"Vergreisende Tarife, Kampf um Junge"

BERLIN (HL). Die private Krankenversicherung konzentriert ihren Wettbewerb auf junge, gesunde Versicherte, lässt alte Tarife systematisch vergreisen und kranke Versicherte in die Kostenfalle laufen. Die ärztliche Versorgung ist teuer und - anders als in der GKV - ohne effektive Steuerungsmöglichkeiten.

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Veraltet und prozessanfällig: die Gebührenordnung für Ärzte. © ill

Veraltet und prozessanfällig: die Gebührenordnung für Ärzte. © ill

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Zu diesem Ergebnis kommt ein vom Bundeswirtschaftsministerium erstelltes Gutachten des Berliner Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) und des Darmstädter Wirtschaftswissenschaftlers Bert Rürup. Die im Januar fertiggestellte Expertise wurde von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) unter Verschluss genommen (die "Ärzte Zeitung" berichtete).

Die Kernaussagen des Gutachtens: Die Alterungsrückstellungen der PKV (Kapitaldeckung) schützen nicht vor massiven Prämiensteigerungen. Denn die Rückstellungen berücksichtigen nicht die steigende Lebenserwartung, wachsende Morbidität und Kosten des medizinischen Fortschritts. Neue Tarife werden mit Kampfprämien kalkuliert. Anders als im Umlageverfahren der GKV gibt es keinen Lastenausgleich zwischen jungen Gesunden und älteren Kranken. Mit zunehmendem Alter und vor allem bei manifesten Krankheiten ist ein Wechsel des Tarifs oder des Versicherers kaum noch möglich. Wer davon betroffen ist, bezahlt dies mit stark steigenden Prämien in vergreisenden Tarifen. Auch das WSG habe daran nichts Wesentliches geändert.

Für Ärzte ist die PKV von großer Bedeutung, weil die Honorare im Schnitt doppelt so hoch sind wie in der GKV. IGES/Rürup haben allerdings keine Belege gefunden, dass Privatpatienten eine qualitativ wesentlich bessere Medizin erhalten. Die Wissenschaftler plädieren dafür, dass Ärzte oder Arztgruppen mit Versicherungsunternehmen Direktverträge abschließen.

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