Arzneimittelversorgung
Vorfinanzierung des Pharmagroßhandels auf Rekordniveau
Der pharmazeutische Großhandel gewährt seinen Apothekenkunden großzügige Zahlungsziele. Das entlastet deren Finanzen, wird aber kaum gewürdigt.
Veröffentlicht:Berlin. Die Bedeutung des Pharmagroßhandels für die Arzneimittelversorgung nimmt stetig zu. Jedenfalls was die Vorfinanzierungsleistung zugunsten öffentlicher Apotheken betrifft. Die hat nach aktuellen Zahlen des Branchenverbands PHAGRO im vergangenen Jahr mit 4,42 Milliarden Euro einen neuen Rekordwert erreicht. „Zehn Jahre zuvor waren es nur 3,36 Milliarden Euro“, heißt es in einer Mitteilung am Donnerstag.
Zur Erklärung: Durch flexible Zahlungsziele ermöglicht der Großhandel den Apotheken, ihre Rechnungen über gelieferte Arzneimittel erst dann begleichen zu müssen, nachdem sie von den Kassen für Rezepteinlösungen bereits honoriert wurden. Dadurch verlagert sich Liquiditätsbindung – insbesondere im Abgabekontext hochpreisiger Innovationen – von der Apotheke auf den Zwischenhandel. Maximal erstrecke sich der gewährte Zahlungsaufschub über 30 Tage, erläutert ein PHAGRO-Sprecher; konkretere Zahlen zur durchschnittlichen Dauer, die der Handel auf sein Geld warten muss, lägen beim Verband nicht vor.
Brisanz gewinnt die Meldung zunehmender Vorfinanzierungsleistungen der Grossisten nicht zuletzt dadurch, dass die Apotheker seit geraumer Zeit eine gesetzgeberische Klarstellung fordern, Skonti zu ihren Gunsten ließen sich nicht allein aus der prozentualen Marge des Zwischenhandels bedienen, sondern zusätzlich auch aus dem fixen Packungszuschlag (von derzeit 73 Cent). Üblicherweise honorieren Skonti jedoch vorfristige Zahlungen.
Umsatz legt zu, Marge gibt nach
Insgesamt, heißt es in der Verbandsmeldung weiter, werde die Marktentwicklung 2024 kritisch beurteilt. Trotz Zuwächsen im Handelsumsatz mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln – um 6,5 Prozent auf 36,8 Milliarden Euro –, sei die Marge von 3,86 Prozent auf 3,77 Prozent zurückgegangen. Ausschlaggebend dafür, dass sich die Schere zwischen Einnahmen und Ertrag immer weiter öffnet, sind nach PHAGRO-Angaben gestiegene Energie-, Personal- und Zinskosten sowie die Zunahme hochpreisiger, patentgeschützter Präparate („Innovationskomponente“), „während der variable Großhandelszuschlag seit 2012 unverändert bei 37,80 Euro gekappt wird“.
Adressiert an die neue Bundesregierung bekräftigen die PHAGRO-Geschäftsführer Michael Dammann und Thomas Porstner Branchenforderungen nach „dringender Strukturanpassung der Arzneimittelpreisverordnung“ – und nach dem Erhalt einer Mindestvergütung, wie sie derzeit in Gestalt der fixen Handlingsgebühr je Packung besteht. (cw)