Naturkatastrophen in Marokko und Libyen

WHO-Warnung nach Erdbeben und Flut: Massengräber verletzen Gefühle Angehöriger

Flutopfer in Massengräbern zu beerdigen, wie dies gerade in Darna passiert, sei der falsche Weg, um mit den Toten und deren Hinterbliebenen umzugehen, so die WHO. Resilienz müsse im Fokus stehen.

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Mitglieder des Libyschen Roten Halbmondes suchen nach der Flut in Ost-Libyen nach Überlebenden und Toten der Naturkatastrophe.

Mitglieder des Libyschen Roten Halbmondes suchen nach der Flut in Ost-Libyen nach Überlebenden und Toten der Naturkatastrophe.

© HANDOUT / EPA / picture alliance

Genf. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt jetzt im Zusammenhang mit den jüngsten Naturkatastrophen – dem Erdbeben in Marokko und den Überflutungen in Libyen – vor Versuchen, die Leichen schnell zu begraben. Dies war in Massengräbern in der libyschen Hafenstadt Darna geschehen.

Obwohl die lokalen Behörden und Gemeinden unter enormem Druck stünden, die Toten schnell zu beerdigen, sprächen die Folgen eines falschen Umgangs mit den Toten klar dagegen. Dazu gehörten lang anhaltende psychische Belastungen für die Familienmitglieder durch verletzte Gefühle sowie soziale und rechtliche Probleme. Gut geführte Bestattungen umfassten leicht auffindbare und ordnungsgemäß dokumentierte Einzelgräber in abgegrenzten Grabstätten.

Erst identifizieren, dann einäschern!

Damit solle sichergestellt werden, dass der genaue Standort jedes Leichnams sowie die zugehörigen Informationen und persönlichen Gegenstände bekannt seien, wie dies in den von der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC), dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und der WHO gemeinsam entwickelten Leitlinien, insbesondere dem IKRK/IFRC/WHO-Handbuch für die Behandlung von Toten nach Katastrophen, dargelegt sei. Einäscherungen sollten nicht stattfinden, bevor der Leichnam eindeutig identifiziert ist, lautet die Kurzbotschaft.

Um eine bessere Verwaltung der Toten zu unterstützen, stellten die Organisationen den örtlichen Behörden Hilfsgüter und Fachwissen zur Verfügung, um sie bei der Bewältigung der manchmal überfordernden Aufgabe der Bestattung der Toten zu unterstützen. Gegenwärtig arbeiteten Teams des Roten Kreuzes und der WHO in Libyen direkt mit Behörden, Gemeinden und der libyschen Rothalbmondgesellschaft zusammen und unterstützten sie mit Beratung, Material und Schulungen. Sowohl das IKRK als auch die WHO lieferten Leichensäcke nach Libyen, um bei der würdevollen Behandlung der Toten zu helfen.

Leichen per se fast nie eine Seuchengefahr

Die Leichen von Menschen, die an den Folgen einer Naturkatastrophe oder eines bewaffneten Konflikts gestorben sind, stellten fast nie eine Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung dar, hebt die WHO hervor. Das liege daran, dass Opfer, die an einem Trauma, durch Ertrinken oder Feuer gestorben seien, normalerweise keine Organismen beherbergten, die bei üblichen Vorsichtsmaßnahmen Krankheiten verursachten.

Pierre Guyomarch, Leiter der forensischen Abteilung des IKRK, wird dazu folgendermaßen zitiert:„Der Glaube, dass Leichen Epidemien auslösen können, ist nicht bewiesen. Wir sehen zu viele Fälle, in denen Medienberichte und sogar einige Mediziner dieses Problem falsch einschätzen.“ Und ergänzt:„Diejenigen, die ein Ereignis wie eine Naturkatastrophe überleben, sind eher in der Lage, Krankheiten zu verbreiten als tote Körper“.

Dr. Kazunobu Kojima, Medizinischer Referent für Biosicherheit im WHO-Programm für Gesundheitsnotfälle, appelliert im Namen der Weltgesundheitsorganisation an die lokalen Behörden, in den von der Tragödie betroffenen Gemeinden keine Massenbegräbnisse oder Masseneinäscherungen vorzunehmen. „Ein würdiger Umgang mit Leichen ist für Familien und Gemeinschaften wichtig und im Falle von Konflikten oft ein wichtiger Bestandteil, um ein schnelleres Ende der Kämpfe herbeizuführen“, so Kojima. (maw)

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