Kampf gegen die Nikotinsucht

WHO: Deutschland bei Tabakkontrolle unter Schlusslichtern in Europa

Immer mehr Länder gehen gegen den Tabakkonsum vor, stellt die Weltgesundheitsorganisation fest. Deutschland sieht sie aber als Sorgenkind. Was fehlt, erläutert ein WHO-Spezialist.

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Die WHO wünscht sich in Deutschland noch strengere Rauchverbote im öffentlichen Raum.

Die WHO wünscht sich in Deutschland noch strengere Rauchverbote im öffentlichen Raum.

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Genf. Deutschland ist im Kampf gegen den Tabakkonsum eines der Sorgenkinder der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und eines der Schlusslichter in Europa. „Wir können nicht wirklich nachvollziehen, warum die Politik in Deutschland so lax in der Umsetzung von Maßnahmen in der Tabakkontrolle ist“, sagte Rüdiger Krech, WHO-Direktor für Gesundheitsförderung, der Deutschen Presse-Agentur.

Weltweit berichtet die WHO am Montag dagegen von Fortschritten. Immer mehr Länder gingen gegen das Rauchen vor. Inzwischen lebten 5,6 Milliarden Menschen in Ländern, die wenigstens eine der von der WHO empfohlenen Maßnahmen zum Schutz von Nichtrauchern umgesetzt hätten, heißt es im neuen Bericht über die Tabak-Epidemie. Dazu gehören: drastische Warnungen vor dem Rauchen auf Zigarettenpackungen, Werbeverbote, Rauchverbote in öffentlichen Räumen und eine hohe Besteuerung von Tabakprodukten. Die weltweit verbreitetste Antitabakmaßnahme seien Ekelbilder auf Packungen: dafür gebe es Vorschriften in inzwischen 103 Ländern mit 4,5 Milliarden Einwohnern.

„Rauchverbot in Gaststätten gleicht einem Flickenteppich“

In Deutschland fehlen nach Meinung der WHO mehrere Elemente: „Die letzten Preiserhöhungen für Zigaretten liegen unterhalb der Inflationsrate und machen Rauchen im Endeffekt billiger, nicht teurer“, betonte Krech, der aus Hamm in Nordrhein-Westfalen stammt. Das Rauchverbot in Gaststätten sei ein Flickenteppich, das Werbeverbot werde nur mangelhaft umgesetzt.

„Weder bundesweit noch in einem der 16 Bundesländer ist das Rauchen in allen acht Einrichtungen, die wir betrachten, gesetzlich vollständig verboten“, sagte Krech. Das sind: Gesundheits- und Bildungseinrichtungen, Universitäten, öffentliche Gebäude, Arbeitsplätze, Restaurants, Kneipen und der öffentliche Verkehr.

Leider erlaubten die Verordnung über Arbeitsstätten von 2004 und das Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens von 2007 weiterhin Raucherzimmer in einigen Einrichtungen. Nur 4 der 16 Bundesländer hätten das Rauchen in Gesundheitseinrichtungen gesetzlich vollständig verboten. Auch im öffentlichen Verkehr sei kein komplettes Rauchverbot gesetzlich erlassen worden.

Weltweit rauchen laut WHO immer weniger Menschen

Weltweit geht der Anteil der Raucher nach WHO-Angaben zurück. Ohne Schutzmaßnahmen gäbe es nach ihrer Schätzung 300 Millionen Raucher mehr. 1,3 Milliarden Menschen nutzen laut WHO Tabak (zum Rauchen, Kauen oder Schnupfen), und an dem Konsum sterben weltweit jedes Jahr mehr als acht Millionen. Darunter seien 1,2 Millionen Nichtraucher, die durch Passivrauchen umkommen, einschließlich 65.000 Kinder.

Auch E-Zigaretten steht die WHO skeptisch gegenüber: „E-Zigaretten enthalten keinen Tabak, sind aber gesundheitsschädlich und nicht sicher“, schreibt sie auf ihrer Webseite. Es sei jedoch noch zu früh, um eine eindeutige Antwort zu geben, was die langfristigen Auswirkungen des Konsums angehe.

Umsetzung der Gesetze wird nicht überprüft

Die höchsten Standards für eine tabakfreie Welt haben lange nur zwei Länder gehabt: Brasilien und die Türkei. Seit dem letzten Bericht 2021 sind zwei weitere dazugekommen, berichtete die WHO: Mauritius und die Niederlande. Allerdings verweist die WHO darauf, dass sie für diese Erhebung nur die Gesetzeslage prüft, nicht aber die Umsetzung im Land. So hätten zwar 87 Prozent der Länder Bußgelder im Gesetz vorgesehen, wenn gegen Rauchverbote verstoßen werde. Aber weniger als ein Drittel finanziere die Überwachung des Verbots.

In Deutschland gebe es unnötig viele Tote durch das Rauchen, sagte Krech. Das sei eine Hauptursache für Missstände im Gesundheitssystem. Effektive Prävention würde dafür sorgen, dass weniger Menschen durch Rauchen Krebs, Herz-Kreislauferkrankungen oder Atemwegsprobleme bekämen und ins Krankenhaus müssten. (dpa)

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