichen Tarifvertrag in der Altenpflege "scheinheilig". Einheitliche Tarifverträge seien auch in anderen Branchen nicht üblich. Zudem seien die Gehälter für Pflegekräfte 2017 um 4,7 Prozent gestiegen, in der Gesamtwirtschaft nur um 2,5 Prozent.

Arbeitgeber und Gewerkschaften bringen sich in Position für die Konzertierte Aktion Pflege von Gesundheits-, Familien und Arbeitsministerium. Erste Gespräche zwischen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und dem Arbeitgeberverband Pflege haben bereits stattgefunden. Der Verband vertritt rund 10.000 Unternehmen mit etwa 400.000 Beschäftigten. (af)

Lesen Sie dazu auch: DGB-Erhebung: Fast jeder zweite Pfleger macht Abstriche bei der Arbeitsqualität

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Kommentare
Gisela Görisch 08.09.201817:04 Uhr

Steckt die Pflege bereits im Versorgungsmangel

Wenn ich lese welche Herren sich zu diesem Thema äußern wird mir einfach übel.Seit Jahren ist Pflege ein Mangelberuf und gerade die Betreiber privater Altenpflegeeinrichtungen haben doch Gewinn orientiert gearbeitet, nicht am Bewohner geschweige am Pflegepersonal orientiert.Diese Ausführungen jetzt sind einfach unerträglich,was, glauben diese beiden Herren eigentlich sind Pflegekräfte? Gerade Herr Brüderle macht sehr deutlich, dass er keine Ahnung hat um was es geht.Herr Meurer erzählt auch nix Erhellendes außer den bekannten Sprechblasen, und vermittelt den Eindruck :"von Armut bedroht "zu werden.
Diese Herren sind erst dann wieder ernsthafte Gesprächspartner wenn sie sich mal mit den Pflegeberufen beschäftigen, oder viel besser mal darüber nachdenken dass sie von Menschen sprechen, die Untersützung, Versorgung und oder Pflege brauchen,diese Inkompetenz ist kaum zu ertragen und das haben die Pflegekräfte, die eine hoch komplexe und anspruchsvolle Arbeit leisten nicht verdient.

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